Kurios: Weibliche Anrede, männliche Endung
Haberlander: "Entweder Landeshauptmann-Stellvertreterin oder Frau Landeshauptmann"

- Landeshauptmann Thomas Stelzer mit Landeshauptmann-Stellvertreterin Christine Haberlander. Lässt man den "-Stellvertreter" weg, bevorzugt Haberlander die Anrede "Frau Landeshauptmann" anstatt "Frau Landeshauptfrau".
- Foto: Land OÖ
- hochgeladen von Thomas Kramesberger
OÖ. In der oberösterreichischen Landesverfassung ist die Position des Landeshauptmanns und dessen zwei Stellvertretern explizit angeführt – Artikel 42, Absatz 2. Bisher wurden diese Funktionen in Oberösterreich stets von Männern bekleidet. Bis heute hieß das Trio: Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP), Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner (FPÖ) und Landeshauptmann-Stellvertreter Michael Strugl (ÖVP). Doch morgen, am 6. Dezember, wird erstmals in der oberösterreichischen Geschichte eine Frau zur Landeshauptmann-Stellvertreterin ernannt: Christine Haberlander (37), in der Landesregierung für Bildung, Gesundheit und Frauen zuständig, folgt Michael Strugl, der in die Privatwirtschaft wechselt. Soweit so normal.
Etwas kurioser wird die Sache allerdings bei Haberlanders genauer Anrede. In der Landesverfassung gibt es explizit nur die Funktion „Landeshauptmann-Stellvertreter“ – ohne das „in“ – also keine korrekte weibliche Bezeichnung. Im normalen Schriftverkehr wird Haberlander aber wohl trotzdem zur „Landeshauptmann-Stellvertreterin“ werden.
Umgangssprachlich: "Frau Landeshauptmann"
Richtig merkwürdig wird es aber bei offiziellen Terminen, bei denen Haberlander ihren Chef Thomas Stelzer vertritt. Umgangssprachlich wird der Landeshauptmann-Stellvertreter bei Terminen, bei denen der „echte“ Landeshauptmann nicht anwesend ist, zumeist nur mit "Herr Landeshauptmann" angesprochen. Der „-Stellvertreter“ wird also meist weggelassen. Folgerichtig müsste man Haberlander mit "Frau Landeshauptfrau" ansprechen – oder? Weit gefehlt! Die gebürtige Ennserin möchte das nicht, sie bevorzugt "Frau Landeshauptmann" – weibliche Anrede, männliche Endung.
„Wenn der Landeshauptmann nicht da ist, dann kann man natürlich Landeshauptmann-Stellvertreterin sagen – oder Frau Landeshauptmann“, sagt Haberlander auf Anfrage der BezirksRundschau.
Ihre Ablehnung der – umgangssprachlichen Verwendung – des Titels „Frau Landeshauptfrau“ habe nichts mit einer Ablehnung von geschlechtsspezifischen Anreden zu tun, sagt Haberlander. Sie verwende in ihren Reden vielmehr regelmäßig die weibliche und männliche Form. Allerdings orientiere sie sich bei ihrer Bezeichnung am Landeshauptmann – und der sei nun einmal männlich.
Auf die Frage, ob nicht eigentlich auch die Ehefrau von Thomas Stelzer – im titelaffinen Österreich durchaus nicht unüblich – die „echte“ Frau Landeshauptmann wäre, muss Haberlander herzlich lachen. „Von dieser Seite habe ich das noch gar nicht gesehen. Aber das sind in Wirklichkeit zwei ganz verschiedene Dinge“, so die Landeshauptmann-Stellvertreterin oder Frau Landeshauptmann in spe.
Historisches Vorbild Waltraud Klasnic?
Für Aufregung bei der geschlechtsspezifischen Bezeichnung von Politämtern sorgte 1996 die steirische Landeshauptfrau Waltraud Klasnic. Sie bestand explizit darauf, als Frau Landeshauptmann angesprochen zu werden.
Anders gelöst hatte man das in Salzburg zur Amtszeit von Gabi Burgstaller. Der damalige Landeshauptfrau-Stellvertreter Wilfried Haslauer wurde – bei Terminen, die er in Vertretung Burgstallers wahr nahm – zumeist mit Herr Landeshauptmann angesprochen.
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