Verordnung wackelt
Wolfs-Abschuss in Oberösterreich ab 1. Juli in Frage gestellt
Durch eine Verordnung sollte es in Oberösterreich ab 1. Juli 2023 möglich sein, sogenannte Problemwölfe als letztes Mittel abzuschießen. Aber: Laut WWF stellt eine aktuelle Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes die Rechtmäßigkeit der Verordnung in Frage, weil anerkannte Umweltschutzorganisationen in das Entstehen der Verordnung hätten eingebunden werden müssen.
OBERÖSTERREICH. Die am 26. Juni beschlossene Wolfsmanagement-Verordnung des Landes Oberösterreich sieht vor, dass nur jene Wölfe geschossen werden dürfen, die ein "gefährliches Verhalten" gegenüber Menschen zeigen oder jene, die sich auf die Jagd von Nutztieren "spezialisiert" haben – sogenannte "Schadwölfe". Damit solle sie den strengen Schutzrichtlinien für Wölfe entsprechen, aber gleichzeitig die Nutzung der Natur als Naherholungsraum und die traditionelle Tierhaltung auf Almen und Weiden weiterhin ermöglichen. Die Entscheidung, ob ein Wolf als sogenannter "Schadwolf" abgeschossen wird, liegt jedoch nicht mehr bei der Behörde, sondern bei den Jägern selbst.
Verwaltungsgerichtshof: Umweltorganisationen einbinden
Der WWF sieht Verordnungen wie jene in Oberösterreich allerdings durch eine aktuelle Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes in Frage gestellt. Diese bezieht sich zwar grundsätzlich auf die niederösterreichische Fischotter-Verordnung 2019, darin habe der Verwaltungsgerichtshof laut WWF jedoch "klargestellt , dass anerkannte Umweltschutzorganisationen grundsätzlich bereits an Behördenverfahren, in denen Normen des EU-Umweltrechts betroffen sind, beteiligt werden müssen. Zudem muss es einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz geben. Das gilt auch in Verfahren zu Verordnungserlassungen." Damit habe die Entscheidung weitreichende Folgen für Verordnungen zur Tötung streng geschützter Arten wie Wölfe, Biber und Fischotter in mehreren Bundesländern. “Das ist ein Meilenstein für den bröckelnden Artenschutz in Österreich und ein klares Signal für eine rechtskonforme und lösungsorientierte Politik in den Bundesländern”, sagt Christian Pichler, Artenschutzexperte beim WWF Österreich.
Argumentation der Umweltschützer
Laut der Aarhus Konvention hätten Umweltschutzorganisationen nicht nur das Recht, in die Entnahmeverfahren von streng geschützten Tierarten eingebunden zu sein, sondern diese auch auf ihre Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht überprüfen zu lassen. Durch die Verordnungen sei das Beschwerderecht zuletzt ausgehebelt worden, hatten die Organisationen WWF Österreich und Ökobüro – Allianz der Umweltbewegung in einer außerordentlichen Revision an das Höchstgericht gewandt. “Das Erkenntnis ist angesichts des seit Jahren laufenden Vertragsverletzungsverfahrens in Zusammenhang mit der Umsetzung der Aarhus Konvention in Österreich keine Überraschung. Umgehungskonstruktionen wie die Verordnungspraxis im Artenschutzrecht wurden zuletzt von der Europäischen Kommission explizit gerügt. Jetzt hat der Verwaltungsgerichtshof dieser Praxis einen Riegel vorgeschoben und klargestellt, dass Umweltschutzorganisationen einen unionsrechtlich gebotenen Anspruch auf Überprüfung umweltbezogener Bestimmungen haben”, erklärt die Umweltjuristin Lisa Schranz von Ökobüro.
WWF und Ökobüro fordern nun eine vollständige, rechtskonforme Umsetzung der Aarhus-Konvention in den Bundesländern und eine Rückkehr zur strengen Auslegung der Ausnahmetatbestände vom strengen Schutz. „Generell stellt eine Verordnung keine korrekte Rechtsform für die Entnahme nach den Vorgaben des Unionsrechts dar. Für die Entnahmen fehlt eine europarechtlich verpflichtende Einzelfallprüfung durch die Behörde”, so die Umweltjuristin Lisa Schranz.
Statement der zuständigen Landesrätin
Aus dem Büro der zuständigen Landesrätin Michaela Langer-Weninger (ÖVP) heißt es, dass man noch keine konkrete Stellungnahme zum VwGH-Entscheid abgeben könne. Jedoch wolle man die Fischotterentscheidung umgehend von der Fachabteilung hinsichtlich der Relevanz für OÖ prüfen lassen.
Eine direkte Auswirkung auf die Wolfs-Verordnung sehe man allerdings (noch) nicht: Im Vorfeld hätten Juristen die rechtliche Lage umfassend eruiert und seien der Meinung, dass "Mitgliedsstaaten vom Schutzstatus abweichen können, wenn es keine anderweitig zufriedenstellende Lösung gibt und die Population trotz der Ausnahmeregelung in einem günstigen Erhaltungszustand verbleibt".
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