Spindelegger-Rücktritt: Erwin Pröll als Königsmacher, nicht als Thronfolger

Während VP-Funktionäre aus ganz Österreich seit Monaten konsequent am Sessel des Parteivorsitzenden sägten, verhielt sich die ÖVP-Niederösterreich auffallend ruhig. Agrarlandesrat Stephan Pernkopf lobte noch vor wenigen Tagen im Sommergespräch mit den Bezirksblättern die Standhaftigkeit Michael Spindeleggers in Fragen der Vermögenssteuern: "Ich bin Michael Spindelegger dankbar, dass er das kategorisch ablehnt."

Schwarze Mauer aus Niederösterreich für Landsmann Spindelegger
Bis zuletzt machte die mächtige Niederösterreichische Volkspartei ihrem Landsmann am Obmannsessel die Mauer. Und kursierende Gerüchte über einen Rücktritt des Hinterbrühlers wurden als vage zurückgewiesen. Frühestens nach einem eventuellen Desaster bei den Urnengängen im Superwahljahr 2015, wo in Burgenland, Wien, Oberösterreich und der Steiermark VP-Politiker ums Überleben und Mehrheiten kämpfen. Dass Michael Spindelegger die Volkspartei in die nächsten Nationalratswahlen führen wird, glaubten aber selbst die treuesten Schwarzen im St. Pöltner Landhaus nicht mehr. Zu katastrophal waren die letzten Umfrageergebnisse der Bundespartei, bei denen die Volkspartei deutlich unter 20 Prozent an dritter Stelle liegt.

Pröll: "Spindelegger musste für vieles den Kopf hinhalten, für das er nichts kann"
Eines ist klar: Der Rücktritt Spindeleggers erfolgte selbst für die Niederösterreichische Volkspartei spontan, sie war aber im Vorfeld mit Erwin Pröll akkordiert. Dieser hält dem scheidenden Bundesparteiobmann bis zuletzt die Stange:
„Die Entscheidung von Michael Spindelegger kommt für mich nicht überraschend, ich verstehe sie und respektiere sie. Spindelegger hat unter schwierigen Bedingungen im April 2011 die Verantwortung als ÖVP-Obmann übernommen. Vor allem aber hat er schwierige Probleme im Finanzressort übernommen und dabei für vieles den Kopf hingehalten, wofür er aber schon gar nichts konnte."

Spindeleggers Schicksalsschlag: Tod des Vaters
Neben parteiinternem Druck könnten aber auch ganz persönliche Gründe für Spindeleggers Rücktritt zumindest mitverantwortlich sein. Vergangene Woche trug Michael Spindelegger seinen Vater zu Grabe. Ing. Erich Spindelegger war von 1966 bis 1970 Nationalratsabgeordneter und von 1970 bis 1976 Abgeordneter zum Bundesrat. Von 1974 bis 1989 war er auch Bürgermeister von Hinterbrühl. Aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit im Seniorenbund wurde er auch Ehrenobmann des niederösterreichischen Seniorenbundes.

Schwarze Hoffnungsträger Pernkopf und Bohuslav.
Nach dem Rücktritt des Vizekanzlers gab an der Traisen alleine Erwin Pröll ein Statement ab. Der Rest der Landespartei hüllt sich in Schweigen. Wohl auch deshalb, weil sich das Nachfolgekarussell um die Posten in Partei und Regierung längst dreht - und in Niederösterreich sitzen einige Hoffnungsträger. Umweltlandesrat Stephan Pernkopf galt schon bei der letzten Regierungsbildung als ministrabel. Sollte Vizeparteiobmann Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner die Partei übernehmen, stünde mit Petra Bohuslav eine hervorragende Alternative für das Wirtschaftsressort zur Verfügung. Eine andere VPNÖ-Vertreterin, die im Internet bereits hoch im Kurs stand, hat am Abend abgewunken. Innenministerin Johanna Mikl Leitner gab bekannt, dass sie für den Job der Obfrau nicht zur Verfügung stehe.

Vizekanzler Erwin Pröll? Wohl kaum, der Westen wäre wild
Durch das Ausscheiden Spindeleggers scheidet ein Niederösterreicher aus der Regierung, die stärkste Landespartei wird sicher alles daran setzen, ihn durch eine/n Landsmann/Landsfrau zu ersetzen. Dass Erwin Pröll selbst an die Spitze der Bundespartei wechselt ist mehr als unwahrscheinlich. Trotz oder wegen aller Stärke ist der Landeshauptmann traditionell parteiinterner Reibebaum für Parteikollegen aus dem Westen. Die Obmanndebatte wäre wohl in verstärkter Weise prolongiert. Pröll wird sich bei den Entscheidungen im Parteivorstand als Königsmacher positionieren, nicht als Thronfolger.

Pröll bricht Kurzurlaub im Ausland nicht ab.
Momentan allerdings nicht persönlich. Denn Pröll befindet sich derzeit auf Kurzurlaub im Ausland und wird diesen auch nicht abbrechen. „Der Landeshauptmann ist ständig in Kontakt mit den maßgeblichen Personen und die Interessen Niederösterreichs werden im Bundesparteivorstand trotzdem gut vertreten", heißt es aus der Landespartei. Mit der Rückkehr von Erwin Pröll wird planmäßig am Donnerstag gerechnet.