Vor 100 Jahren in die neue Republik geboren

Gleich alt wie die Republik Österreich: Margarethe Skiczuk aus Leoben feiert am 20. Oktober 2018 ihren 100. Geburtstag. | Foto: Erich Skiczuk
  • Gleich alt wie die Republik Österreich: Margarethe Skiczuk aus Leoben feiert am 20. Oktober 2018 ihren 100. Geburtstag.
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LEOBEN, MAUTERN. So ereignisreich vor allem die ersten Jahrzehnte für die damals noch junge Republik Österreich waren, genauso bewegend war auch das Leben von Margarethe Skiczuk, die im selben Jahr wie die Republik, 1918, in Dorna Watra im damaligen Kronland Herzogtum Bukowina (heute Rumänien) das Licht der Welt erblickte. Erich Skiczuk, einer ihrer beiden Söhne, erzählt hier stelltvertretend die Lebensgeschichte seiner Mutter, die seit einigen Jahren im Landespflegezentrum Mautern betreut wird. „Mutter hat uns immer wieder von ihrem Lebensweg erzählt, sodass ich heute vieles von dem wiedergeben kann“, berichtet der 74-Jährige, der mit seiner Familie in Leoben aufgewachsen ist und mittlerweile in Wien lebt.

Alt-Österreicher

Margarethe Skiczuk besuchte als Kind in Dorna Watra eine deutschsprachige Schule. „Nachdem ihr Vater sehr früh verstorben war, musste sie ihrer Mutter im Haushalt und bei der Erziehung der nachfolgenden Geschwister behilflich sein. Ihre etwas ältere Schwester starb als junges Mädchen, somit war meine Mutter für die kleineren Geschwister eine Respektsperson.“ Margarethe und ihr künftiger Mann Josef, ebenfalls aus Dorna Watra, waren beide sogenannte Alt-Österreicher, die im Zuge der damaligen politischen Veränderungen durch Hitler im Zweiten Weltkrieg umgesiedelt wurden. „Diese Umsiedlungen im Jahr 1940 erfolgten ins damals Deutsche Reich und es durfte nichts außer persönlicher Papiere, einiger Wertgegenstände und Kleidung mitgenommen werden. Alles andere musste zurückgelassen werden. Somit war für meine Eltern nicht die Monarchie oder die Republik das Thema, sondern der Krieg, das Überleben, die Frage ‚Wohin werden wir zwangsübersiedelt?‘ und der Neubeginn in einem fremden Land“, weiß der pensionierte Geschäftsführer.

Flucht mit zwei Kleinkindern

Das neue Land war das heutige Österreich. Margarethe kam ins Übersiedlungslager Graz-Liebenau. Ein Jahr später, 1941, heiratete sie ihren Josef am Standesamt in Graz. „Mutter arbeitete als Schneiderin nach Bedarf, Vater übernahm verschiedenste Arbeiten. 1942 wurde unseren Eltern ein Lebensmittelgeschäft in Ankenstein bei Pettau in der damaligen Südmark, heute Slowenien, zugeteilt. Wieder musste die Existenz neu aufgebaut werden.“ Nachdem sein Vater die Einberufung zum Militär und an die Front erhalten hatte, führte seine Mutter das Geschäft alleine. 1943 kam sein Bruder, ein Jahr später er selbst zur Welt. „Die politische Situation verschärfte sich in der Untersteiermark, Partisanen schlugen nachts mit Gewehrkolben gegen die Rollbalken des Geschäftes. Wie Mutter erzählte, ließ sie alles liegen und stehen und flüchtete mit uns zwei Kleinkindern im Bombenhagel nach Graz. Wiederum hatten meine Eltern alles verloren“, erinnert sich Erich Skiczuk an Erzählungen seiner Mutter.

Weiterer Neubeginn in Leoben

„Vater kam zum Glück heil aus dem Krieg zurück und meine Eltern wagten schließlich in Leoben einen weiteren Neubeginn. Unsere erste Wohnung war elf Quadratmeter groß. Nachdem mein Vater 1961 verstarb, begann meine Mutter als Formerin eine Schwerarbeit für Frauen in der steirischen Magnesitindustrie in Leoben und arbeitete dort bis zur ihrer Pensionierung mit 60 Jahren.“ Die Zeit von 1978 bis 2005 sei ihre beste gewesen, weil sie endlich Zeit für sich selbst hatte, regelmäßig turnen und wandern ging. 2005 stürzte Margarethe Skiczuk zum wiederholten Mal und zog sich einen Oberschenkelhalsbruch zu, was nach einer Kurzzeitpflege im Landespflegeheim Mautern und diversen Rehabilitationen schließlich zu einer fixen Aufnahme im Heim führte. „Leider ist nun die Demenz schon fortgeschritten und sie wurde bettlägrig“, erzählt ihr Sohn, der sie alle drei, vier Wochen in Mautern besucht.

Hundertster Geburtstag

„Wir sind alle sehr stolz, dass unsere Mutter die einzige in der Familie ist, die hoffentlich den Hunderter erreichen wird. Auf die Geburtstagsfeier freut sich bereits die ganze Familie. Bei dieser Gelegenheit möchten wir unsere Hochachtung und unseren Dank den Pflegerinnen und Pflegern in Mautern aussprechen, die unsere Mutter sehr liebevoll pflegen und betreuen“, sagt Skiczuk.
Vor einigen Jahren haben er und sein Sohn übrigens Dorna Watra, den Geburtsort seiner Eltern, besucht. „Es war ein beklemmendes Gefühl, dort am Bahnhof zu stehen, wo die gesamte Familie zwangsweise mit Sack und Pack ausreisen musste.“

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