FPÖ-Chef Haimbuchner im Interview
"Unabhängigkeit durch ein paar Windräder? Das ist verrückt"

"Unseren Kindern zu erzählen, dass wir mit ein paar Windrädern, den Industriestandort OÖ unabhängig machen, das ist verrückt!", sagt FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner. | Foto: BRS/Schmid
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  • "Unseren Kindern zu erzählen, dass wir mit ein paar Windrädern, den Industriestandort OÖ unabhängig machen, das ist verrückt!", sagt FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner.
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FPÖ-Chef und Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner ist in der Oö. Landesregierung für Naturschutz und den öffentlichen Wohnbau zuständig. Im Interview mit der BezirksRundschau nennt er seinen Kollegen Stefan Kaineder (Grüne) einen "Windrad-Theologen", der Gallneukirchner-Baulanddeckel werde "ein Bauchfleck" werden. Das umstrittene Video der FPÖ-Jugend findet er "gut".

Interview: Thomas Kramesberger

Die Bauwirtschaft ist derzeit in der Krise. Kommt im Herbst der große Einbruch?
Haimbuchner:
Der Einbruch ist schon da. Deswegen haben wir in Oberösterreich sehr vorausschauend reagiert und es wird ein sehr großes Bauprogramm im sozialen Wohnbau umgesetzt. Das Neubauvolumen beträgt 135 Millionen Euro, das ist die höchste Summe, die Oberösterreich je zur Verfügung gestellt hat.

Es gibt die Forderung nach Hilfen der öffentlichen Hand. Wird das Land was machen?
Im Eigenheimbereich muss man sich ansehen, warum dieser schwächelt. Da bringt ein Konjunkturpaket per se nichts. Es hat in erster Linie die KIM-Verordnung dazu geführt, dass Menschen, die bauen wollen, keine Finanzierung bekommen. Dieses Problem kriegt man nur in den Griff, wenn die KIM-Verordnung abgeschafft wird. Um aber jetzt zu helfen, bieten die Hypo OÖ und das Land OÖ jetzt einen gestützten Kredit mit 2,95 Prozent fixer Verzinsung an – da gibt es nichts Vergleichbares in Österreich. 

Es ist auch ohne KIM-Verordnung in vielen Regionen des Landes unleistbar geworden, ein Haus zu bauen, eine Wohnung zu kaufen oder nur ein Grundstück. Gallneukirchen hat zuletzt etwa ein Modell vorgestellt, das Baulandpreise deckelt.
Das wird ein großer Bauchfleck werden. Die linke Politik, die bisher alles getan hat, dass Grundstücke teuer werden – die denken dann, sie lösen ein Problem mit einem Eingriff der Politik. Bestimmt in Gallneukirchen dann die Gemeinde, wer einen Grund bekommt? Möchten Sie das? Wer will in einer Welt leben, in der man von einem politischen Gremium abhängig ist, wenn man ein Grundstück kaufen möchte? Wenn, dann kann man nur im Rahmen der Flächenwidmung zu einem Preisdeckel kommen. Das verstehe ich, das würde ich auch begrüßen. Nur wird es dann manche Grundstückeigentümer geben, die dann ihr Grundstück nicht in Bauland widmen, weil sie das Geld nicht brauchen.

Foto: BRS/Schmid

Was hätte die FPÖ bei der Bekämpfung der Teuerung derzeit anders gemacht als die Bundesregierung?
Wir hätten bei den Corona-Hilfen anders agiert, denn da wurde so viel Geld in den Markt geschwemmt, dass das noch immer nachwirkt. Es gab Förderungen für Bereiche, die das überhaupt nicht nötig hatten. Und auch die Investitionsförderung hat zu der derzeitigen Teuerung beigetragen. Aber was die Politik machen hätte sollen, ist ein zeitlich begrenzter, bundesweiter Deckel der Energiepreise. 

Herbert Kickl hat gesagt: „Die für die Landesenergieversorger verantwortlichen Politiker hätten es in der Hand, die Energiepreisabzocke abzustellen“. Sie tragen Verantwortung in OÖ, hätten Sie also über die Energie AG handeln müssen?
Das hätte nur bundesweit passieren können, sonst hätte man einen Landesenergieversorger in Schieflage gebracht. Aber natürlich hat es die Politik in der Hand, das ist richtig. Man hätte einen bundesweiten Deckel machen müssen. Aber man muss trotzdem im Auge haben, wie bei einem Preisdeckel die Milliarden-Investitionen für die Energiewende gemacht werden und die Versorgungssicherheit muss auch gegeben sein.
Noch wichtiger wäre es aber, die Steuern zu senken. Die Lohn- und Einkommenssteuer gehört massiv gesenkt, nur dann hat der Bürger echte Freiheit – und ich lehne auch diese Gutscheinpolitik der Regierung völlig ab.

Themenwechsel: Sie sind mittlerweile bekannt dafür, kein Fan von Windrädern zu sein. Warum eigentlich?
Ich bin einfach ein Realist und kein Utopist, wie der "Windrad-Theologe" und Grünen-Chef Stefan Kaineder. Oberösterreich hat einen Gesamtenergieverbrauch von 65 Terawattstunden, 100 Windräder würden 0,9 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs ausmachen. Außerdem haben wir aufgrund der Abstandsbestimmungen fast keinen Platz für Windräder. Da geht es gar nicht um den Natur- oder Artenschutz, sondern um Menschenschutz. Im Regierungsprogramm ist klar festgelegt: Die bestehenden Windkraftanlagen gehören erneuert. Man kann natürlich auch prüfen, ob bestehende Windparks erweitert werden können – denn ob es 15 oder 25 neue Windräder gibt, das ist völlig nüchtern zu beurteilen. Man soll jedenfalls dort bauen, wo die Möglichkeiten da sind.

FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner sitzt seit 2009 in der oö. Landesregierung. | Foto: BRS/Schmid
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Am Saurüssel im Bezirk Vöcklabruck wären die Möglichkeiten da. 15 Bürgermeister haben für einen Windpark unterschrieben, der Grundeigentümer ist dafür, die Abstandsgrenzen würden eingehalten. Trotzdem sind Sie dagegen – warum?
Da bin ich massiv dagegen, dort kommt ein Windpark nicht in Frage. Kennen Sie die Gegend dort? Gefallen Ihnen dort 200 Meter hohe Windräder? Für 0,0-irgendwas Prozent mehr Strom die Landschaft völlig zu zerstören? Dafür bin ich nicht bereit.

In Ohlsdorf gibt es derzeit eine Mondlandschaft, da hat man 190.000 Quadratmeter Wald weggeräumt – realisiert wurde dort nichts. Aufschrei der FPÖ habe ich keinen gehört.
Das ist neben einer Autobahn. Wenn man neben einer Autobahn kein Betriebsbaugebiet mehr machen kann, wo soll es sonst noch gehen?

Also wenn man neben der Autobahn Windräder hinstellen würde, wäre es okay?
Nein. Neben der Autobahn soll ein Gewerbegebiet entstehen, das die Gemeinde selber gewidmet hat. Und dort wo es vermeintlich große Windrad-Befürworter gibt, gehen Volksbefragungen oder Abstimmungen im Gemeinderat (in Lohnsburg, Bezirk Braunau, Anm.) negativ aus. Also offensichtlich kommt diese ständige Propaganda für die Windkraft beim Bürger nicht an. Oberösterreich ist einfach nicht „das Windkraftland“ – das ist so. 

Landesrat Kaineder (Grüne) hat im Interview gesagt, dass er Windparks, die umweltfreundlich gebaut werden können, genehmigen wird und die ÖVP-FPÖ-Koalition nichts dagegen machen könne.
Das ist eine sehr interessante Ansage des Theologen – ich bin aber der Jurist.

Es gibt keine Windkraft-Zonierung in OÖ, deshalb könnten, nach positivem UVP-Verfahren, Windparks genehmigt werden.
Warum macht er es dann nicht? Weil die fachlichen Stellungnahmen negativ sein werden.

Aber es gibt ein neues UVP-Gesetz und eine EU-Verordnung, die den Ausbau erneuerbarer Energien als wichtiger beurteilen als den Naturschutz.
Wo steht das im UVP-Gesetz? Das müssen Sie mir zeigen. Aber ich kann Ihnen eines sagen: Das wird der Herr Kaineder nicht tun! Denn dann müsste er sich über die fachlichen Kriterien hinwegsetzen und mit Weisungen arbeiten. Das wird nicht funktionieren. Der Kollege wird großen Widerstand erfahren, nicht nur durch mich, sondern das wird auch rechtlich sehr interessant. Oder will der Kaineder dann einfach über die Gemeinden als Flächenwidmungsbehörde drüber fahren? 

Also Sie haben keine Bedenken, dass an Ihnen vorbei Windparks in OÖ entstehen?
Ich habe Bedenken, dass über die Köpfe der Bürger hinweg Politik gemacht wird. Man kann sich einfach die Karte des oö. Umweltanwalts ansehen (zeigt auf die Karte). Die rote Fläche ergibt sich nur aus den Abstandsbestimmungen, da ist noch gar kein Naturschutz eingerechnet. Ich wünsche dem Kollegen Kaineder viel Vergnügen! Die Landschaft zu opfern und abhängig zu werden – für nicht einmal ein Prozent des Energiebedarfs?

Sie sprechen von Primärenergie, betrachtet man nur den Strom, wäre die Rechnung anders.
Nein, nicht Primärenergie, die Gesamtenergie! Für nicht einmal ein Prozent der Energie bei 100 Windrädern, und dafür opfern wir die letzten Landschaftsteile in Oberösterreich? Das war immer schon ein Problem von Sekten – das ist ja mittlerweile echt eine Glaubensgeschichte geworden.

Also: Ist es besser in Molln (Bezirk Kirchdorf) nach Gas zu bohren, als 100 Windräder in Oberösterreich aufzustellen?
Vernünftig ist, Gas als Brückentechnologie anzuerkennen. Ohne Gas wird einfach nichts gehen. Ja, diese Gasvorkommen müssen gehoben werden. Das ist sauberes Gas, macht uns unabhängiger und ohne Gas funktioniert es nicht.

Oberösterreich importiert die Energie dann, die wir nicht selber produzieren wollen?
Wir haben immer schon Energie importiert, anders wird es nicht funktionieren. Und wer glaubt, man kann in ganz Österreich 420 Terawattstunden Energie selbst erzeugen, dem ist einfach nicht mehr zu helfen. Wir werden durch die Energiewende noch abhängiger vom Ausland – abhängiger von Atomstrom. Diese gesamte Elektrifizierung ist völlige Abhängigkeit von Atomstrom. Es ist den Grünen offenbar lieber, dass wir vom Atomstrom abhängig sind, als selber unsere Gasvorkommen entsprechend zu heben. Ohne Gas geht es einfach überhaupt nicht! Wer die These aufstellt, dass wir den Wirtschaftsstandort Österreich völlig dekarbonisieren können, dass wir den ganzen Energieverbrauch von 420 Terawattstunden ohne Gas schaffen – der ist verrückt!

Wenn man es nicht zu 100 Prozent mit Erneuerbaren machen kann, dann zahlt es sich gleich gar nicht aus, die Erneuerbaren auszubauen?
Nein, das sage ich nicht. Ich bin dafür die Erneuerbaren auszubauen, aber dafür brauchen wir Pumpspeicherkraftwerke, da gibt es zwei Projekte in Oberösterreich, die bis heute nicht realisiert sind. Und was machen wir, wenn Windräder nicht laufen? Wo ist dann die Versorgungssicherheit? Dann brauchen wir wieder Gas oder Pumpspeicher. Und, eines sage ich sehr deutlich: Ich lasse mich auf dieses Framing der Medien nicht mehr ein, ich bin kein Verrückter! Unseren Kindern zu erzählen, dass wir mit ein paar Windrädern, den Industriestandort OÖ unabhängig machen, das ist verrückt!

Anderes Thema zum Schluss: Haben Sie das neue Video der FPÖ-Jugend schon gesehen?
Ich habe Ausschnitte gesehen.

Und?
Gutes Video! Das hat für Aufruhr gesorgt, also ist der Wunsch der Freiheitlichen Jugend in Erfüllung gegangen.

Sie sehen sich selbst als bürgerlicher Politiker. Ist sowas in Ihrem Sinn?
Was ist so schlimm an diesem Video?

Foto: BRS/Schmid

Es sind einschlägige Fackelzüge drinnen und jeder, der mal ein Geschichtsbuch aufgeschlagen hat, weiß, was welche Assoziation Videos vom Heldenplatz mit Blick auf den „Führerbalkon“ haben.
Es gibt Millionen von Touristen, die dort auch filmen und Fotos machen.

Das hat für Sie also keine Hitler-Konnotation?
Wenn das die alleinige Konnotation ist, dürfte man sich am Heldenplatz nicht mehr bewegen. Zum Fackelzug: Beim großen Zapfenstreich von Kanzler Angela Merkel hat es auch Fackeln gegeben. Und noch dazu in Deutschland, kann man sich das vorstellen? Deshalb sind die Fackeln ein blödes Argument. Ich diskutiere über Videos jedenfalls nicht mehr, auch nicht über Videos von Mittelmeer-Inseln. Das ist Polit-Kindergarten.

Also ist das Video für Sie nicht mit den Identitäten vergleichbar?
Ich bin seit 14 Jahren in diesem Land in Verantwortung, habe Milliarden Budgets verantwortet, aber über Videos können wir an anderer Stelle diskutieren – das interessiert mich nicht.

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