Klinikum Wels-Grieskirchen
Wenn die Seele durch den Körper spricht

Ein Beispiel aus der Gruppe der somatoformen Störungen ist die Herzphobie – die Angst, einen Herzstillstand oder einen Herzinfarkt zu erleiden, ohne dass eine körperliche Grunderkrankung besteht. | Foto: tonodiaz/panthermedia
  • Ein Beispiel aus der Gruppe der somatoformen Störungen ist die Herzphobie – die Angst, einen Herzstillstand oder einen Herzinfarkt zu erleiden, ohne dass eine körperliche Grunderkrankung besteht.
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Sich den Kopf zerbrechen, die Nase voll haben, eine Last auf den Schultern tragen – der Volksmund formuliert die Zusammenhänge von Psyche und Körper deutlich. Am Department für Psychosomatik am Klinikum-Standort Grieskirchen stehen psychosoziale Faktoren im Fokus, wenn bei Verdauungsproblemen, chronischen Schmerzen oder Herzbeschwerden keine körperliche Ursache festgestellt werden kann.

Mit einem einfachen Experiment verdeutlicht Departmentleiterin Andrea Mühlbacher die unmittelbare Reaktion des Körpers auf bloße Vorstellungskraft:

"Geben Sie online den Suchbegriff Zitrone ein! Werfen Sie einen Blick auf das erste Bild, schließen Sie die Augen und stellen Sie sich vor, wie Sie in diese gelbe, saftige Zitrone beißen!"

Die Reaktion erfolgt prompt: mehr Speichel, ein Schauer, manche verziehen das Gesicht. "Sie sehen, dass Körper, Geist und Seele untrennbar miteinander verbunden sind", so Mühlbacher.

Am Department für Psychosomatik arbeiten Expertenteams mit Patienten, deren Krankheitsbilder durch diese Wechselwirkungen geprägt sind. Dabei orientieren sie sich am biopsychosozialen Modell, das sowohl körperliche als auch psychische und soziale Faktoren miteinbezieht. Es wird analysiert, wie der Patient mit Problemstellungen umgehen kann und wie sich familiäre und berufliche Lebensbedingungen gestalten.

Alles nur Einbildung?

Ein Beispiel aus der Gruppe der somatoformen Störungen ist die Herzphobie – die Angst, einen Herzstillstand oder einen Herzinfarkt zu erleiden, ohne dass eine körperliche Grunderkrankung besteht, erklärt die Departmentleiterin. Dieses Gefühl kann zu tatsächlichen Störungen des Herz-Kreislauf- und Atemsystems führen. Angst versetzt unseren Körper in Alarmbereitschaft. Die aktivierten Botenstoffe führen zu Herzrasen, Atemnot oder Angstschweiß. Auf diese körperlichen Symptome reagieren die Betroffenen wiederum mit Angst, worauf der Körper erneut reagiert. Daraus kann sich ein Teufelskreis entwickeln.

"Sie sind real für die Betroffenen"

Charakteristisch für die zweite Gruppe, die Somatisierungsstörungen, sind wechselnde körperliche Beschwerden wie Magen-Darm-Probleme, Atemnot, Harndrang, Schmerzen oder Taubheitsgefühle – ebenfalls ohne ausreichende körperliche Ursache. Viele Patienten fragen sich, ob die Beschwerden nur eingebildet seien. Die Expertin verneint:

"Sie sind real und für die Betroffenen sehr belastend. Berufsleben, Familie und Freizeitgestaltung leiden unter erheblichen Einschränkungen, Depressionen und Angststörungen können die Folge sein."

Langer Weg zur Diagnose

Rund zehn Prozent der Bevölkerung sind von psychosomatischen Störungen betroffen, oft Menschen mit hohem Leistungsanspruch. Durchschnittlich vergehen sieben Jahre bis zur Diagnosestellung.

"Die Störungen imitieren körperliche Erkrankungen und machen wiederholte Abklärungen notwendig. Dabei ist es für die Betroffenen frustrierend, immer wieder zu hören, es würde ihnen nichts fehlen. Interessant ist, dass die jeweiligen Symptome eine Funktion erfüllen, sie können zum Beispiel eine Erlaubnis für eine Pause sein", sagt Mühlbacher.

In solchen Fällen ist eine Abklärung am Department für Psychosomatik wichtig. Die Überweisung kann entweder vom Hausarzt oder Facharzt ausgestellt werden. Die Aufgabe des Departments besteht darin, Faktoren zu identifizieren, welche die Erkrankung auslösen oder aufrechterhalten. Dadurch kann der Zusammenhang zwischen den Belastungen, den damit verbundenen Gefühlen und den Reaktionen des Körpers hergestellt werden. Sobald die Auslöser erkannt sind, lernen die Patienten, damit umzugehen. "Es geht in der Psychosomatik nicht darum, dem Körper weniger, sondern der Seele mehr Beachtung zu schenken", schließt Mühlbacher. Am Department in Grieskirchen wird dies durch ein modernes Konzept an vielfältigen Therapieverfahren erreicht.

Veranstaltungstipp:

Das Klinikum-Wissensforum Fokus: Volkskrankheiten informiert interessierte Besucher über weitverbreitete psychosomatische Erkrankungen, bedeutende Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Übergewicht und Diabetes Typ 2, Prävention und Therapie von Arthrose und vieles mehr. Nach dem Vortragsprogramm stehen die Klinikum-Experten für individuelle Fragen und Anliegen der Besucher zur Verfügung.

Klinikum Wissensforum Fokus: Volkskrankheiten
Wann:
28. Februar 2024, 18 Uhr
Wo: Festsaal, Klinikum Wels-Grieskirchen

Weitere Informationen zum Programm: klinikum-wegr.at

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