Zum Abschied Klartext

Werner Handlos in seinem Wintergarten in Graz-Mariatrost.
  • Werner Handlos in seinem Wintergarten in Graz-Mariatrost.
  • hochgeladen von Karl Doppelhofer

„Auch wenn du mit dem Herzen Schladminger bist, du kannst nicht auf Dauer leiden“, sagt Werner Handlos über den Abschied von seiner Heimatstadt.

Der ehemalige ORF-Moderator Werner Handlos ist einer der prominentesten Schladminger. Besser: Er war es. Das „Landhaus Handlos“ haben er und seine Ehefrau Elfi verkauft (es wird zugunsten eines neuen Bauprojektes abgerissen), den Wohnsitz Schladming aufgegeben. Warum er die Stadt seines Herzens verlassen hat, erklärt der noch amtierende Obmann des Vereins „Lebenswertes Schladming“ im WOCHE-Interview:

WOCHE: Herr Handlos, warum verkauft ein renommierter Schladminger Hotelier eineinhalb Jahre vor der Schi-WM seinen Betrieb?
WERNER HANDLOS: An sich hätte das Haus jetzt ja einmal mir gehört und nicht mehr der Bank. Das heißt, die Kuh hätte jetzt für mich Milch gegeben – von da her scheint es natürlich absurd, und die Frage ist berechtigt. Weil meine Frau und ich keine Kinder haben, wäre eine Trennung vom Betrieb aber sowieso irgendwann einmal im Raum gestanden. Und man muss auch dazusagen, dass ich als begeisterter Schladminger mit den Entwicklungen der vergangenen Jahre Probleme hatte.

WOCHE: Nämlich?
WERNER HANDLOS: Ein Hang zur Gigantonomie ist ja nicht zu übersehen. Für die Form von Tourismus, wie wir sie gedacht hatten – nämlich mit Liebe zum Detail Gäste anzusprechen, die gern schöner wohnen und bereit sind, dafür auch Geld auszugeben – wird es schwierig. Wenn du nur auf Masse gehst, mit johlenden Discobesuchern, tust du dir mit dieser Klientel irgendwann schwer.

WOCHE: Da hatten Sie in den vergangenen Jahren ja die richtigen Nachbarn...
WERNER HANDLOS: Ich muss fairerweise sagen, dass wir die Hohenhaustenne nicht so sehr gespürt haben. Es gab nur wenige Gäste, die sich beschwert haben, und einige, die gerade deswegen da waren. Aber das ist in der Tendenz eben eine andere Kundenschicht. Auf der ganzen Welt baut man Discos dieser Größenordnung außerhalb der Ortschaften, in Schladming mitten hinein. Auf ganz Mallorca gibt es solche Blödheiten nicht mehr, bei uns mach’ ma’s halt. Der Betrieb selbst ist ja problemlos, die haben das mit der Security gut gelöst. Die Leute gehen dann aber heim um zwei, drei in der Früh. Die Polizei versteckt sich eher, als etwas zu tun. Und dafür, was in den Straßen ist, kann man den Discobetreiber ja nicht verantwortlich machen.

WOCHE: Mehrere Städte mit Lokalszene leben mit dieser Problematik, Bruck an der Mur zum Beispiel...
WERNER HANDLOS: Im Grätzel am Zielhang waren früher alles Einfamilienhäuser, das ist der Planung offensichtlich wurscht, sie vertreiben die Leute. Es gibt Familien, die sind seit 60, 70 Jahren dort – und heute warten fast alle nur darauf, dass einer kommt und ihnen ein Angebot macht, damit sie flüchten können. Ob das das Non-plus-Ultra einer Planung ist?

WOCHE: Haben Sie den Weggang so empfunden, als Flucht?
WERNER HANDLOS: Die nachlassende Lebensqualität hat die Entscheidung schon erleichtert. Mit dem neuen Planaigebäude ist das zwar besser geworden, aber nur so als kleines Beispiel: Da sind im Sommer die Busse gestanden mit laufendem Motor wegen der Klimaanlage, und wenn du bei uns in der Augasse auf der Terrasse gesessen bist, hat’s gestunken wie in Graz am Andreas-Hofer-Platz. Und keiner tut etwas.

WOCHE: Sie waren ja auch sehr engagiert in der Initiative „Lebenswertes Schladming“...
WERNER HANDLOS: Der Verein ist exemplarisch dafür, wie es in Schladming oft läuft. Viele Mitglieder hast du rasch einmal, aber wenn es darum geht, wirklich etwas zu tun, traut sich kaum jemand aus der Deckung. Als sie das Aqi-Hotel gebaut haben, hieß es vor der Bürgerversammlung: „Du musst was tun, bitte hilf uns, das ist eine Katastrophe.“ Bei der Versammlung war ich dann der einzige, der den Mund aufgemacht hat. Die Hälfte der Nachbarn war gar nicht da, andere sind protzig in der fußfreien Reihe gesessen und haben sich angeschaut, wie sie den Handlos dort abfotzen.

WOCHE: Werden Sie im Verein weiter engagiert bleiben?
WERNER HANDLOS: Es wird einen neuen Obmann geben müssen. Ich glaube, dass der Verein wichtig ist, und werde immer meine Unterstützung anbieten. Aber wenn ich nicht mehr in Schladming wohne, kann ich nicht Obmann sein. Einige Mitglieder haben mir übel genommen, dass ich das Haus verkauft habe, aber es hilft nicht: Auch wenn du mit dem Herzen Schladminger bist, du kannst nicht auf Dauer leiden.

WOCHE: Gab es eine Reaktion auf Ihren Abschied von Seiten der Stadt?
WERNER HANDLOS: Ab dem Zeitpunkt, zu dem bekannt war, dass ich verkaufe, konnte ich den Bürgermeister nicht mehr erreichen. Das muss nichts heißen, vielleicht hat’s ja wirklich immer nur schlecht gepasst. Aber ich glaube, der Jürgen (Bürgermeister Winter, Anm.) wird nicht wirklich traurig sein. Zu seinem Tatendrang muss man sagen, dass Schladming zuvor tatsächlich sehr auf der Bremse gestanden ist hinsichtlich Bautätigkeit. Aber was vorher zu wenig war, ist jetzt zu viel. Ich sehe in der alpinen Schi-WM 2013 die Chance, den wirtschaftlichen Wohlstand der Bewohner von Schladming abzusichern und die gesamte Region durch infrastrukturelle Maßnahmen noch lebenswerter zu machen. Alle Maßnahmen im Vorfeld der WM müssen einen nachhaltigen Nutzen für die Bewohner von Schladming und dessen Umgebung zur Folge haben und Ressourcen und Umwelt schonen. Das Angebot der Region zu verbessern, behutsam auszubauen und für die Zukunft zu festigen, sollte dabei im Vordergrund stehen. Unendliches Wachstum und permanentes Streben nach „immer mehr“ und „noch größer“ gefährdet dieses Ziel, da schon jetzt das erzielte Preisniveau und die Auslastung in den Tourismusbetrieben durchaus verbesserungswürdig sind.

Push-Nachrichten auf dein Handy
MeinBezirk.at auf Facebook verfolgen
Die Woche als ePaper durchblättern
Newsletter deines Bezirks abonnieren

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.