Landesrat Günther Steinkellner im Interview
„Die Grünen beobachten mich neidvoll“

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Infrastruktur-Landesrat Günther Steinkellner (FPÖ) im Interview – unter anderem zu Öffis, Schwarz-Grün und der FPÖ als Oppositionspartei. Die BezirksRundschau führte das Interview mit Landesrat Steinkellner vier Tage vor dessen positiver Testung auf das Corona-Virus. Abstand und Hygieneauflagen wurden eingehalten. Die Redakteure wurden mehrmals negativ getestet.

Von Thomas Kramesberger und Ingo Till

Die Corona-Krise hat den öffentlichen Verkehr getroffen. Wird es irgendwann wieder volle Züge und Busse geben?
Steinkellner: Mit Sicherheit. Derzeit ist zwar jedes Miteinander ein Problem, aber die Mobilität der Menschen wird sich nicht einschränken lassen und der öffentliche Verkehr trägt die Hauptlast dieser Mobilität. Aktuell wäre es wünschenswert, dass die Homeoffice-Möglichkeiten dazu beitragen, zu Hauptverkehrszeiten Entlastungen zu schaffen. Das würde die Besetzung im öffentlichen Verkehr reduzieren und gleichzeitig für weniger Staus sorgen.

Also mehr Homeoffice, langfristig weniger Kosten für den Individualverkehr und dadurch weniger Kritik von den Grünen?
Als Wirtschafts- und Industriebundesland benötigen wir sowohl Straßen als auch leistungsfähige Verbindungen im öffentlichen Verkehr. Mit der Stadtbahn setzen wir derzeit das größte Bahn- und Klima-Projekt der Nachkriegsgeschichte um. Es gibt also kein „Entweder-oder“, beides ist unbedingt notwendig. Die Grünen waren lange genug in der Koalition und haben nie zustande gebracht, was sie jetzt bei mir neidvoll beobachten. Mit ihnen wären 2019 alle Regionalbahnen zugesperrt worden. Durch den 750-Millionen-Euro-Infrastruktur-Vertrag über die nächsten zehn Jahre, den ich mit dem Bund und den ÖBB verhandelt habe, sind sie gerettet worden. 2016 haben wir das S-Bahn-System eingeführt, während andere immer nur darüber geredet haben. Diese Themen habe ich sukzessive abgearbeitet. Eigentlich bin ich weniger Politiker, ich bin Manager – ich setze um.

Wie ist die Zusammenarbeit mit der Grünen-Verkehrsministerin Leonore Gewessler?
Wir gehen professionell miteinander um. Natürlich würde ich lieber mit ihrem Vorgänger, Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ), zusammenarbeiten. Aber in einer Demokratie kann man sich den Verhandlungspartner nicht aussuchen.

Ein Thema, das seit Amtsantritt der grünen Umweltministerin Leonore Gewessler umstrittener ist, ist die geplante Linzer Ost-Umfahrung. Wie ist derzeit die Lage?
Die strategische Prüfung aller entsprechenden Unterlagen liegt aktuell beim Bundesministerium. Im Zuge dessen wird noch einmal die Notwendigkeit geprüft. Wenn man die Situation des Transitverkehrs von Nord nach Süd betrachtet und Oberösterreich weiterhin ein gefragter Industrie- und Wirtschaftsstandort bleiben soll, dann wird uns nichts anderes übrig bleiben, als die Ost-Tangente zu realisieren.

Ein Bericht des Linzer Kontrollamts hat beim Bau der neuen Linzer Eisenbahnbrücke Mängel offenbart, die Zeit und Geld kosteten. Ist das mittlerweile schon Normalität, dass ein Großprojekt mehr kostet als geplant?
Bei einem derart großen Vorhaben wandelt sich die Kostenschätzung immer mit der Zeit. Oftmals ist dann der anfangs kalkulierte Preis nicht mehr zu halten. 15 Prozent der Kosten für die neue Brücke sind Planungskosten – und trotzdem gibt es Überraschungen. Konkret hat der architektonisch schöne Entwurf etwa die Traglast zu wenig berücksichtigt. Selbige ist aber aufgrund der Stadtbahn-Trasse ein besonders wichtiger Faktor.

Bei der Eisenbahnbrücke hat man sich aber offensichtlich grob verrechnet, etwa was die Lebensdauer betrifft.
Das kann ich nicht beurteilen. Die Planungshoheit war bei der Linz AG, und mit einem französischen Architekten, der eine europaweite Ausschreibung gewinnt, ist es sicherlich nicht einfacher. Manche dieser Ausschreibungen, die nur auf Schönheit abzielen, können eben andere Probleme mit sich bringen.

Soll es beim Namen „Eisenbahnbrücke“ bleiben?
Wenn jeder Eisenbahnbrücke sagt, warum sollte man sie dann umbenennen?

Thema Elektromobilität: Wird vom Land etwas getan, um die Lade-Infrastruktur in Oberösterreich zu verbessern?
Es gibt zahlreiche Projekte, von der Asfinag angefangen bis zu den Bauträgern in Siedlungsgebieten, den Gemeinden und Kommunen. Weiters gibt es privatwirtschaftliche Investitionen, etwa von Tankstellenketten oder Einkaufszentren. Ganz abgesehen von den Möglichkeiten für zu Hause, wo natürlich jeder selbst gefordert ist. In der sauberen, ökologischen Mobilität wird es aber auch wichtig sein, sich nicht nur auf eine Technik zu verlassen und eine gewisse Technologie-Offenheit zu bewahren. Ich bin ein großer Anhänger der Brennstoffzellentechnik und auch des synthetisch hergestellten Treibstoffes, weil dafür die bestehende Infrastruktur genutzt werden könnte. Mit batteriebetriebenen Fahrzeugen wird man im urbanen Bereich vieles abdecken können. Im Schwerlastbereich und bei längeren Distanzen ist das allerdings problematischer – und auch ein batteriebetriebener Schneepflug ist nicht vorstellbar. In diesen Bereichen wird man die vorher genannten Alternativen benötigen.

Wäre ein Elektroauto für Sie als Dienstwagen oder privat denkbar?
Wegen der mangelnden Reichweite wäre das für mich als Dienstwagen kein Thema. Dahingehend besser ausgestattete Elektroautos sind extrem teuer und das kann man dem Steuerzahler nicht zumuten. Privat könnte ich es mir lediglich als Zweitauto vorstellen.

Wenn wir die Wahl im Herbst mal ausblenden: Was gibt es in den nächsten Jahren im Infrastrukturbereich noch zu tun?
Bezüglich Stadtbahn beispielsweise gilt es, effizient weiterzuarbeiten, um das jetzt vor der Geburt stehende Kind auch gut wachsen und gedeihen zu lassen. 2026/27 sollen die ersten – bereits bestellten – Fahrzeuge auf der Lilo-Strecke zum Einsatz kommen. Die erste Strecke wäre relativ schnell verkehrswirksam: Würde man die Lilo zur Medizinischen Fakultät beziehungsweise zum AKH hin verlängern, kämen wir wahrscheinlich schneller voran als auf der anderen Seite, wo sich das Problem der Vorlandbrücke über die Hafenstraße ergibt.

Würde das etwas an der aktuellen Stau-Situation ändern?
Mit Sicherheit. Weil wir dann ein attraktives Verkehrsmittel hätten, in das die Menschen bereits weit außerhalb von Linz einsteigen könnten. Viele bräuchten sich dann gar nicht erst ins Auto setzen. Die Zukunftsvision für die kommenden zehn bis 15 Jahre ist folgende: Aus den Siedlungsgebieten werden autonome Fahrzeuge die Menschen zu den Hauptachsen des öffentlichen Verkehrs bringen. Dort wird umgestiegen und der Fahrgast kommt relativ schnell, bequem und absolut verkehrssicher, ökologisch und klimaneutral zum jeweiligen Ziel. Irgendwann wird das rund um die Uhr möglich sein.

Für die zersiedelte Struktur Oberösterreichs klingt das nicht gerade kostengünstig.
Das ist aber die einzige Chance für eben diese Struktur, weil nur so die Mobilität uneingeschränkt verfügbar sein kann. Derzeit ist das Problem immer der Anschluss. Es gibt großartige Verbindungen, etwa zwischen Linz und Wien. Das Problem ist häufig, dass es die richtigen Anschlüsse nicht gibt, und am Ende steht die Frage, wie man das letzte Stück nach Hause kommt. Der Einsatz von autonomen Fahrzeugen wäre die kostengünstigste Möglichkeit, dieses Problem zu lösen und die Siedlungsgebiete effizient zu erschließen.

Wollen Sie nach der Wahl Landesrat bleiben?
Wenn ich die Unterstützung der Bevölkerung habe, werde ich weiterhin das Infrastruktur-Ressort bearbeiten. Schließlich habe ich noch vieles vor und einiges in der Pipeline – etwa die Mauthausener Brücke, für die wir jetzt erst den Planungsauftrag vergeben haben. Ein weiteres Projekt wäre die Brücke bei Tittmoning im Innviertel und natürlich die Eröffnung der Westring-Brücke 2024, bei der ich gern dabei wäre.

Das heißt, Sie und Manfred Haimbuchner sind fix in der Regierung? Ein dritter Landesrat wird sich ja vermutlich nicht mehr ausgehen.
Zuerst hat der Wähler das Wort, und ich hoffe, dass Manfred Haimbuchner, Wolfgang Klinger und ich, aufgrund unserer Leistung, die nötige Unterstützung finden werden.

Ist die FPÖ besorgt, dass es in OÖ nach der Wahl eine schwarz-grüne Koalition geben könnte?
Nein. Erstens hatten wir Schwarz-Grün schon und zweitens kennen wir die wirtschaftlichen Hemmnisse, die dadurch auf Bundesebene täglich sichtbar werden. Das ist aufgrund der Regierungsperformance kein empfehlenswertes Koalitionsmodell für Oberösterreich. Insbesondere wegen der Verordnungen aus dem Gesundheitsministerium fürchten sich die Menschen schon davor.

Die Freiheitliche Partei hat es in den letzten 15 Jahren zwei Mal „zerrissen“. Woran scheitert die FPÖ?
Die FPÖ ist sehr lange in Opposition gewesen und die Funktionäre sind nach wie vor eher oppositionell eingestellt. Das macht Schwierigkeiten in einer Koalition, denn dort ist Kompromissfähigkeit nötig. ÖVP und SPÖ haben aufgrund ihrer Struktur gewisse Korrektive gegenüber den jeweiligen Partei-Ersten. Man hat dort einen leichteren Machtausgleich, während wir aufgrund der langen Oppositionsstellung immer eine Zuspitzung auf eine oder wenige Personen haben. In Oberösterreich, wo wir dokumentiert 20 Jahre lang nachhaltige Verbesserungen unserer Politik leisten, ist das anders. Wir sind es gewohnt, in der Verantwortung zu stehen und zeigen auch, was wir dort leisten können.

Kann Herbert Kickls harter Kurs gegen die Corona-Maßnahmen für die FPÖ in OÖ zum Problem werden?
Einem Oppositionspolitiker vorzuwerfen, dass er Oppositionspolitik betreibt, ist absurd. Nicht alles wird von der Opposition abgelehnt, aber in einer Zeit, wo eine Verordnung in Umlauf geschickt wird, wonach ein Treffen von vier Personen bereits eine Versammlung ist und man dafür vielleicht auch noch eine Genehmigung braucht, hört sich für mich alles auf. Eigentlich würde ich einen Aufschrei von allen erwarten. Man stelle sich vor, Kickl selbst hätte als Minister eine derartige Verordnung herausgegeben. Mir geht es dabei um die demokratische Grundhaltung. Und was dahingehend derzeit bei den Grünen abläuft, verstehe ich überhaupt nicht mehr.

Ist es nicht bedenklich, wenn Kickl bei einer Demonstration in Wien die Menge aufpeitscht und es dadurch zu Auseinandersetzungen mit der Polizei kommt?
Darüber wurde falsch berichtet. Kickl hat sogar dazu aufgerufen, die Masken zu tragen. Es waren andere, die dann dort schwarz angezogen und vermummt aufgetaucht sind. Dass dieser sogenannte „schwarze Block“ politisch in keinster Weise zu uns gehört, ist bekannt. Es ist eine Aufgabe der Polizei, dieser linksextremen Kräfte habhaft zu werden und sie aus den Demonstrierenden herauszufiltern. Aber es ist eben politisch viel angenehmer, das alles dem rechtsextremen Lager zuzuordnen. Grundsätzlich sind diese Demonstrationen nicht politisch gefärbt – sie gehen durch die gesamte Gesellschaft, vom Kind bis zur Oma.

Wären Sie als Klubchef auf dieser Demo aufgetreten?
Ich habe mich in solchen Fällen immer etwas schwer getan – auch bei den Reden am Urfahraner Markt oder am Rieder Aschermittwoch. Am Ende hat jeder seinen persönlichen Zugang und Stil. Ich selbst bin da viel zu sehr Kopfmensch, denke alles tausendfach durch und schaue, dass ich etwas zustande bringe – deshalb sitze ich hier auch auf dem richtigen Platz. Im Wechsel vom Klubobmann zum Regierungsmitglied musste ich dennoch umdenken und zurückhaltender werden.

Werden Sie sich eigentlich impfen lassen?
Bei gesundheitlichen Themen muss ich aufpassen, deshalb habe ich mit meiner Ärztin gesprochen, und ja, wenn ich dran bin, werde ich mich impfen lassen. Bei anderen Impfungen habe ich auch nicht nachgefragt und ich kenne mich auch nicht aus. Darum vertraue ich dabei auf die ärztliche Empfehlung.

Zum Schluss noch ein Witz:

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Foto: Oliver Hoffmann - stock.adobe.com
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