Lockdown2: in Gedanken mit Silja Walter
„Tanz des Gehorsams2020. Eine Frage der Treue"
In ihrem Werk „Tanz des Gehorsams oder die Strohmatte“ (1996) widmet sich die Ordensschwester Maria Hedwig (1919-2011) geb. Silja Walter ihrem Klosterleben hinter den geschlossenen Türen der Klausur mit einem kritischen Selbstblick-
als „Gomer“ (die „untreue Frau“).
Das Werk entdeckte ich vor einigen Wochen bei meinen Recherchen über Kunst und Spiritualität als Projektteilnehmerin, während der Aufenthalt in einem Kloster in NÖ.
„Der Tanz des Gehorsams“ schwebt mir heute wieder in Gedanken, insbesondere angesichts des 2. Lockdowns in Österreich und mit dieser Verordnung verbundener Maßnahmen.
Gehorsamsbereitschaft der Quarantäne-Regeln gegenüber, die Treue wird erwartet, sowie die Eigenverantwortung von allen Menschen in Österreich, wie auch aktuell, weltweit.
Die Ein-rückung in das innere Burg, Einsamkeit,
kann stärkend, wie auch beängstigend wirken.
Silja Walter verfasste Ihre Texte im Klosterwerkstatt, beim Spulen-drehen, weben.
In ihrer Auseinandersetzung mit Lebenskrisen, Schmerz und Leid, hat Silja Walter in der Kunst einen Raum gefunden, indem sie die Gewissheit über ihrem Leben im Kloster erlangte.
Der Tanz kommt als Motiv immer wieder in ihren Texten vor. Sie tanzte auch manchmal selbst in ihrer Zelle oder auf einem Klostergang.
Auch in ihrem letzten veröffentlichen Werk, „Tanzen heisst Auferstehen“ ist der Tanz, das letzte geschriebene Wort, mit dem Dank an ihre Priorin:
„Es ist hart für Dich und hart für mich, jetzt zu tanzen.“
Den Gedanken von Silja Walter folgend, versuche ich hierzu auf Dis-Tanz, aus eigener Web-Werkstatt in diesem virtuellen Raum über aktuellen Ereignissen zu reflektieren.
Als Tanzkunstschaffende habe ich bereits in den 1990-er, während der Kriegszeit in meiner Heimat in den 1990-er (Balkankrieg), die persönliche Betroffenheit über die Geschehnisse, mit Kolleginnen und Kollegen in meinen Projekten in Österreich/Wien, ausgetauscht.
Es wurde damals vor allem der Frage darüber nachgegangen, wie die Kunst, insbesondere die Tanzkunst als ganzheitliche Praxis in der Krisenzeit (und darüber hinaus) zur Erhaltung von mentaler Gesundheit helfen kann und wie die Zusammenarbeit innerhalb von künstlerischen Sparten zum besseren interkulturellen Verständnis und der Friedensbildung beitragen kann. Die Weltordnung, die sich innerhalb der Tanzstudios und auf Tanzbühnen abspielt, wurde somit in die gesellschaftliche Ordnung hineingedacht. Warum das Zusammensein außerhalb des künstlerischen Rahmens nicht so leicht funktionierte, konnte bis heute nicht beantwortet werden.
Die Herbsttage in Österreich wurden dieses Jahr mit Gewaltakten gekennzeichnet: Randalieren von Jugendlichen in einer Wiener Kirche, Terroranschlag in der Wiener Innenstadt, steigende Zahlen an Berichten über häuslicher Gewalt Die Ungewissheit und Angst ummanteln die Menschen. Es ist eine Krise in der Krise.
Wien ist eine internationale Stadt und Heimatort von Menschen aus allen Kontinenten.
Die multikulturelle Gesellschaft spiegelt sich innerhalb aller Sparten und dennoch, hat die Stadt Wien sein Österreich- Identität, mit all der Vielfalt aufbewahrt. Kulturelle Diversität bereichert das Zusammenleben, insbesondere innerhalb von künstlerischen Sparten.
Derzeit sind alle Kunst-und Kulturbetriebe geschlossen, der Tanz- auf Dis-Tanz.
Wie kann es uns gelingen, in diese Krisenzeit (und darüber hinaus) als Gemeinschaft auf Dis-Tanz zu wirken?
In der Anlehnung an das Konzept franz. Philosophen Michel Foucault, denke ich hierzu an die Tanzpraxis als Praxis der Seelsorge, als Selbstsorge
die lebenserhaltend wirken kann
indem die Selbstsorge "mittels bewussten und gewollten Praktiken" praktiziert wird,
der Körper dabei gestrafft und nicht gestraft,
die Seelenburg aufgeräumt wird.
Anders als im Tanzstudio, oder auf der Bühne, kann die Selbstführung bei Dis-Tanz-Praxis- geübt werden: eigene Spule drehen, einweben, die Fäden verknüpfen.
Treu bleiben, die Gewissheit in das Ungewisse üben.
Einzeln, selbstübend und doch gemeinsam am Werk,
wie es in der Ansprache des Heiligen Vaters am 20. Oktober 2020
beim internationalen Friedenstreffen in Rom zum Ausdruck gebracht wurde:
„Kein Volk, keine soziale Gruppierung kann Frieden, Gutes, Sicherheit und Glück allein erreichen. Niemand. Die Lektion der jüngsten Pandemie besteht darin, wenn wir ehrlich sein wollen, dass sie »das Bewusstsein geweckt [hat], eine weltweite Gemeinschaft in einem Boot zu sein, wo das Übel eines Insassen allen zum Schaden gereicht. Uns wurde bewusst, dass keiner sich allein retten kann, dass man nur Hilfe erfährt, wo andere zugegen sind« (Enzyklika Fratelli tutti, 32).
In einem Boot, das gemeinsam gebaut wird, auf Dis-Tanz soll es uns gelingen, aus diese Krise den neuen Anfang zu feiern.
Und,[urlnt= https://www.srf.ch/sendungen/perspektiven/silja-walter-der-tanz-des-gehorsams] „Am Anfang war der Tanz“ [/urlnt]
schrieb die Silja Walter im Jahr 1979:
«Kürzlich fiel mir ein: ‹Am Anfang war der Tanz ...»
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