Medikamentenmangel
"Wir haben nix aus früheren Krisen gelernt"
Schon zu Jahresbeginn hat die BezirksRundSchau über einen Mangel an fiebersenkenden und schmerzstillenden Medikamenten sowie Antbiotika speziell für Kinder berichtet. Die Situation ist nach wie vor problematisch und dürfte sich laut Oberösterreichs Apothekerkammer-Präsident Thomas Veitschegger auch mittelfristig nicht bessern.
OBERÖSTERREICH. "Wir haben nix aus früheren Krisen gelernt", sagt Veitschegger, der im Mühlviertler Bad Leonfelden eine Apotheke betreibt. Schon 2017 sei es bei einem Blutdruckmittel zu einem gefährlichen Engpass in ganz Europa gekommen, weil das Arzneimittel bei der Produktion in China mit krebserregenden Stoffen verunreinigt worden war.
"Damals hätte man sich überlegen müssen: Wie versorge ich die Bevölkerung in Europa künftig mit Arzneien. Aber es ist nix geschehen." Auch jetzt erzeuge die EU zu dem Thema "viel Papier und heiße Luft", löse das Problem aber nicht.
Deutschland prescht mit Arzneimittelgesetz vor
In Deutschland wurde dagegen vergangene Woche ein Gesetzesentwurf von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verabschiedet, der den Kostendruck auf die Pharmahersteller senken und so die nach China und Indien abgewanderte Produktion wieder vor Ort attraktiv machen soll. Es ist vorgesehen, für bestimmte Arzneien die Festbeträge und Rabattverträge abzuschaffen, gerade für Kindermedikamente die Preisregeln zu lockern und verstärkt auf Antibiotika aus europäischer Produktion zu setzen. Zudem sollen von wichtigen Medikamenten Vorräte für drei Monate angelegt werden.
Der deutsche Vorstoß könnte die Engpässe in Österreich zumindest kurzfristig verschärfen, denn: "Indem sie mehr für die Arzneimittel bezahlen, hoffen die Deutschen anscheinend, dass sie im Vergleich zu anderen europäischen Märkten besser beliefert werden", glaubt Oberösterreichs Apothekerkammer-Präsident Veitschegger.
Vorräte anlegen und Preise stabilisieren
Vorräte anzulegen, hält Veitschegger für vernünftig – zumindest die wichtigsten Wirkstoffe für Blutdrucksenker, Antibiotika und Schmerzmittel sollten in den Apotheken oder der Pharmaindustrie vorgehalten werden. Und gerade die Produktion sogenannter Generika müsse durch das Herstellen einer stabilen Preissituation und garantierter Absätze "nach Europa oder besser noch nach Österreich gebracht werden", so Veitschegger. Er zieht einen Vergleich: "Eine Zehner-Packung Paracetamol kostet bei uns in der Apotheke 1,15 Euro. Da kostet ein Kaugummi mehr." Das fiebersenkende und schmerzlindernde Medikament Paracetamol ist ein Genericon – heißt: Ein Nachahmerprodukt eines Originalmedikaments, das nach Ablauf von dessen Patentschutz auf den Markt gebracht und billiger verkauft wird, aber die gleiche Wirkung hat.
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