Ternitz
Behindertenintegration räumt mit Gerüchten und Halbwahrheiten auf
Immer wieder wird behauptet, die Behindertenintegration bereichere sich an der Arbeit Klienten. Die Wahrheitssuche.
TERNITZ. "Haben Sie sich auch dafür interessiert, wie viel die Menschen bezahlt bekommen?" und "(...) es ist menschenunwürdig. Hier herrscht, so wie in allen diesen Werkstätten, eine Art modernes Sklaventum (...)", kamen nach einen Beitrag über die Behindertenintegration Ternitz kritische Kommentare über die Wertschätzung der Arbeit, die Klienten der Behindertenintegration abliefern. Ein Angebot, sich in Begleitung der BezirksBlätter vor Ort die Sachlage erklären zu lassen, lehnte der Kommentare-Schreiber, der sich hinter einem Pseudonym verbirgt ab: "Ich brauche nicht zu fragen, ich weiß es."
Also baten die BezirksBlätter die Leiterin der Behindertenintegration, Barbara Fürtbauer-Veccioni, zum Gespräch.
Bezahlung nach Kollektivertrag
Fest steht, bereichern kann sich hier niemand. "Wir werden nach Kollektivvertrag entlohnt. Und alles, was hier erwirtschaftet wird, ist zweckgebunden und kommt der Werkstätte und dem Wohnbereich zu Gute", betont Fürtbauer-Veccioni, die immer wieder mit derartigen Vorurteilen und Gerüchten konfrontiert wird:
"Es ist leider traurig, dass niemand kommt und vor Ort nachfragt."
Bleibt noch die Frage, was die Klienten für ihre Leistung bekommen. Die Antwort klingt auf dem ersten Blick tatsächlich nicht nach viel. Erst weitere Ausführungen machen verständlich warum es ist, wie es ist. "Von der Landesregierung ist ein Anerkennungsbeitrag vorgesehen. Dieser beträgt 90 Euro", so Fürtbauer-Veccioni: "Aber das Land stellt auch Geld für die Betreuung zur Verfügung." Dazu kommen laut Behindertenintegration-Leiterin eine lebenslange Familienbeihilfe in der Höhe von 365 Euro sowie Pflegegeld von Stufe 1 bis 7 und im Falle des Todesfalles eines oder beider Elternteile eine Halbwaisen- oder Waisenrente. Ein Leben lang. Alles zusammen trage dazu bei, dass die Menschen mit Behinderung versorgt sind.
Seit Jahrzehnten ist die Höhe des Anerkennungsbeitrags immer wieder ein Diskussionsthema. Auch die Volksanwaltschaft ist damit befasst. Tatsächlich könne nur die Landesregierung den Anerkennungsbeitrag anheben. Kompliziert werde es Barbara Fürtbauer-Veccioni zufolge, wenn es darum gehe, dafür Messwerte zu schaffen: "Es gibt welche, die schaffen z.B. vielleicht nur zwei Schachteln, bemühen sich aber dabei sehr. Andere schaffen 20, weil sie ein wenig schneller sind; könnten aber 30 schaffen."
Der letzte Freitag im Monat
Höhepunkt für die Klienten, die in der Behindertenintegration Tätigkeiten verrichten ist stets der letzte Freitag im Monat. Fürtbauer-Veccioni: "Sie wissen, dass es da die Lohntüte gibt." Die 90 Euro werden sehr unterschiedlich verwendet. Stephan Fürtbauer:
"Ich gebe damit gerne ins Kaffeehaus oder zu Konzerten."
"Ich kaufe mir damit Kopfhörer", erzählt Jeannine Stückler. Und Hermi Pfalz investiert in Musik-CDs. Helin Acikgöz:
"Ich kaufe Nagellack und Parfum."
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