Ein "Steirerbua" in St. Moritz
Der Trofaiacher Leopold Zwetti ist 1970 als 17-Jähriger nach St. Moritz gegangen, um dort als Jungkoch zu arbeiten. Bis heute ist er der Schweiz treu geblieben.
Es war schon immer sein Traum, „in die Fremde zu ziehen“, wie sich Leopold Zwetti erinnert. Die Gelegenheit dazu ergab sich am Ende seiner Lehre zum Koch, die er im Gösser Bräu absolvierte. „Ich dritten Lehrgang in Bad Gleichenberg hatte ich einen Lehrer, der für einen österreichischen Direktor im Grand Hotel Kurhaus im Schweizer St. Moritz Jungköche suchte. Ich war Feuer und Flamme und sagte Ja. Eine Woche später – ohne meine Eltern vorher zu informieren – kam ein Vertrag für die Sommersaison mit einem Gehalt von rund 6.000 Schilling. Angesichts des Lehrlingslohnes von 300 Schilling im letzten Lehrjahr unterschrieb ich sofort“, erzählt der heute 64-Jährige, der nun in der Tessiner Gemeinde Minusio am Lago Maggiore lebt.
Beginn der Reise
Nach der bestandenen Gesellenprüfung teilte er seinen Eltern mit, dass er in die Schweiz gehen würde. „Meine Eltern waren sehr liberal eingestellt und hatten keine Einwände“, sagt der zweifache Vater. Am 13. Juli 1970 begann seine abenteuerliche Reise. „Die Sprache in der Schweiz war für mich als Steirerbua sehr schwer zu verstehen. In St. Moritz angekommen, war ich überwältigt von dem riesigen Hotel, wo ich eine Sommer- und Wintersaison lang arbeitete“, erinnert sich Zwetti weiter. Die folgenden Jahre arbeitete er im Sommer an einem See, im Winter ging es in die Berge. „Auf diese Weise kam ich nach Luzern, Niderwalden, Kandersteg, Gstaat, Arosa, Ascona oder Grindelwald. In Kandersteg war ich vier Jahre lang als Küchenchef tätig, bevor ich ins italienischsprachige Tessin zog.“
Wirte-Patent auf Italienisch
1980 heiratete er, Tochter Tamara kam zur Welt und er übernahm ein Kaffeehaus in Loco Valle Onsernone. Kurz darauf machte er das Wirte-Patent in italienischer Sprache. „Ich war nun ein Österreicher mit Schweizer Wirte-Patent, und das auf Italienisch“, sagt Zwetti, der damals auch gemeinsam mit einem Freund für den ersten Computer „Commodore 64“ Programme schrieb, nicht ganz ohne Stolz. Da im Gastgewerbe zu wenig Zeit für die Familie blieb, sattelte er um auf einen Lebensmittelladen - der erste Kleinladen der Schweiz, der mit den sogenannten EAN-Codes zum Auszeichnen der Artikel arbeitete. Die Schweizer Wirtschaftszeitung würdigte dies sogar mit einem Bericht. Bald darauf begann er in einer Züricher Großapotheke zu arbeiten, wo er die Karriereleiter bis hinauf zum stellvertretenden Betriebsleiter kletterte. Auch hier wurde mit Hilfe des gebürtigen Trofaiachers ein eigener Auszeichnungs-Code für Pharmaprodukte entwickelt.
"Ein Klassentreffen wäre schön"
Seit mittlerweile zehn Jahren ist er im Tessin wieder als Küchenchef, Kellner und Pizzaiolo tätig. „Meine Kinder sind inzwischen selbstständig. Tochter Tamara hat einen Kosmetikladen in Ascona und Sohn Giordano ist seiner Berufung als Landschaftsgärtner gefolgt“, erzählt er. Zu seiner Heimat hält der 64-Jährige regelmäßig Kontakt, eine Rückkehr sei nicht ganz ausgeschlossen. „Einmal im Jahr besuche ich meine Geschwister Roswitha und Roland und wenn es der Zufall will, auch manchen Schulkollegen. Ich würde mich wahnsinnig über ein Klassentreffen freuen. Heuer ist es 50 Jahre her, seit wir das neunte Schuljahr 1967 beendet haben. Vielleicht ergibt sich ja etwas. Meine E-Mailadresse lautet: leozwetti@bluewin.ch und ich bin auf Facebook oder Stayfriends zu erreichen“, betont der Wahlschweizer. Seine Heimatstadt Trofaiach habe sich in all den Jahren sehr zum Positiven verändert, findet er und fügt hinzu: „Auch wenn die Schweiz meine zweite Heimat ist, mein Herz hängt immer noch an meinen Wurzeln.“
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.