Ein Leben mit dem Vergessen
Demenzerkrankungen und Alzheimer sind im Pongau auf dem Vormarsch
ST. JOHANN (ap). Wie präsent das Thema Demenz und Alzheimer in Pongauer Familien ist, zeigte sich vergangene Woche im übervollen Seminarraum des Kongresshauses in St. Johann. Im Rahmen des Mini Med Studiums referierte Primar Marc Keglevic über Ursachen, Prävention und neue Therapien.
Angehörige leisten viel
"Der weitaus größte Teil der von Demenz Betroffenen wird in der eigenen Familie betreut, oft unterstützt durch ambulante Pflegedienste. Die Angehörigen sind nicht selten seelisch und körperlich überfordert", weiß Keglevic. Die Häufigkeit von Demenzerkrankungen nimmt mit steigendem Alter zu. Bei den über 90-jährigen sind es bereits über 30 Prozent, die betroffen sind.
Was ist Demenz?
Demenz ist der Oberbegriff für Erkrankungsbilder, die mit einem Verlust der geistigen Funktionen wie Denken, Erinnern, Orientierung und Verknüpfen von Denkinhalten einhergehen und die dazu führen, dass alltägliche Aktivitäten nicht mehr eigenständig durchgeführt werden können. "Die Alzheimer-Krankheit, eine neurodegenerative Erkrankung, ist mit 60% die häufigste Ursache der Demenz. Bei dieser Krankheit gehen in bestimmten Bereichen des Gehirns durch Störungen des Gleichgewichts des Botenstoffs Glutamat Nervenzellen zugrunde. Die Alzheimer Krankheit beruht auf einer direkten Schädigung der Nervenzellen, während die sogenannten vaskulären Demenzen auf Gefäßverschlüsse zurückzuführen sind", stellt der Leiter der Abteilung für Psychiatrie am Kardinal Schwarzenberg'sches Krankenhaus klar.
Wie sich Demenz bzw. Alzheimer bemerkbar machen
Die ersten Anzeichen, welche der Familie auffallen, betreffen meist die “Vergesslichkeit” sowie die Schwierigkeiten des Patienten, einfache, vertraute Handlungen auszuführen. "Das Erscheinungsbild einer dementiellen Erkrankung kann vielfältig sein: Merk- und Konzentrationsstörungen, Persönlichkeitsveränderungen, das Nachlassen der sprachlichen Fähigkeiten, Intelligenz und Erlebnisfähigkeit, beeinträchtigte Urteilsfähigkeit, Wortfindungsstörungen, Gedankenabbrüche, Verwirrtheit sowie später Orientierungsverlust sind typische Zeichen einer Demenz", weiß Keglevic. Besonders im Frühstadium der Erkrankung sei schwer zu erkennen, ob es sich bei Gedächtnisproblemen um eine "normale" Alterserscheinung handelt oder um eine Demenz. Auch können andere Krankheiten wie Vergiftungen, Infektionen, Stoffwechselstörungen, Verstopfung und dergleichen eine Demenz vortäuschen.
Abklärung ist der erste Schritt
Eine frühe Diagnosestellung ist sehr hilfreich für den Betreuer, da er sich besser auf die Erkrankung einstellen kann und somit schon rechtzeitig weiß, was auf ihn zukommen kann. "Die Diagnose ist der erste Schritt in Richtung Zukunftsplanung. Um eine Demenz verlässlich zu diagnostizieren, sind neben der sorgfältigen Erhebung der Vorgeschichte weitere körperliche und psychologische Untersuchungen erforderlich. Dabei gilt es vor allem, reversible Demenzen oder internistische Erkrankungen, die die Hirnleistung beeinträchtigen, 'schlechte' Lebensweisen oder Stress aus dem Umfeld aufzuspüren", weiß Keglevic.
Behandlung und Umgang
Wesentlich ist ein adäquater Umgang mit den Betroffenen, der auf Einfühlung und Wissen um ihre herabgesetzte Anpassungsfähigkeit sowie höhere Irritierbarkeit abstellt. Ebenso sind der nötige Schutz vor Unfällen oder einem Ausgenütztwerden wichtig. So kann für die Erhaltung der Lebensqualität am meisten getan werden.
Noch keine Heilung absehbar
Zur Zeit gibt es noch keine medikamentöse Therapie, die eine Heilung der Krankheit möglich macht. "Wie bei anderen chronisch degenerativen Erkrankungen ist bereits das zeitweise Bremsen oder Stoppen des Fortschreitens der Erkrankung mit Medikamenten als Erfolg zu werten. Ängste, Schlaflosigkeit, Verstimmungen, Unruhe oder Wahn können mit Psychopharmaka meist befriedigend zurückgedrängt werden, wenn andere Maßnahmen nicht mehr greifen", so Kegelvic in seinem Vortrag. Der Entlastung pflegender Angehöriger durch Beratung, Schulung und temporäre Entlastung kommt wesentliche Bedeutung zu.
"Alles in allem gibt es sehr vieles, das für den Alzheimer-Patienten getan werden kann, um seine Situation und die des Betreuers zu verbessern. Informationen über unterstützende Maßnahmen erhalten Sie bei Ihrem Arzt oder bei Selbsthilfegruppen", betont Keglevic in der anschließenden Fragerunde mit den Mini Med Besuchern.
Inwieweit man vorsorgen kann
Vorsorge ist laut dem Primar nur bedingt möglich: "Alles was vorzeitige Gefäßverkalkung verhindert, Körper und Geist in Bewegung hält, baut ein Stück weit vor, wohingegen zahllos angebotene Substanzen den Beweis einer prophylaktischen Wirkung nie erbringen konnten."
Die Zukunftsaussichten
Die Arzneimittelforschung ist bemüht, weitere Medikamente zu entwickeln, die zumindest die Symptome der Alzheimer-Krankheit lindern können. "Angehörige sollten vorsichtig sein, wenn so manche 'Wundermittel' angepriesen werden und sollten sich daher immer von Ärzten oder Apothekern beraten lassen", warnt Marc Keglevic abschließend.
Die nächsten Mini Med Veranstaltungen:
In Zell am See:
am Mittwoch, den 21. Mai 2014 um 19:00 im Veranstaltungsaal der Wirtschaftskammer Zell am See zum Thema:
Men's Health - Prostata, Inkontinenz und sexuelle Funktionsstörungen
Mit: FA Dr. Oswald F. J. D'Ambros-Canzin, Abteilung für Urologie, KH Zell am See
Und am Mittwoch, den 6. Juni 2014 um 19:00 Uhr im Kultur- und Kongresshaus am Dom, St. Johann im Pongau
zum Thema:
Erholsame Nächte, erfolgreiche Tage
Lebenselexier Schlaf und seine Störungen
Mit: OA Dr. Eduard Dunzinger, Abteilung für Psychiatrie, Kardinal Schwarzenberg'sches Krankenhaus und
OA Dr. Sebastian Kreuzberger, Abteilung für Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten, Kardinal Schwarzenberg'sches Krankenhaus
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