Gesunde Ernährung
"Viele haben das G'spür total verloren"

Auf einen ausgewogenen Nährstoffmix kommt es an – sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe dürfen dabei nicht fehlen. | Foto: Pixabay
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Ernährungsberaterin Cornelia Kröll-Toplitsch erklärt, warum viele Diäten oftmals nicht lange eingehalten werden und wie es besser gehen könnte. 

BAD HÄRING, BEZIRK KUFSTEIN. Wie ernährt man sich richtig? Eine Frage, die sich fast jede/r im Laufe des Lebens irgendwann stellt. Leider wollen immer mehr Menschen darauf immer neue Antworten geben bzw. hören, dabei ist das Altbewährte und Gewöhnliche oft das Bessere, wie Diaetologin Cornelia Kröll-Toplitsch weiß.

"Je reißerischer und exotischer die Diäten oft klingen, umso mehr werden sie zum Trend", 

kritisiert die Häringerin. Diät heiße für sie sinngemäß eine gesunde Lebensweise zu führen, sprich sich langfristig richtig zu ernähren. "Das Dilemma mit den Diäten" ist für die 59-Jährige, dass immer die extremen Sachen zum Trend werden. Aus ihrer 40-jährigen Berufserfahrung heraus weiß Kröll-Toplitsch, dass oft die "banalen Dinge" viel mehr bringen, als von einem Extrem ins andere zu springen. Leider hätten "viele das G'spür dafür aber total verloren".

Cornelia Kröll-Toplitsch hilft seit über 40 Jahren Menschen, sich langfristig gesünder zu ernähren. | Foto: Christoph Klausner
  • Cornelia Kröll-Toplitsch hilft seit über 40 Jahren Menschen, sich langfristig gesünder zu ernähren.
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Individuell abstimmen

Oft hört man pauschale Aussagen, dass man weniger Zucker, Fett oder Kalorien zu sich nehmen soll. Für Kröll-Toplitsch ist aber wichtig, dass sehr individuell und praxisbezogen an die Sache herangegangen wird. Aus diesem Grund lasse sie ihre Patienten immer zuerst 14 Tage lang ein Ernährungstagebuch führen. Daraus kann sie nicht nur ableiten, was zu sich genommen wird, sondern auch den Essensrhythmus erkennen. In weiterer Folge schlägt die Expertin dann Änderungen vor, welche auf die Person und deren (Berufs-)Alltag abgestimmt sind. Um eine Brücke zu den Ernährungstrends zu schlagen, erzählt Kröll-Toplitsch, dass "16/8" momentan in aller Munde ist. Das heißt, man sollte 16 Stunden nichts essen, in den restlichen acht Stunden dürfe man aber. Diese Diät habe an und für sich schon ihre Berechtigung, da der Körper in der Zeit, wo keine Nahrung aufgenommen wird, viel Regenerationsarbeit leistet. Allerdings müsse man das Verhältnis wieder individuell anpassen. Für sie funktioniert zum Beispiel "14/10" – es muss also nicht "extrem" sein, wichtiger ist, dass man sich langfristig daran halten kann. 
Nicht nur, aber auch wegen der Klimakrise ist vegane Ernährung ebenfalls im Trend. Für Kröll-Toplitsch ist diese nicht per se schlecht, aber doch auch eine eher "extreme" Form. Wichtig ist ihr hierbei zu betonen, dass man sich "richtig gut auskennen muss", bevor man die Umstellung in Angriff nimmt, sonst sei vor allem ein Eiweißmangel vorprogrammiert.

Ich habe mir in Bezug auf meine Ernährung...

"Mangel im Überfluss"

Viele Menschen haben Zugang zu fast allen möglichen Lebensmittel. Trotzdem schaffen es viele nicht, sich ausgewogen zu ernähren. Als Ausrede dient oft der Alltagsstress. Kröll-Toplitsch betont aber, dass es auch immer davon abhängt, welche Prioritäten man setzt. 

"Die Wichtigkeit einer ausgewogenen Ernährung wird oft total unterschätzt",

so die Diaetologin. Für sie ist klar: Nahrung ist Medizin. Es sei eben nicht egal, was man esse. Viele Krankheiten, zum Beispiel Diabetes, könne man sehr stark durch die richtige Ernährung beinflussen. Wenn man den ganzen Tag im Beruf Leistung bringen müsse, dann sollte man dem Körper auch den richtigen Treibstoff geben. Vitamine, Spurenelemente, Mineralstoffe, sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe – das sind für Kröll-Toplitsch die Vitalstoffe, die unser Körper braucht. Die Ernährungsberaterin fügt hinzu, dass auch das richtiges Gemisch aus Eiweiß, Fett und Kohlenhydraten essentiell ist. Die ältere Generation hätte uns das eigentlich vorgelebt. Bei ihrer Großmutter gab es früher zu jeder Mehlspeise vorher noch eine Gemüsesuppe. Zu Moosbeernocken war das Glas Milch ganz normal. So hatte man immer ein ausgewogenes Nährwertgemisch.

Cornelia Kröll-Toplitsch erinnert sich an den Kabarettisten Bernhard Ludwig, der vor einigen Jahren bereits von "Diätopfern" – Menschen die von einer Diät zur Nächsten springen – sprach.  Für sie lasse sich daraus ableiten, dass eine fundierte, erste Ernährungsberatung oftmals die Weichen für eine langfristige, gesunde Lebensweise stellt. | Foto: Christoph Klausner
  • Cornelia Kröll-Toplitsch erinnert sich an den Kabarettisten Bernhard Ludwig, der vor einigen Jahren bereits von "Diätopfern" – Menschen die von einer Diät zur Nächsten springen – sprach. Für sie lasse sich daraus ableiten, dass eine fundierte, erste Ernährungsberatung oftmals die Weichen für eine langfristige, gesunde Lebensweise stellt.
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Die psychische Komponente

Das "gut und gesund" zusammenpasst, davon ist Kröll-Toplitsch überzeugt. Das heiße aber nicht, dass man auf Süssigkeiten komplett verzichten müsse. Hier mache die Dosis das Gift.

"Man soll nicht nur den Bedarf decken, sondern auch die Bedürfnisse berücksichtigen",

so die 59-Jährige. Oftmals vergesse man aber auch, dass man sich viele Genussmomente auch anders holen kann. Es gebe da noch den Augenschmaus oder aber auch den Ohrenschmaus – Kröll-Toplitsch meint damit, dass viel Menschen ihr Genussbedürfnis zu sehr auf das Essen beziehen und sich somit einschränken. 
Nicht zu unterschätzen sei hierbei auch die Rolle der Psyche. Frust, Belohnung und Freude sind oftmals ganz eng mit dem Essen verbunden. Schafft man es, sich bei gewissen Emotionen ein anderes Ventil zu suchen, dann könne die persönliche Gesundheit davon nachhaltig profitieren.

Tipps & Tricks

Mehr Achtsamkeit – das gelte wohl für alle, so die 59-Jährige. Man sollte auf sein Hungergefühl achten und sich auch Zeit nehmen, diesen zu stillen. Weiters sollte man immer auf den nächsten Hunger vorbereitet sein - Stichwort Planung. Ist man einmal hungrig, so müsse es oft schnell gehen. Dann wird auf Snacks zurückgegriffen. Hat man aber bereits eine Jause vorbereitet bzw. am Vorabend etwas vorgekocht, dann kann man auf gesunde Weise reagieren. Dabei gilt es zu beachten, dass man immer eine Gemüse-Komponente dabei hat. Das gilt auch für Zwischenmahlzeiten. Je nachdem wie sehr man sich körperlich betätigt, brauche man zwischendurch mehr oder weniger. Die generelle Regel "Five a day", sprich fünfmal pro Tag Vitamine zu sich nehmen, ist für Kröll-Toplitsch absolut in Ordnung, allerdings müsse man eben auch hier aufpassen: Obst hat viel Fruchtzucker, daher wäre auch hier Gemüse oft die klügere Wahl. Ist es auch wichtig, einmal am Tag etwas Warmes zu sich nehmen? Die 59-Jährige schüttelt den Kopf. Damit sei gemeint, dass man sich einmal am Tag eine Mahlzeit wirklich bewusst zubereitet. Wenn's im Sommer z. B. nur einen Salat zu Mittag gibt, dann spreche da nichts dagegen. Ihr Fazit: Kleine und konkrete Dinge einhalten, dann kommt man einer gesunden Lebensweise einen ordentlichen Schritt näher. 

Von der Kassa nicht anerkannt

Politisch wird in vielen Bereichen die Vorsorge groß geschrieben. Nicht aber bei der Ernährungsberatung, wie auch der Verband der Diaetologen bestätigt. Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) übernimmt für Patienten keine Kosten. Auch eine Diätberatung für Schwangere muss noch selbst bezahlt werden. Dafür fehle auch die gesetzliche Grundlage, wie Kröll-Toplitsch weiß. Ihre Berufsgruppe bedauere sehr, dass es zur vorsorglichen Ernährungsberatung noch kein klares Bekenntnis gibt. Aus gesundheitsökonimischer Sicht könne man sich enorme Kosten sparen, wenn man den Menschen den Zugang zur Ernährungsberatung erleichtere, so Kröll-Toplitsch.

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