Wagyu-Rinder im Mürztal
Eine Kuhherde, schwarz wie die Nacht

Nachwuchs wird erwartet: Manuela und Franz Schmidhofer mit einer trächtigen Wagyu-Kuh. | Foto: Hackl
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Das Fleisch der Wagyu-Rinder zählt zu den exquisitesten und teuersten Fleischprodukten. Seit drei Jahren widmen sich Manuela und Franz Schmidhofer vulgo Schleininger vom Kindberger Kronabichl der Zucht und Verarbeitung der Wagyu-Rinder.

KINDBERG. Begonnen hat alles vor drei Jahren zum 40. Geburtstag von Franz Schmidhofer. "Zu diesem Anlass habe ich mir selbst ein teures Geburtstagsgeschenk gemacht und zwei Wagyu-Kälber um wirklich sehr viel Geld gekauft", erzählt Franz Schmidhofer. Bislang hat man beim "Schleininger" hoch über Kindberg auf herkömmliche Fleckvieh-Haltung im Nebenerwerb gesetzt. "Als wir den Hof 2015 übernommen haben, war uns klar, dass wir einerseits verstärkt auf Selbstvermarktung von Frischfleisch setzen wollen und uns mit einem Nischenprodukt positionieren müssen, um mit unseren 36 Hektar landwirtschaftlicher Fläche wirtschaftlich überlebensfähig zu sein", erklärt Manuela Schmidhofer. Sie selbst spricht dabei von einer Reise, bei der man sich eben erst auf dem Weg gemacht hat. "Unser Plan wäre es schon, dass unser Betrieb so viel abwirft, dass es zum Vollerwerb reicht."

Wagyu-Rinder sind gutmütiger und anschmiegsamer als heimische Rassen. | Foto: Hackl
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Schwarz und gefleckt passen zusammen

Mittlerweile sind aus den zwei Wagyu-Kälbern 22 Stück geworden, eigentlich schon eine beachtliche Herde schwarzer Kühe. "Sie vertragen sich auch sehr gut mit unseren 20 Stück Fleckvieh. Sie sind sowohl auf der Weide als auch im Freilaufstall zusammen", erzählt Franz Schmidbauer. "Zu Beginn hatten wir aber große Sorge, ob sich die kleineren Wague-Kühe zusammen mit dem Fleckvieh behaupten können", so Manuela Schmidhofer. Vom Körperbau her sind die Wagyu-Rinder kleiner und mit deutlich weniger Gewicht. Vom Charakter sind sie weitaus gutmütiger und zutraulicher.

Für die Zucht braucht es auch einen Stier; so einer steht beim Schleininger jetzt auch im Stall. Nur zur Kuhherde darf er (noch) nicht. Beschäftigt man sich mit Rinderzucht, dann geht es viel um Abstammung, Genetik und um Erbfehler – alles vermerkt im österreichischen Herdebuch und ist an sich eine eigene Wissenschaft. Eine Wissenschaft, der sich die Schmidbauers mit Leidenschaft hingeben: "Wir setzen auf 100 Prozent Reinzucht. Momentan ist das nur mit künstlicher Besamung möglich. Es ist schon eine Herausforderung, den passenden Samen auszuwählen", so Franz Schmidbauer. Samen kann man heutzutage ganz bequem aus dem Katalog und übers Internet bestellen – eine Ladung kostet so um die 40 Euro.

Schleininger – der Bauernhof mit der schwarzen Kuhherde. | Foto: Schmidhofer
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"Frisch geschlüpfte" Wagyu-Kälber trauen sich beim Schleininger ob der April-Kälte nur zögerlich ins Freie. Sie haben allesamt durchwegs exotische Namen, wie zum Beispiel Makkuro (japanisch für "Schwarz wie die Nacht"), Mangetsu (Sohn des Vollmondes) oder Sakura no hana (Kirschblüte).

Fleisch selbst verarbeitet

Mit Mai wird ein neues Kapitel am Schleininger-Hof aufgeschlagen, da beginnt nämlich das Kapitel der Fleischverarbeitung und der Vermarktung des Wagyu-Fleisches. "Das Fleisch hat einen hohen Anteil an intramuskulären Fett mit viel ungesättigten Fettsäuren und ist dadurch dem Fisch sehr ähnlich, dadurch ist es auch gesünder", erklärt Manuela Schmidhofer.

Jetzt wird zum ersten Mal abgestochen und das Fleisch selbst aufgearbeitet und verkauft. "Wir sind schon lange im Rindfleischgeschäft und haben sehr viele treue Abnehmer. Auch das Wagyu-Fleisch ist de facto schon vorher verkauft, bevor es geschlagen ist", sagt Franz Schmidhofer. "Das ist bei uns gängige Praxis. Dadurch ist gewährleistet, dass wir nicht mehr Fleisch produzieren, als wir tatsächlich verkaufen können", erklärt Manuela.

Das Tomahawk- oder Porterhouse-Steak braucht rund drei Wochen Zeit zum Reifen am Knochen. | Foto: Schmidhofer
  • Das Tomahawk- oder Porterhouse-Steak braucht rund drei Wochen Zeit zum Reifen am Knochen.
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Verwertet wird beinahe alles – von der Nasenspitze bis zum Schlepp. Interessenten für das rare Fleisch gibt es zuhauf, auch ein Haubenkoch soll darunter sein. Diese besondere Qualität hat auch ihren Preis: Für Edelteile wie Lungenbraten oder Steak muss man schon das Fünffache vom herkömmlichen Rindfleischpreis bezahlen. "Die übrigen Stücke zum Beispiel für Schnitzel, Gulasch und Faschiertes sind durchaus erschwinglich", verrät Manuela Schmidhofer.

Der Markt wird jetzt nicht überschwemmt mit dem Fleisch der Wagyu-Rinder vom Schleininger. "Wir planen zwei Schlachtungen pro Jahr. Mehr lässt der Herdenaufbau momentan nicht zu", so Franz Schmidbauer. Wobei man schon Pläne für einen eigenen Schlachtraum wälzt, die Betriebsnachfolge scheint durch Sohn Elias jedenfalls gesichert.

Mindestens drei Jahre dauert es, bis ein Wagyu-Kalb "schlachtreif" ist, rund 10 Monate länger als bei herkömmlichen Rinderrassen. | Foto: Schmidhofer
  • Mindestens drei Jahre dauert es, bis ein Wagyu-Kalb "schlachtreif" ist, rund 10 Monate länger als bei herkömmlichen Rinderrassen.
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Wagyu ist (fast) gleich Kobe

Wagyū oder Wagyu ist eine Bezeichnung mehrerer Rinderrassen japanischen Ursprungs und heißt übersetzt schlicht „(japanisches) Rind“. Das Wagyu-Rind ist als Kobe-Rind sehr bekannt, was insofern eine nicht ganz richtige Bezeichnung ist, da nur das Fleisch der Wagyu-Rinder, die in der japanischen Region Kōbe geboren, aufgezogen, gemästet und geschlachtet wurden, die Bezeichnung Kobe tragen darf.

Eine Besonderheit dieser „indigenen“ Rinder ist, dass sie in ihrer langen Geschichte kaum Kreuzungen unterzogen wurden. Sie wurden über Jahrhunderte hinweg, bis vor 150 Jahren, ausschließlich als Arbeitstiere auf den Reisfeldern und im Bergbau eingesetzt. Der Verzehr war nach den Gesetzen des Buddhismus in Japan lange Zeit verboten. Nach der Öffnung Japans 1868 wurde die Rasse für die Nutzung als Fleischrinder in ihrem Fleischertrag durch Zucht optimiert. 

Ein besonderes Fleisch

Ernährungsphysiologisch wird Wagyu Fleisch positiv beurteilt. Dies liegt am hohen Anteil des intramuskulären Fettes in dem der Gehalt von ungesättigten gegenüber gesättigten Fettsäuren deutlich überwiegt. Die Fleischqualität wird anhand der jeweiligen Marmorierung definiert (BMS – Beef Marbling Scale). Je höher der Marmorierungsgrad (bestimmt durch die intramuskuläre Fetteinlagerung) desto besser die Qualität. Wagyu Rinder erreichen einen BMS von zwölf, heimische Rinderrassen liegen hier bei einem BMS von eins bis drei.

Artgerechte Tierhaltung: Offener Freilaufstall, die Weide direkt vor der Stalltür: Wagyu-Rinder werden gemeinsam mit Fleckvieh gehalten. | Foto: Schmidhofer
  • Artgerechte Tierhaltung: Offener Freilaufstall, die Weide direkt vor der Stalltür: Wagyu-Rinder werden gemeinsam mit Fleckvieh gehalten.
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Laut Wagyu-Verband gibt es in Österreich 39 Züchter, davon acht aus der Steiermark. Neben der Familie Schmidhofer-Schleininger in Kindberg gibt es noch Zuchtbetriebe in Birkfeld (Wurm/Königsbauer), in Fladnitz, in der Weststeiermark sowie im Mur- und Ennstal. In ganz Österreich gibt es aktuell rund 1.200 Stück Wagyu-Rinder, das entspricht einem Rinder-Rassenanteil von 0,07 Prozent, demzufolge gibt es in Österreich rund 1,8 Millionen Rindsviecher.

Mehr Infos zu Wagyu-Schleininger gibts unter Tel. 0660/128 71 11 und auf Facebook 

Übrigens: Seit 43 Jahren bewirtet Theresia, die Mutter von Franz Schmidhofer, in der Schleininger-Hütte an Sonn- und Feiertagen ihre Gäste. Am 1. Mai jedoch zum letzten Mal, danach bleibt die Hütte geschlossen. Es wären aber nicht die Schmidhofers, würden ihnen keine neuen Nutzungsmöglichkeit der Hütte einfallen...

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