Interview
Landesrat Achleitner: "Vorsicht und Zuversicht – wir müssen in Schwung kommen"

Standort-Landesrat Markus Achleitner: Zweites Hilfspaket des Landes Oberösterreich ist möglich. | Foto: Land OÖ/Daniel Kauder
  • Standort-Landesrat Markus Achleitner: Zweites Hilfspaket des Landes Oberösterreich ist möglich.
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Wirtschafts- und Sport-Landesrat Markus Achleitner spricht im Interview mit BezirksRundschau-Chefredakteur Thomas Winkler über die "dramatischen Auswirkungen" der Corona-Krise auf den Wirtschaftsstandort Oberösterreich, darüber, welche Maßnahmen getroffen wurden und wie es weitergehen soll.

BezirksRundschau: Wie sieht die Diagnose für den Wirtschaftsstandort Oberösterreich aus?
Achleitner:
Die Maßnahmen der Bundesregierung waren aus gesundheitlicher Sicht notwendig, die Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort aber dramatisch und jetzt geht es um ein Wiedergesunden des Systems.

Was ist für eine Erholung notwendig?
Es braucht jetzt eine Mischung aus Vorsicht und Zuversicht – das ist das Gebot der Stunde. Wir können uns nicht auf Dauer einsperren sondern müssen schauen, wie wir mit dem Virus lebend die Wirtschaftsbereiche wieder in Betrieb nehmen können. Es müssen alle Bereiche wieder in Betrieb kommen. Der Tourismus ist ja die am meisten gebeutelte Branche. Jede Woche, die wir früher wieder aufsperren können, zählt – da geht es nicht nur um die Gastronomie, sondern genauso um Hotellerie, Tierparks, Bäder, Seilbahnen, Museen, die Schifffahrt. Aber alles natürlich mit flankierenden Maßnahmen zum Schutz der Menschen. Die Landsleute haben bisher viel Eigenverantwortung gezeigt und dass sie sorgsam umgehen, sie haben innerhalb von fünf Wochen ihr Verhalten angepasst.

Klarheit vom Bund gefordert

Was kann die Politik jetzt tun, um die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen?
Es muss jetzt so schnell als möglich auf Bundesebene Klarheit geschaffen werden, unter welchen Voraussetzungen was möglich ist – die Politik muss die Bahnen vorgeben, innerhalb der die einzelnen Wirtschaftsbereiche sich bewegen können. Sie hat aber schon viel geschafft, etwa mit der Kurzarbeit. In Oberösterreich gibt es 16.000 Anträge von Firmen für rund 150.000 Mitarbeiter – da geht es um rund eine Milliarde an Entlastung für die Firmen. 9000 Anträge wurden schon bearbeitet, das Arbeitsmarktservice leistet hier großartige Arbeit.

Es gibt ja eine Vielzahl an Paketen für die Unternehmen – trotzdem kommen vereinzelt Klagen, dass Unternehmen durch die Maschen der Auffangnetze fallen.
Es gibt die Maßnahmen des Bundes und dazu das Paket des Landes Oberösterreich über 580 Millionen Euro, das abdeckt, was vom Bund nicht abgedeckt wird. Es freut mich, dass es im Landtag einstimmig angenommen worden ist. Es kann sein, dass manche Unternehmer nicht wissen, welche Unterstützung sie in Anspruch nehmen können. Dafür haben wir aus der Standortagentur Business Upper Austria eine Unternehmens-Taskforce gegründet, die Auskunft über die Hilfspakete gibt. Sie ist unter der Nummer 0800/449966 erreichbar.

Was jeder für die heimische Wirtschaft tun kann

Welchen Beitrag können die Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher leisten, um die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen?
Erstens bei den kleinen Geschäfte einkaufen, beim Fleischer ums Eck, beim Bäcker am Land. Das ist eine Win-win-win-win-Situation: Wir helfen damit dem Unternehmer, wir helfen den Mitarbeitern, wir helfen den Lieferanten bis hin zu den Bauern. Und wir haben als Konsumenten hochwertige regionale Lebensmittel auf dem Tisch. Wir haben es in der Krise wertschätzen gelernt, dass wir regional einkaufen können und bei den Lebensmitteln nicht international abhängig sind – ich hoffe, das geht über die Krise hinaus. Zweitens natürlich den Urlaub in Oberösterreich buchen – die heimische Hotellerie ist jetzt darauf angewiesen. Wir haben in Oberösterreich alles, vor allem eine wunderschöne Natur. Urlaub bei uns daheim wird möglich sein, bei internationalen Reisen ist das nicht so sicher.

Wie sieht Ihr Arbeitstag seit Beginn der Corona-Krise aus?
Ich bin so gut wie immer im Büro, die halbe Mannschaft in meinem Ressort ist da, die andere Hälfte ist im Home Office. Wir haben weitestgehend auf Videokonferenzen umgestellt - für Regierungssitzungen aber auch mit den Landesratskollegen aus den anderen Bundesländern. Die Abstimmung zwischen Bund und Ländern sowie zwischen den Ländern untereinander ist enger als je zuvor, das wird die Corona-Krise auch überdauern.

Lehren: Produktion vor Ort, kürzere Lieferketten, Digitalisierung

Gibt es sonst schon Lehren, die aus der ja noch andauernden Corona-Krise gezogen werden können?
Es geht einmal darum, was bleiben wird von der Krise: Es kann sein, dass nicht wieder alle Menschen nach der Krise Arbeit finden, oder dass der Konsum nicht wieder anspringt und wir müssen schauen, wie sich die Investitionstätigkeit der Betriebe entwickelt. Da müssen wir die notwendigen Maßnahmen und Anreize setzen – das kann auch in einem zweiten Hilfspaket münden. Die klarste Lehre aus der Krise ist: Die Wirtschaft funktioniert wie ein Uhrwerk, aber sie darf nicht in allen Bereichen weltumspannend aufgestellt sein. Die Frage ist, in welchen Bereichen eine Produktion vor Ort vorhanden sein muss, um Krisen zu bewältigen – ich denke da etwa an Schutzausrüstungen, pharmazeutische Produktionen, medizinische Güter. Wir wollen ein Krisennetzwerk über unsere Firmencluster spannen, mit Unternehmen, die bei Bedarf kritische Güter produzieren können. Die zweite Lehre ist, dass wir uns bei der Lieferantenstruktur breiter aufstellen müssen. Die dritte, dass wir die Lieferketten teilweise verkürzen und regionalisieren müssen. Und die vierte, dass wir die oberösterreichische Wirtschaft deutlich digitaler aufstellen müssen. Vor der Krise hieß es oft: "einen Online-Shop brauchen wir net". In der Krise war der Online-Shop aber teilweise der einzig mögliche Vertriebsweg, deshalb war auch eine der ersten Maßnahmen unser Digitalisierungspaket.

Home Office und Videokonferenzen sind super


Vor diesem Hintergrund sollte der Breitbandausbau auch kein Thema mehr sein ...
Da gibt es keine Diskussion mehr, auch weil ja immer noch viele im Home Office arbeiten und auf eine ordentliche Internet-Verbindung angewiesen sind. Zum Thema Home Office ein großes Lob an die Sozialpartnerschaft. Sie hat in der Krise innerhalb von zwei bis drei Tagen Lösungen geschaffen, die zuvor jahrelang nicht möglich waren. Da wurden ideologische Schranken überwunden. Wenn man daran denkt, welches Potenzial Home Office auch für eine verkehrsmäßige Entzerrung, also das Vermeide von Staus, hat – etwa indem ich von halb acht bis zehn von zuhause aus arbeite, und dann erst ins Büro fahre. Home Office und Videokonferenzen sind super, das ist auch eine der Lehren aus der Krise.

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