Psychische Erkrankungen
Schutzschirm für die Seele
Expertinnen der TelefonSeelsorge und Primaria Katharina Glück vom Klinikum Wels-Grieskirchen machen auf psychische Erkrankungen aufmerksam, die durch die vielen Krisen in Kombination mit der trüben Jahreszeit ausgelöst werden können. Sie geben Tipps zur Vorbeugung von psychischen Erkrankungen.
OÖ. Wir leben in einer herausfordernden Zeit, eine Krise jagt die andere, und die Krisen sind nicht weit weg so wie es früher war, nicht irgendwo in der Welt, im Fernsehen, sondern betreffen uns unmittelbar. Klimakrise, Coronakrise, Energiekrise, Inflation, Teuerung – all das kann zu Gefühlen wie Ohnmacht, Unsicherheit, Bedrohung und zu Ängsten, Zukunftsängsten und Existenzängsten führen.
Krise trifft auf Wintertief
Zusätzlich werden aktuell die Tage kürzer, oft ist es trüb, neblig und feucht. Der Lichtmangel im Herbst allein führt oft zu Stimmungsverschlechterung und Energielosigkeit bis hin zur saisonalen Depression, die gekennzeichnet ist durch gedrückte Stimmung, Ängstlichkeit, Müdigkeit, erhöhtes Schlafbedürfnis und Heißhunger auf Kohlehydrate. Aktuell verstärken sich die Krisen und die trübe Jahreszeit gegenseitig, beides kann unsere Psyche destabilisieren und letztlich auch zu psychischen Erkrankungen führen.
„In der Akutpsychiatrie hören wir derzeit immer wieder, dass Einsamkeit und Isolation in Folge der Pandemie bei vielen Menschen nachwirken und oftmals mitauslösend für eine aktuelle Episode einer psychischen Erkrankung sind“, sagt Primaria Katharina Glück vom Klinikum Wels-Grieskirchen.
Speziell Depressionen, Angsterkrankungen, Essstörungen und Suchterkrankungen hätten durch die Pandemie deutlich zugenommen. Die Folgen der aktuell herausfordernden Zeit würden vermutlich aber erst mit einer gewissen Verzögerung in der Akutpsychiatrie ankommen.
Einfache Vorsätze
Um den Risikofaktoren entgegenzuwirken, rät Glück zu einfachen Vorsätzen, die zu einem gesünderen Lebensstil führen. Dazu gehören eine ausgewogene Ernährung, Bewegung und Sport, ausreichend Schlaf und regelmäßige soziale Kontakte. Ein wesentlicher Faktor, speziell im Herbst und Winter, ist zudem genügend Tageslicht.
„In der lichtarmen Jahreszeit wird vergleichsweise mehr Melatonin und weniger vom Glückshormon Serotonin ausgeschüttet, was zu Müdigkeit, Energiemangel bis hin zur Depression führen kann. Dagegen hilft: Hinaus ins Freie so oft es geht! Insbesondere, wenn die Sonne scheint, sollte man hinaus, aber auch bei trübem Wetter ist es draußen deutlich heller als in Innenräumen“, erklärt Glück.
Ein weiterer wichtiger Bereich sei der unmittelbare Lebensraum. Gerade in Krisenzeiten sei es wichtig, sich in der eigenen kleinen Welt wohlzufühlen. Herbstliche Dekoration der Wohnung, Kerzenlicht, duftender Tee oder ein Blumenstrauß erfreut nicht nur das Auge, sondern steigert das Wohlbefinden, empfiehlt Glück.
Hilfe holen bei neutralen Zuhörern
Seit Februar und dem Beginn des Ukraine-Krieges seien die Anrufe bei der TelefonSeelsorge deutlich angestiegen, berichtete Barbara Lanzerstorfer-Holzner, Referentin der TelefonSeelsorge OÖ. Bei vielen Telefonaten gehe es um Hoffnungslosigkeit, Einsamkeit und Zukunftsängste.
„Wir spannen zusammen mit den Anrufern und Anruferinnen einen Schutzschirm für die Seele und sprechen über Situationen, die Freude machen und Dinge, die gelungen sind. So können wir die Dankbarkeit und Freude in den Vordergrund rücken“, erklärt Lanzerstorfer-Holzner.
In schwierigen Lebenssituationen sei es am wichtigsten sich außenstehende Hilfe zu holen. „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der TelefonSeelsorge helfen als neutrale Person, ohne dass die Anrufenden Angst vor einer Bewertung haben müssen“, so Lanzerstorfer-Holzner.
Notruf 142 & TelefonSeelsorge-Chat
Unter der Nummer 142 können Anrufende mit einer neutralen Person über ihre Sorgen, Ängste und Nöte sprechen – an allen Tagen des Jahres rund um die Uhr, vertraulich und kostenlos. Wer lieber schreibt, kann sich an die Chatberatung onlineberatung-telefonseelsorge.at wenden.
Silvia Breitwieser, Leiterin der TelefonSeelsorge OÖ ging auf die Jugendlichen und jungen Erwachsenen Menschen ein, die sich vor allem bei der Chat-Beratung der TelefonSeelsorge Hilfe holen:
„Jüngere Generationen suchen sich dort Hilfe, wo sie sich sonst auch bewegen“. Wegen der hohen Nachfrage wurde das Angebot der Chat-Beratung ausgebaut und kann täglich von 16 bis 23 Uhr in Anspruch genommen werden. „Gerade Jugendliche und junge Erwachsene brauchen Menschen, denen sie sich anvertrauen können“, so Breitwieser.
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