AKOÖ
Elternschaft als Grund für Diskriminierung
Eltern sowie Frauen und Männer, die eine Familie gründen wollen, haben im Berufsleben oft mit Benachteiligungen zu kämpfen. Um dieser Problematik auf den Grund zu gehen, führte die Arbeiterkammer Oberösterreich gemeinsam mit der Abteilung für Empirische Sozialforschung der Johannes Kepler Universität eine Online-Befragung durch, an der rund 400 Beschäftigte teilnahmen.
OÖ. Die Ergebnisse zeigen: (Potenzielle) Eltern sind Diskriminierungen ausgesetzt und werden oft vor die Wahl gestellt: Kind oder Berufstätigkeit?
Die Rechtsberaterinnen und Rechtsberater der Arbeiterkammer Oberösterreich wissen, dass eine (potenzielle) Elternschaft in der Arbeitswelt oft als Risikofaktor eingestuft wird. Das führt zu Benachteiligungen der Betroffenen. Um die Gründe dafür herauszufinden, wurden im Mai 2022 oberösterreichische Beschäftigte zwischen 20 und 45 Jahren mit und ohne Kindern zur Teilnahme an einer Online-Befragung eingeladen.
Die Fragen umfassten Einschätzungen und eigene Erfahrungen mit Diskriminierung in Bezug auf Elternschaft in der Arbeitswelt. Zur Analyse standen schließlich die Aussagen von rund 400 Beschäftigten zur Verfügung. Die Befragung wurde in Zusammenarbeit mit der Abteilung für Empirische Sozialforschung der Johannes Kepler Universität Linz abgewickelt.
Familienplanung beim Vorstellungsgespräch
Die Benachteiligung beginnt oft schon beim Vorstellungsgespräch. Besonders junge Frauen, bei denen die theoretische Möglichkeit besteht, schwanger zu werden, erleben diskriminierendes Verhalten. Sie laufen Gefahr, nur aufgrund ihrer biologischen Voraussetzungen gekündigt zu werden oder eine Anstellung erst gar nicht zu bekommen. So geben 46 Prozent der befragten Frauen an, dass sie bereits im Rahmen von Vorstellungsgesprächen direkt oder indirekt gefragt wurden, ob sie in den nächsten Jahren planen, Kinder zu bekommen.
Arbeitsplätze mit Leitungsfunktion zu bekommen, scheint für potenzielle Eltern – und hier besonders für Frauen – eine besonders große Hürde zu sein. Eine Befragungsteilnehmerin beschreibt:
„Habe mich für eine leitende Position beworben; mir wurde gesagt (…) ich wäre super für die Stelle – nur können sie weibliche Bewerbungen nicht in Betracht ziehen, weil in ein paar Jahren sicher eine Schwangerschaft ansteht.“
Hürden beim Wiedereinstieg
Mütter und Väter, die nach einer Elternkarenz wieder ins Berufsleben zurückkehren, finden sich häufig in benachteiligten Situationen wieder. Bisherige Ressourcen, wie Diensthandy, Firmenauto oder Laptop, stehen nun plötzlich nicht mehr zur Verfügung. Auch müssen sie mit weniger günstigen Arbeitszeitmodellen Vorlieb nehmen.
Oft kehren Eltern, hier besonders Frauen, in Form von Teilzeitarbeit ins Berufsleben zurück. Auch das kann Grund für Benachteiligungen sein. Knapp die Hälfte (46,6 Prozent) der Teilnehmer hat nach einer Stundenreduktion weniger Aufstiegschancen im Betrieb erlebt. Die meist genannte Erfahrung der Befragten nach der Rückkehr aus der Elternkarenz war mit 27,5 Prozent die Einschränkung ihrer beruflichen Entscheidungsbefugnisse. Rund 23 Prozent der Befragten waren mit einer Verschlechterung der Arbeitsumgebung (z.B. kleineres Büro) oder hinsichtlich der verfügbaren Arbeitsmittel (z.B. Diensthandy, Laptop, Dienstauto) konfrontiert. Weniger Freiheiten in Bezug auf die Arbeitszeit wurden von 16,7 Prozent angeführt. Als Beispiel wurden unter anderem Einschränkungen in Zusammenhang mit der Gleitzeit genannt. Aber auch Schwierigkeiten bei der Vereinbarkeit von Beruf und Betreuungspflichten (z.B. keine Möglichkeit für Home-Office) wurden von knapp 14 Prozent angeführt.
Vaterrolle ändert sich – nicht aber das Arbeitsumfeld
Gesellschaftlichen Veränderungen, die in Richtung einer aktiveren Vaterrolle gehen, stehen strukturelle Schranken entgegen. Das reicht von Spott und Schikane gegenüber Vätern in Karenz bis hin zur Unterstellung, dass Eltern in Teilzeit schlechtere Arbeitsleistungen erbringen. Viele Väter nehmen daher Notlösungen in Kauf, um unangenehme Situationen zu meiden: „Ich gehe lieber in Urlaub statt um Papamonat zu fragen, das spart mir Ärger mit dem Arbeitgeber und den Kollegen“, so ein betroffener Vater in der Beratung der Arbeiterkammer.
„Die Befragung und auch unsere tägliche Beratungsarbeit zeigt, dass wir noch weit weg von einer echten Geschlechtergerechtigkeit sind. Damit sich das Modell einer fair geteilten Elternkarenz durchsetzen kann, braucht es ein familienfreundliches Umfeld im Betrieb. Mütter und Väter müssen beim Wiedereinstieg nach der Elternauszeit unterstützt werden. Da sind die Dienstgeber am Zug“, sagen Birgit Mock, Stabstelle für Frauen- und Gleichstellungspolitik der AK OÖ und AK-Präsident Andreas Stangl.
Die Arbeiterkammer Oberösterreich fordert daher Reformen für eine familienfreundliche Arbeitswelt und den Ausbau qualitätsvoller Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen. Familie und Berufstätigkeit dürfen sich nicht gegenseitig ausschließen.
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