Besitzstörung
Bekannte Wiener Tankstelle klagt Autolenker bei Durchfahrt

- Eine Tankstelle in der Taborstraße klagt Autofahrer wegen unerlaubter Durchfahrt auf Besitzstörung.
- Foto: Marlene Graupner/MeinBezirk
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Eine Tankstelle in der Taborstraße sorgt für Diskussionen. Autofahrer werden für die unerlaubte Durchfahrt mit Besitzstörungsklagen und hohen Geldforderungen konfrontiert. Wer nicht stehen bleibt und tankt, der erhält Post. Die Betreiber rechtfertigen ihr Vorgehen mit Sicherheitsbedenken und wiederholtem Missbrauch.
WIEN/LEOPOLDSTADT/BRIGITTENAU. Die "TAC-Carwash" Tankstelle in der Taborstraße 102-108 sorgt derzeit für Aufsehen. Bekannt ist die Adresse allemal, vor allem bei Fans des Wiener Raps. Sie diente bereits als Bühne für das bekannte Musikvideo zum Song "Liebe Grüße" von RAF Camora. MeinBezirk berichtet, mehr dazu unten.
Doch was für Fans ein interessantes Motiv sein mag, die Tankstelle anzusteuern, ist für viele Autofahrerinnen und Autofahrer inzwischen ein Albtraum: "Liebe Grüße" erhalten die Fahrzeuglenkerinnen und -lenker nämlich von einem Anwalt der das Unternehmen vertritt. In dem Schreiben erhalten die Betroffenen eine Besitzstörungsklage und eine saftige Forderung über 395 Euro.

- Ein Nutzer des Reddit-Forums präsentiert sein Klagschreiben. Auch auf Google mehren sich solche Nachrichten bei der Tankstellen-Bewertung.
- Foto: Reddit/Benutzer: mitzikatzi
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Ein Nutzer der Plattform Reddit zeigt einen Klagbrief, den er nach Befahrung der Tankstelle erhalten habe. In den Google-Bewertungen zu dem Shop häufen sich ähnliche Beschwerden. Nutzer berichten reihenweise von ähnlichen Erlebnissen und empfehlen, das Gelände zu meiden. Das Credo dürfte lauten: Wer nicht tankt oder Auto wäscht, der zahlt halt so: "Aufgrund einer sehr teuren Besitzstörungsklage durch irgendwelche Anwälte nach einer Durchfahrt (ich habe mich umentschieden, wollte doch ein anderes Mal waschen), kommen ich und meine Kollegen nie wieder. Auch meine Nachfrage per Mail blieb unbeantwortet,“ schreibt ein Google-Nutzer.
Kein Einzelfall, wie es scheint. Ein anderer schildert: "Vorsicht! Dieser Tankstellenbetreiber verklagt seine Kunden oder besser gesagt diejenigen, die kurz mal stoppen müssen und nicht tanken, sondern weiterfahren! Hat man sofort eine Besitzstörungsklage!"
Illegale Umfahrung wegen Baustelle
Die Betreiber der Tankstelle hingegen verteidigen ihr Vorgehen. Ein Angestellter erklärte im Gespräch mit MeinBezirk, warum die juristischen Maßnahmen notwendig geworden seien. Seit Monaten schon wird nämlich in diesem Bereich groß die Nordbahnstraße bzw. Taborstraße umgebaut.
"Unser Gelände wurde in den vergangenen Monaten von zahllosen Autofahrern missbraucht, die die Tankstelle als Umfahrung der gesperrten Kreuzung Taborstraße, Nordbahnstraße und Dresdner Straße nutzten", schildert der Angestellte. Diese Ausweichmanöver hätten den Betrieb fast zum Erliegen gebracht.
"Unsere Kunden konnten uns gar nicht mehr erreichen, weil andere Fahrer einfach durchgerast sind." Insgesamt zwölf Schilder – darunter welche von Magistrat wie auch privat angebrachte Hinweistafeln – sollen auf das Einfahrtsverbot und die privaten Eigentumsrechte hinweisen, erklärt der Angestellte. "Ein Autofahrer muss mindestens sechs Schilder ignorieren, um auf unser Gelände zu gelangen", betont er. Bei einem Lokalaugenschein fand MeinBezirk jedoch nur zwei Schilder vor – jeweils eines bei jeder Einfahrt.

- Die Schilder sollen auf das Privatgrundstück hinweisen.
- Foto: Marlene Graupner/MeinBezirk
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Weiter heißt es, dass trotz dieser Hinweise das Grundstück jedoch immer wieder widerrechtlich befahren worden sei. Daraufhin hätte sich das Unternehmen juristisch beraten lassen. "Das ist keine öffentliche Umleitung für städtische Baustellen. Wir können und dürfen das aus Haftungsgründen nicht zulassen", erklärt der Mitarbeiter weiter. Auch rechtliche Aspekte würden eine Rolle spielen: "Wir haften für die Sicherheit auf unserem Gelände, sei es für Kunden, Mitarbeiter oder Fußgänger. Wenn sich Unfälle ereignen, tragen wir die Verantwortung."
Appell an die Behörden
Das Unternehmen sieht die Verantwortung jedoch nicht allein bei sich: "Es gab vonseiten der Behörden keine Umleitungen, was die Situation für Autofahrer sicher schwierig machte. Aber dafür können wir nichts." Der Angestellte verweist darauf, dass es alternative Routen gegeben habe, diese jedoch nicht beschildert waren.

- Durch die vielen Baustellen in der Leopoldstadt und Brigittenau, sei die Tankstelle als Umfahrung genutzt worden.
- Foto: Marlene Graupner/MeinBezirk
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Die Tankstelle verteidigt ihr Vorgehen auch mit dem Hinweis, dass "echte" Kunden keine rechtlichen Konsequenzen fürchten müssten. "Wer bei uns tankt oder einkauft, hat nichts zu befürchten. Aber wer unser Grundstück als Abkürzung missbraucht, muss die Konsequenzen tragen."
Zu hohe Forderung
Besitzstörungsklagen sollen den Eigentümer oder Pächter eines Grundstücks in seinem Recht schützen, über sein Eigentum frei verfügen zu können. In der Praxis sind solche Klagen üblich, wenn jemand unbefugt ein Grundstück betritt, beispielsweise ohne Erlaubnis oder mit störender Absicht. In diesem Fall wirft die Tankstelle Menschen, die nur kurz das Gelände durchfahren, vor, gegen ihr Hausrecht zu verstoßen und eine "Besitzstörung“" zu verursachen. Doch wie gerechtfertigt ist das?
Ein Rechtsexperte vom ÖAMTC zeigt Verständnis dafür, dass bei Störungen geklagt wird, hält jedoch eine Forderung von 395 Euro für deutlich überzogen. Laut dem Experten, seien höchstens 100 Euro angemessen, da die Kosten für einen Anwalt etwa 70 Euro und die Kennzeichenfindung rund 15 Euro kosten würde.
Betroffenen wird daher geraten, einen "prätorischen Unterlassungsvergleich" anzubieten und die angemessenen 100 Euro zu begleichen. Ein "prätorischer Unterlassungsvergleich" bezeichnet eine Einigung zwischen den Parteien, die erzielt wird, bevor es zu einer gerichtlichen Klage kommt. In vielen Fällen kann so ein Gerichtsverfahren vermieden werden, und selbst wenn es dazu kommt, würden die geforderten Summen oft geringer ausfallen als angedroht, erklärt der Rechtsexperte.
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