Verkehr im Bezirk Kufstein
Regierungsparteien "gegen Denkverbote", NEOS gegen Symptombekämpfung

Im Bezirk daheim: Josef Lettenbichler (VP) und Carmen Schimanek (FPÖ) sitzen für die Regierungsparteien im Nationalrat.
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  • Im Bezirk daheim: Josef Lettenbichler (VP) und Carmen Schimanek (FPÖ) sitzen für die Regierungsparteien im Nationalrat.
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NR Carmen Schimanek (FPÖ) und NR Josef Lettenbichler (ÖVP) demonstrieren Einigkeit im Verkehrsthema bei Straße und Schiene, NEOS-LA Leitgeb fordert echte Maßnahmen von Bund und Land.

BEZIRK (nos). "Verkehr ist uns beiden ein wichtiges Thema", erklären die beiden Nationalratsabgeordneten Carmen Schimanek (FPÖ) und Josef Lettenbichler (ÖVP). "Mit Argusaugen", so Schimanek, beobachte man die Diskussionen um den Nordzulauf zum "Europaprojekt" Brenner-Basistunnel (BBT). Ein gemeinsamer Antrag, Verkehrsminister Hofer solle sich in Bayern für eine zügigere Erledigung einsetzen, sei bereits eingebracht. "Mit geht das alles viel zu langsam", meint die Wörgler FPÖ-Nationalrätin, "wir hoffen sehr, dass das jetzt mit mehr Elan weiter betrieben wird."
Lettenbichler gibt zu bedenken, dass die Festungsstadt "vom Lärm und Verkehr her schon genug belastet" sei. Eine unterirdische Zulauftrasse sei das Ziel.

"Im Mautbereich die Karten neu gemischt"

Auf der Straße zeige sich den Abgeordneten "eine neue Situation" durch die Ankündigung der Generalanwälte am Europäischen Gerichtshof Österreichs Klage gegen die Deutsche "Ausländermaut" fallen lassen zu wollen. Der EUGH ist hier noch nicht zu einem Urteil gekommen, folgt aber in einem Großteil seiner Entscheidungen den Empfehlungen der Generalanwaltschaft. Deren Feststellung sei für Schimanek "eigentlich eh klar" gewesen. Sie habe "mit BM Hofer gesprochen, wir haben viele Varianten offen" die Maut in Österreich neu zu regeln. Ins Spiel bringt die Wörglerin dabei sowohl eine Korridormaut-Regelung, als auch eine Übernahme der kommenden deutschen Maut, also auch auf Bundesstraßen, oder die vorübergehende, zeitweilige Sperre von Autobahnabfahrten im Staufall, um Mautflucht und Umwegverkehr zu verhindern. Diesbezüglich plane man, so Schimanek weiter, einen Verkehrsgipfel in Kufstein mit Vertretern von Bund, Land und Gemeinden, denn "da gehören Nägel mit Köpfen gemacht". Lettenbichler fügt hinzu: "Die Empfehlung des Generalanwalts ist eine Empfehlung, wir werden auf das Urteil warten müssen. Grundsätzlich gefällt mir das nicht, wenn hier neue Barrieren errichtet werden." Er glaubt auch, dass mit einem EUGH-Urteil "im Mautbereich die Karten neu gemischt" würden.
Zudem wollen sich die Nationalräte dafür einsetzen, dass mehr Geld für den Lärmschutz entlang der Bahn und Autobahn zur Verfügung gestellt werden: "Wir werden schauen, dass so viel wie möglich in den Bezirk kommt", sagt Lettenbichler. Dafür seien "direkte Gespräche mit dem Ministerium und Beamten der richtige Weg".

"Klares Nein aus dem Ministerium"

In Salzburg habe sich die Sperre einzelner Autobahnabfahrten zur Vermeidung von Umwegverkehr und Mautflucht bewährt, erklärt Lettenbichler. Welche für eine solche Regelung im Bereich Kufstein in Frage kommen könnten, diesen "Punkt muss man definieren, da bin ich nicht der Fachmann". Vorstellen könne es sich der VP-Mandatar aber etwa ab inklusive Langkampfen-Kirchbichl in Richtung Staatsgrenze. "Da darf es keine Denkverbote geben", pflichtet Schimanek hierzu bei. "Leider kein Thema" sei die von ihr lange Zeit beworbene Wieder-Aussetzung der Vignettenkontrollen im Großraum Kufstein. Hierzu bekam die Freiheitliche "ein klares Nein aus dem Ministerium". Bis dato suchten FPÖ und ÖVP dafür die Schuldigen in der SPÖ, nun haben die Freiheitlichen selbst das Verkehrsressort inne, die oftmals propagierte schnelle Lösung lässt dennoch auf sich warten.

Tagesvignette für NEOS notwendig

"Wir müssen hier mehr Druck machen, das darf nicht einschlafen", findet NEOS-LA und Verkehrssprecher Andreas Leitgeb. "Immer wieder gab es Versprechungen, alles wurde – ob damals von Schimanek oder auch von Rupprechter – auf die SPÖ geschoben", so der Polizist, "aber was hier passiert, im Bund wie im Land, das ist Symptombekämpfung, das sind kurzfristige Maßnahmen und keine Lösungsvorschläge."
Leitgeb freut sich, dass durch einen Antrag der NEOS im Landtag ein Impuls gesetzt worden sei, den die Landesregierung mit einem umformulierten Antrag nun aufgegriffen habe und dem der Landtag mehrheitlich folgte, nämlich eine "nachfragekonforme" Bemautung zu finden.
Für ihn und die Tiroler NEOS sind etwa Angebote und Handhabe der aktuellen Vignettenlösung hinterfragenswert:

"Wenn ich eine digitale Vignette an der Mautstelle kaufe, ist sie sofort gültig. Warum soll das nicht beim Onlinekauf auch möglich sein?"

Sollte das mit Spannung erwartete EUGH-Urteil zugunsten der deutschen Maut ausgehen, wäre das für Leitgeb "einfach ein Skandal", denn "dann tut jeder was er will". Er könne der Rechtsexpertise von Walter Obwexer viel abgewinnen, dass die Regelung nicht vor EU-Recht haltbar sei, glaubt aber auch, dass eine Änderung des heimischen Mautsystems unumgänglich werde. "Jetzt hätten sie die Möglichkeit eine Änderung der Mautordnung herbei zu führen", meint Leitgeb in Richtung Bundesregierung. Äußerungen wie aus der FPÖ oder auch von LH Günther Platter (VP), einfach bei Vignettenkontrollen rund um Kufstein wegzusehen, hält der Polizist für sehr problematisch: "Damit würden sie ja Beamte zum Amtsmissbrauch anstiften!" Auch, dass es eine rein Tiroler Lösung geben könnte, sei unrealistisch: "Natürlich muss der Bundesminister das österreichweit prüfen."

Seit über einem Monat wartet der Landtag auf Antwort von Minister Hofer (FPÖ)

Nicht zuletzt deshalb erging an das von BM Norbert Hofer (FPÖ) geführte Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) am 8. Jänner eine Entschließung des Tiroler Landtags, damit "die Regelungen für die Vignette evaluiert und überarbeitet werden. Dies gilt insbesondere für die nicht nachfragekonforme Gültigkeitsdauer, als auch für die Zahlungsmodalitäten bei der digitalen Vignette (Wartefrist)".
Eine Antwort stehe bislang aus, so Leitgeb, "ob die irgendwo hängt, weiß ich nicht".
Für ihn sei eine Tagesvignette notwendig, über den Preis dafür müsse man diskutieren, jedenfalls müsse er "wesentlich geringer als 9,20 Euro" sein, als billiger als die Zehn-Tage-Vignette. "Da müsste man prüfen, woran man sich orientieren kann", so Leitgeb. Auf der Brennerautobahn zwischen Innsbruck und Matrei gäbe es eine ähnliche Lösung, weiß Leitgeb.
"Das große wäre eine EU-einheitliche Maut – das kann man mit der fahrleistungsabhängigen Maut machen – dafür stehen auch die NEOS ein. Wenn sich das deutsche System ohne Bevorzugung durchsetzt, wird das wohl in der ganzen Union so kommen. Das wäre der nächste Schritt der Vereinheitlichung", erklärt LA Andreas Leitgeb.
Verkehrstechnische Stellschrauben und Ansatzpunkte gäbe es genügend, meint der Innsbrucker: "Im Vordergrund steht: es braucht jedenfalls eine steuerliche Entlastung für Pendler, etwa über die Kfz-Steuer oder die NOVA." Zudem könne der Staat über die Treibstoffpreise regulierend eingreifen. Auch verstärkte arbeitsrechtliche Kontrollen von Transit-Lkw-Fahrern wäre denkbar, etwa, um den Tanktourismus zu vermindern. Bislang gelte, so Leitgeb, der Tankvorgang für Durchfahrende nicht als Arbeitszeit, im Gegensatz zu Be- und Entladevorgängen, was die Kontrollen durch Finanz und Polizei erschwere.

Schlupflöcher schließen

Die Tiroler Oppositionsparteien – SPÖ, NEOS, FPÖ, Liste Fritz – fordern auch für Klein-Lkw unter 3,5 Tonnen Gesamtgewicht, wenn sie im gewerblichen Güterverkehr unterwegs sind, verpflichtende Kontrollgeräte. Frächter setzen vermehrt mehrere Kleinlastwagen ein, als einen großen zu entsenden, da für die "Kleinen" zahlreiche Regelungen und Verbote (Wochenend- & Nachtfahrverbote, Lenk- & Ruhezeiten, GoBox, etc) nicht gelten. In den vergangenen Jahren habe, so Leitgeb, diese Praxis stark zugenommen. Das Verkehrsaufkommen ebenso.

"Wir müssen Nägel mit Köpfen machen und nicht immer nur die Leute und den Tiroler Landtag vertrösten. Wir dürfen nicht abwarten, was in Deutschland passiert, sondern inzwischen selbst Maßnahmen setzen!" Es brauche "ein gemeinsames Signal von Tirol aus: 'Setzt euch für eine Entlastung ein!'".

Alle Beiträge zum Thema Verkehrsbelastung finden Sie hier.

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