"In der Rohölproduktion sind wir autark"

Foto: Eric Krügl
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Markus Mitteregger, geboren in Linz und aufgewachsen in Kremsmünster, ist Generaldirektor der RAG Rohöl-Aufsuchungs Aktiengesellschaft mit Sitz in Wien. Das Unternehmen mit knapp 400 Mitarbeitern wurde im Jahr 1935 gegründet und machte im Vorjahr einen Umsatz von 450 Millionen Euro.

BezirksRundschau: Versorgungssicherheit ist zurzeit ganz aktuell. Stichwort Ukraine-Krise. Wie ist es um die Versorgungssicherheit mit Öl und Gas In Österreich bestellt?
Markus Mitteregger: Aus der Öl-Krise in den 70er-Jahren hat man viel gelernt. Seit damals wird auch Öl gelagert. Wir als RAG Austria haben zehn Prozent der Vorräte in Östereich gelagert. 90 Prozent des benötigten Öls in Österreich wird importiert. Ein Viertel davon liegt auf Lager. Beim Öl haben wir eine Situation, mit der wir gut umgehen können. Jeder, der tankt, zahlt einen Cent pro Liter für die Lagerung. Wir haben in Oberösterreich ja auch eine Eigenproduktion und damit auch einen Deckungsgrad von zehn Prozent Eigenversorgung. Auf diesen Rohstoff Öl sind ja auch viele Unternehmen in Oberösterreich angewiesen. Aus Öl macht man Kunststoffe, Dämmstoffe, Lacke oder Pharmazeutika. Und bei der Rohölproduktion, die in die Weiterverarbeitung geht, sind wir in Oberösterreich autark. Die Ukraine-Krise ist ja auch eine Wiederholung. Das gab es schon 2006 oder 2009. Wir haben reagiert, indem wir Speicherkapazitäten erweitert haben. Wir betreiben in Oberösterreich und Salzbrug Erdgasspeicher mit 5,7 Milliarden Kubikmetern Fassungsvermögen. Damit sind wir viertgrößter Gasspeicherbetreiber in Europa. Haushaltskunden sind ja per Gesetz geschützt, haben also Versorgungssicherheit.

Planen Sie die Erweiterung der Gasspeicher, auch hier in Oberösterreich?
Wir bauen nicht blind in den Markt hinein. Wenn es sich wirtschaftlich vertreten lässt, dann ja. Potenzial hätten wir für weitere zwei Milliarden Kubikmeter.

Wie hoch ist der Importgrad bei Erdgas?
Circa 80 Prozent. Wir beziehen Gas aus Norwegen, Russland, Algerien und Libyen. Ein bisschen was kommt über Flüssiggas. Das wird sich so bald nicht ändern.

Wie lange halten die Öl- und Gasvorräte in Österreich?
80 Prozent dessen, was wir fördern, haben wir in den vergangenen zehn Jahren gefunden. Wenn man nur intensiv danach sucht, können wir unser Niveau bei Öl sicherlich noch die nächsten 30, 40 Jahre halten.

Und bei Erdgas?
Da schaut es ähnlich aus wie beim Öl. Das ist aber enorm preisabhängig.

Inwieweit?
Wir unterscheiden da zwischen Ressourcen und Reserven. Ressourcen sind das, was vorhanden ist. Und Reserven das, was sich auch wirtschaftlich vetretbar fördern lässt. Steigt der Ölpreis, werden Ressourcen zu Reserven, weil sich die Wirtschaftlichkeit der Förderung darstellen lässt.

Wo sucht die RAG derzeit nach Öl und Gas?
Im Raum Steyr, Bad Hall oder Schwanendstadt. Also überall dort, wo wir auch heute schon Öl und Gas fördern. Technisch ist auch viel mehr machbar als früher. Wir können ja beispielsweise um die Kurve bohren.

Wie lange dauert es, bis man von der Entdeckung des Erdgases auch dieses tatsächlich fördert?
Da müssen Sie mit etwas fünf Jahren rechnen.

In den USA setzen die Energieversorger auf Fracking. In Europa ist das verpönt.
Wir haben schon im Jahr 2009 Probebohrungen für Shale-Gas in einem prinzipiell sehr günstigen Gebiet in Polen durchgeführt. Aber es hat sich gezeigt: das ist nicht wirtschaftlich.

Wie ist die Situation in Österreich?
Da ist es derzeit schon gar nicht wirtschaftlich. In Oberösterreich haben wir diese Gesteinsformationen gar nicht. Wenn es die geben würde, lägen die tief unter den Alpen. Und da wird man nicht bohren. Aus unserer Sicht ist es wirtschaftlich nicht rentabel. Bei der konventionellen Methode kann das Gas – wenn man Glück bei der Bohrung hat – kilometerweit bis zum Bohrloch fließen. Beim Fracking beträgt der Radius maximal hundert Meter.

Power to Gas steckt noch in den Kinderschuhen.
Die Gasgewinnung aus Strom gehört noch in den Forschungsbereich. Wir haben ein Projekt in der Nähe von Attnang-Puchheim, das sehr vielversprechend ist. Das hilft beispielsweise, um die Haltbarkeit von Wind- und Sonnenenergie nachzuweisen, wenn aus Strom Gas gewonnen wird. Das ist einer der Wege zur erneuerbaren Mobilität. Wir überlegen uns ja, was in 80 Jahren sein wird. Wir versuchen heute – als viertgrößter Gasspeicherunternehmen Europas – nachhaltig zu denken. Wenn das natürliche Erdgas ausgeht, stellt sich ja die Frage was mit den derzeitigen Speichern geschehen soll. Daher muss in dem Bereich noch viel geforscht werden, um biepsielsweise die Wirkungsgrade zu verbessern.

Stichwort Mobilität. Da hat man derzeit den Eindruck, dass Elektroautos in puncto Attraktivität den Erdgasautos den Rang abgelaufen haben.
Da muss man aufpassen, was man liest und wie die tatsächlichen Verkaufszahlen aussehen. Die meisten Leute wollen darüber reden, kaufen aber doch das klassische Benzinfahrzeug.

Gaskraftwerke sind unrentabel und das Stromnetz in Europa gilt laut Experten als labil.
Die Entwicklung ist eigenartig. Die CO2-Bilanzen gehen kaum runter und wir verfeuern immer mehr Kohle. Wenn man erneuerbare Energieträger zur Stromgewinnung baut, muss man auch Ausgleichskraftwerke bauen. Bei Öl und Gas hatten und haben wir schon Krisen, weshalb wir die ganzen Speicher haben. Ich warte ja schon auf den Anlassfall, wenn das Stromnetz ausfällt und die Politik reagieren muss. Es mehren sich die Stimmen, dass es immer enger wird.

Wann kommt es zum großen Blackout?
Meiner Meinung nach in zwei, drei Jahren. Und dann werden Gaskraftwerke die große Reserve sein. Dann wird man die Gaskraftwerke auch wieder brauchen. Und wir brauchen Ausgleichskraftwerke zu den erneuerbaren Energieträgern wie Wind und Sonne. Das sagt mir schon die Nacht.

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