ÖGB warnt
Mehr Menschen in Kufstein leben in Armut

Robert Wehr, ÖGB-Regionalsekretär Unterland & Obmann des Sozialmarkts Kufstein, und Philip Wohlgemuth, ÖGB-Vorsitzender Tirol, (v.l.) sehen Handlungsbedarf hinsichtlich der Armut – auch im Bezirk Kufstein. | Foto: Barbara Fluckinger
5Bilder
  • Robert Wehr, ÖGB-Regionalsekretär Unterland & Obmann des Sozialmarkts Kufstein, und Philip Wohlgemuth, ÖGB-Vorsitzender Tirol, (v.l.) sehen Handlungsbedarf hinsichtlich der Armut – auch im Bezirk Kufstein.
  • Foto: Barbara Fluckinger
  • hochgeladen von Barbara Fluckinger

Österreichischer Gewerkschaftsbund (ÖGB) Kufstein sieht in der Armut die größte Gefahr. Alleine der Kufsteiner Sozialmarkt hat im vergangenen Jahr eine Kundensteigerung von 12 Prozent erfahren. 

KUFSTEIN, BEZIRK KUFSTEIN. Seit 2011 gibt es in Kufstein einen Sozialmarkt – ein Lebensmittelgeschäft, in welchem Menschen mit niedrigem Einkommen günstig einkaufen können. Dieses Angebot nutzen in der Festungshauptstadt nun immer mehr Kunden und Kundinnen. 
Während die Inflation nach wie vor extrem hoch ist, rutschen immer mehr Menschen in Tirol in die Armut. Längst ist auch die Mittelschicht betroffen. Neun von zehn Personen schränken sich im Alltag ein, jeder achte Haushalt kann die Fixkosten nicht mehr decken. Bereits 2020, also noch vor der aktuellen Teuerungswelle, waren rund 1,5 Millionen Menschen in Österreich armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. Das entspricht 17,5 Prozent der Gesamtbevölkerung. Diese Zahl steigt, und dahinter befinden sich Tausende Schicksale.

Mehr nutzen den Sozialmarkt

Davon hat sich auch Philip Wohlgemuth, ÖGB-Vorsitzender Tirol, bei einem Besuch im Sozialmarkt Kufstein ein Bild gemacht. Er zeigte sich von der Arbeit der vielen Ehrenamtlichen dort beeindruckt, aber auch besorgt um die aktuelle Situation. "Ich bin auch in Sorge, dass so viele Menschen die Möglichkeit und das Angebot in Anspruch nehmen müssen", erklärt Wohlgemuth und berichtet von Familien in der Region, die auf Grund ihrer finanziellen Situation in kalten Wohnungen leben. 

Im Sozialmarkt können Menschen mit geringem Einkommen, Grundnahrungsmittel zu einem Preis von 50 Prozent (oder weniger) kaufen.  | Foto: Kufsteiner Sozialmarkt
  • Im Sozialmarkt können Menschen mit geringem Einkommen, Grundnahrungsmittel zu einem Preis von 50 Prozent (oder weniger) kaufen.
  • Foto: Kufsteiner Sozialmarkt
  • hochgeladen von Barbara Fluckinger

Rund 650 Einkaufsberechtigungen gibt es derzeit für den Sozialmarkt in Kufstein – die Zahlen ändern sich aber wöchentlich. Berechtigungen für den Einkauf dort bekommen Personen mit einem Einkommen bis zu 1050 Euro Netto (in einem Einpersonenhaushalt) und bei bis zu 1.450 Euro Netto (in einem Zweipersonenhaushalt). Dabei verzeichnete der Sozialmarkt im letzten Jahr eine Steigerung von 12 Prozent an Kunden und Kundinnen. 

Auch bei Vollzeitbeschäftigung in Notlage

Robert Wehr, ÖGB-Regionalsekretär Unterland und Obmann des Sozialmarkts Kufstein, erklärt warum die Situation eine neue ist. Waren es früher Menschen, die beispielsweise durch Krankheit oder Schicksalsschläge in eine finanzielle Notlage gerutscht sind, so hat sich dies geändert.

"Die Zeiten haben sich extrem verändert, insofern, dass in der Arbeitswelt einfach die Situation vorherrscht, dass man bei Vollzeitbeschäftigung teilweise, mit dem, was man verdient, nicht mehr über die Runden kommt",

sagt Wehr. Viele trauen sich dennoch nicht, in den Sozialmarkt zu gehen, obwohl sie ihre finanzielle Situation eigentlich dazu zwingen müsste – aus Scham. "Armut und Scham liegen oft nahe beisammen", erklärt Wohlgemuth. Genau diesen Kreis müsse man durchbrechen und den Menschen die Scham nehmen, sodass sie die vorliegenden Angebote nützen. 

"Die Zeiten haben sich extrem verändert, insofern, dass in der Arbeitswelt einfach die Situation vorherrscht, dass man bei Vollzeitbeschäftigung teilweise, mit dem, was man verdient, nicht mehr über die Runden kommt", sagt Robert Wehr. | Foto: Barbara Fluckinger
  • "Die Zeiten haben sich extrem verändert, insofern, dass in der Arbeitswelt einfach die Situation vorherrscht, dass man bei Vollzeitbeschäftigung teilweise, mit dem, was man verdient, nicht mehr über die Runden kommt", sagt Robert Wehr.
  • Foto: Barbara Fluckinger
  • hochgeladen von Barbara Fluckinger

Forderungen zur Bekämpfung von Armut

Der ÖGB Tirol sieht die Bundesregierung gefordert, hier zu reagieren und stellt seine Forderungen zur Eindämmung von Armut vor. Dazu zählen ein Wärmepaket für alle Heizformen, eine befristeter Mietenstopp, aber auch das Einsetzen einer Anti-Teuerungskommission. Letztere sollte die Möglichkeit zur Durchführung von Preiskontrollen und der Veranlassung von Betriebsprüfungen haben. Aber auch eine temporäre Streichung der Mehrwehrtsteuer auf Lebensmittel wird gefordert. 
"Wenn es uns mit dem heutigen Tag gelingt, dass nur ein Mensch mehr in den Sozialmarkt geht, weil er diese Hilfe so dringend braucht, dann ist das ein guter Tag gewesen", sagt Wohlgemuth.

Weitere Beiträge zum Thema Sozialmarkt Kufstein gibt's hier.
Aktuelle Nachrichten aus dem Bezirk Kufstein gibt‘s hier.

Diese Beiträge könnten dich auch interessieren:

Kufsteiner Sozialmarkt feiert zehnjähriges Bestehen
Kufsteiner Geschäfte am Oberen Stadtplatz bangen um Zukunft
Sozialmarkt Kufstein besteht seit drei Jahren
Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Folge uns auf:

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.