Covid-19
Krise als Chance: Rieder Bäckermeister setzt auf adaptiertes Freigeld-Experiment

Mit dem KÖHLE-Euro lokale Wirtschaftsstrukturen stärken: Bäckermeister Reinhard Köhle aus Ried.  | Foto: Bäckerei Köhle
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RIED. I. O. Inmitten der Corona-Krise lässt die Bäckerei Köhle in Ried im Oberinntal mit einer kreativen Initiative aufhorchen. In Anlehnung an den „Wörgler Schilling“ belohnt der KÖHLE-Euro treue KundInnen und forciert damit die Stärkung der lokalen Wirtschaft sowie die Absicherung der Nahversorgung.

Mit dem KÖHLE-Euro lokale Wirtschaftsstrukturen stärken: Bäckermeister Reinhard Köhle aus Ried.  | Foto: Bäckerei Köhle
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Bäckermeister Reinhard Köhle hat wie wohl die meisten Unternehmer derzeit mit wirtschaftlichen Sorgen der anderen Art zu kämpfen. „Die Corona-Krise trifft auch die Bäckerbranche in unserer Region hart, zumal die Einnahmen aus dem Tourismus völlig weggebrochen sind. Die meisten Bäckereien bieten zusätzlichen Gastro-Service – durch die behördliche Schließung schauen wir auch hier durch die Finger“, schildert der Unternehmer. Um aus der Krise eine Chance zu machen, hat er den KÖHLE-Euro eingeführt.

Die Idee

In Anlehnung an das Freigeld-Experiment in Wörgl wird dabei ein Gutschein ausgegeben, der als eigenständige Währung behandelt wird. Sie befähigt zur Zahlung, also zum vergünstigten Einkauf bei der Traditionsbäckerei, die neben dem Hauptsitz in Ried jeweils eine Filiale in Prutz und Tösens betreibt. Der Clou dabei ist, dass der Gutschein nur 14 Tage lang gültig ist und somit zur raschen Einlösung animiert. Oder, wie es die Fachsprache der Freigeldsysteme benennt: Die Umlaufgeschwindigkeit wird erhöht, um der Hortungsmöglichkeit von Geld Einhalt zu gebieten.

Lokale und regionale Strukturen stärken

Mit dem KÖHLE-Euro werden also Synergieeffekte erschlossen: „Wir belohnen einerseits die Treue unserer Kundinnen und Kunden. Sie profitieren von günstigerem Einkauf unserer Qualitätsprodukte, und wir alle von der Stärkung lokaler Wirtschaftsstrukturen sowie der Absicherung unserer Nahversorgung. Dazu tragen die kleineren Unternehmen nämlich wesentlich bei“, ergänzt Reinhard Köhle.

Bgm. Elmar Handle: „Der Wirtschaftsstandort Ried ist in puncto Nahversorgung hervorragend aufgestellt. Dies soll auch so bleiben.“ | Foto: Gemeinde Ried
  • Bgm. Elmar Handle: „Der Wirtschaftsstandort Ried ist in puncto Nahversorgung hervorragend aufgestellt. Dies soll auch so bleiben.“
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Diese Hoffnung hegt auch der Rieder Dorfchef Elmar Handle. Er freut sich über Köhles Engagement, weil der viel strapazierten Ausdünnung des ländlichen Raumes aktiv Taten entgegengesetzt werden. „Es wäre wünschens- und begrüßenswert, wenn derartige mutige Initiativen auf fruchtbaren Boden fallen. Irgendwann ist die Corona-Krise vorbei – die Nahversorgung soll jedoch weiterhin so gut funktionieren. Der Wirtschaftsstandort Ried mit seinem gesunden Branchenmix ist diesbezuüglich hervorragend aufgestellt. Dies soll auch so bleiben“, blickt Bgm. Handle voraus.

Zum Freigeld-Experiment in Wörgl

Das Modell, auf welches Köhle seine Aktion anlehnt, ist auch als das „Wunder von Wörgl“ bekannt. Es erzählt die Erfolgsgeschichte der eigenen Gutscheinwährung, dem „Wörgler Schilling“, die sich inmitten der Weltwirtschaftskrise 1932/33 im Unterländer Ort zugetragen hat: Die Arbeitslosigkeit (minus 16 Prozent) erheblich zu senken sowie die Wirtschaft kräftig anzukurbeln. Der damalige Bürgermeister Michael Unterguggenberger greift dabei auf die Ideen von Silvio Gesells Freiwirtschaftslehre zurück und setzt diese erfolgreich in die Praxis um. Diese Lehre erkennt in der Hortungsmöglichkeit von Geld eines der großen Probleme des Geldsystems.
Durch die Erhöung der Umlaufgeschwindigkeit, die durch regelmäßige Abwertung erreicht wird, erfährt die Wirtschaft einen erheblichen Wachstumsschub. Das erfolgreiche und von damaligen Fachleuten empfohlene Freigeld-Experiment in Wörgl wird von der Nationalbank mit Verweis auf das Geldausgabemonopol zu Fall gebracht. Zahlreiche Regionalwährungssysteme sind heute weltweit bekannt. Sie werden als Komplementärwährungen anerkannt und stäken die regionale Wirtschaft.

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