AMS-Leiter Burgstaller
"Wir müssen eine neue Willkommenskultur etablieren"

Thomas Burgstaller, Leiter der AMS-Bezirksstelle in Bischofshofen, gewährt einen Einblick in die aktuelle Lage am Pongauer Arbeitsmarkt. | Foto: Felix Hallinger
6Bilder
  • Thomas Burgstaller, Leiter der AMS-Bezirksstelle in Bischofshofen, gewährt einen Einblick in die aktuelle Lage am Pongauer Arbeitsmarkt.
  • Foto: Felix Hallinger
  • hochgeladen von Felix Hallinger

Der Leiter des AMS in Bischofshofen, Thomas Burgstaller, spricht über die Lage am Pongauer Arbeitsmarkt. Er erklärt, warum der Personalmangel bestehen bleiben wird und führt aus, wo man noch potentielle Arbeitskräfte gewinnen könnte.

PONGAU. "Der Mangel an Arbeitskräften wird bleiben", fasst Thomas Burgstaller, Leiter der Bezirksstelle des Arbeitsmarktservice (AMS) in Bischofshofen, die Lage am heimischen Arbeitsmarkt in einer Halbjahresbilanz zusammen. Man spüre in einigen Branchen — etwa im Bauwesen oder im Tourismus — zwar langsam einen Anstieg der Arbeitslosigkeit angesichts des Konjunkturabschwunges. "Mit einer Arbeitslosenquote von 2,8 Prozent im Juni haben wir im Pongau aber weiterhin de facto Vollbeschäftigung", so Burgstaller.

Im ersten Halbjahr des Jahres 2023 lag die Arbeitslosenquote im Pongau bei durchschnittlich 4, Prozent. Das ist ein Plus von 0,2 Prozentpunkten gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres. | Foto: Neumayr
  • Im ersten Halbjahr des Jahres 2023 lag die Arbeitslosenquote im Pongau bei durchschnittlich 4, Prozent. Das ist ein Plus von 0,2 Prozentpunkten gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres.
  • Foto: Neumayr
  • hochgeladen von Felix Hallinger

Stellenbesetzung als Herausforderung

Aufgrund des demographischen Wandels — starke Geburtenjahrgänge gehen in Pension und geburtenschwache Jahrgänge kommen nach — werde es immer schwieriger, offene Potentiale am Arbeitsmarkt zu finden. "Wir können aktuell keine großen Sprünge machen. Wir müssen beim AMS schlichtweg schauen, wie wir offene Stellen besetzen können", sagt Burgstaller. Gerade in kleineren Betrieben gehe es dabei auch um die Sicherung unternehmerischer Existenzen. Das aktuell leicht wachsende Arbeitskräfte-Angebot könne punktuell zwar Abhilfe leisten, sei aber keine Lösung für den andauernden Personalmangel. 

Geld für Betreuung zu Hause: "Völlig daneben"

Burgstaller ortet dennoch einzelne Stellschrauben, an denen man drehen könnte, um die Lage zu verbessern. Im Handel treffe etwa eine relativ hohe Arbeitslosigkeit auf eine starke Nachfrage nach Mitarbeitern. "Hier merken wir, dass die Öffnungszeiten speziell für Frauen oft nicht mit der Kinderbetreuung vereinbar sind", erklärt er.

Finanzielle Unterstützungen für Familien, die ihre Kinder zu Hause betreuen, sieht Burgstaller kritisch. | Foto: Pixabay
  • Finanzielle Unterstützungen für Familien, die ihre Kinder zu Hause betreuen, sieht Burgstaller kritisch.
  • Foto: Pixabay
  • hochgeladen von Felix Hallinger

Ausgedehnte Öffnungszeiten in den Betreuungseinrichtungen und betriebliche Kindergärten könnten hier Abhilfe leisten. Die von der schwarz-blauen Koalition geplanten, finanziellen Unterstützungsleistungen für Familien, die ihre Kinder zu Hause betreuen — Stichwort "Herdprämie" — bezeichnet Burgstaller auf Nachfrage als "völlig daneben".

Wiener Arbeitskraft im Pongau?

Um den Personalmangel in größerem Stil zu entschärfen, müsse man aber ohnehin über die Region hinausdenken. "Die Verschiebung von Arbeitskräften muss ein Ziel sein", ist der AMS-Leiter überzeugt. Im Pflegebereich könne man etwa verstärkt Personal aus Drittstaaten mit der Rot-Weiß-Rot Karte ins Land holen. In Österreich sieht Burgstaller speziell im Osten des Landes Potential.

Im Wien lag die Arbeitslosenquote im Juni bei 10,2 Prozent. Burgstaller ortet Potential, das man in anderen Teile Österreichs nutzen sollte. | Foto: Wildbild
  • Im Wien lag die Arbeitslosenquote im Juni bei 10,2 Prozent. Burgstaller ortet Potential, das man in anderen Teile Österreichs nutzen sollte.
  • Foto: Wildbild
  • hochgeladen von Felix Hallinger

In Wien lag die Arbeitslosenquote im Juni bei über zehn Prozent. "Wir müssen eine neue Willkommenskultur etablieren, um Arbeitskräfte in unsere Region zu bringen", sagt Burgstaller. Das AMS werde daher im Herbst ein sogenanntes "Welcome-Center" einrichten, um "den Pongau als Aufnahmeregion zu etablieren". Das Potential in der Bundeshauptstadt sieht der Experte vor allem bei geflüchteten und vertriebenen Menschen. 

Sinkende Qualität beim Nachwuchs

Angesprochen auf die Erfahrungsberichte von Pongauer Unternehmern, wonach etwa Lehrlinge in Handwerksbranchen kaum mehr dieselbe Leistung erbringen, wie noch Auszubildende vor einigen Jahren, räumt Burgstaller ein: "Das Bildungsniveau bei jenen, die direkt nach der Pflichtschule ins Arbeitsleben einsteigen, ist gesunken. Personaler berichten von einem sinkenden Qualitätsniveau."

Personaler würden von sinkendem Qualitätsniveau beim Nachwuchs am Arbeitsmarkt berichten. | Foto: Franz Neumayr
  • Personaler würden von sinkendem Qualitätsniveau beim Nachwuchs am Arbeitsmarkt berichten.
  • Foto: Franz Neumayr
  • hochgeladen von Felix Hallinger

Hier gebe es Verbesserungsbedarf in der frühen, schulischen Bildung. "Ein Schulabschluss muss so sein, dass die Jugendlichen die Anforderungen einer Lehre auch erfüllen", betont der AMS-Leiter. Bei Lehrlingen aus Familien der migrantischen Community sei oftmals die Schriftsprache, etwa in der Berufsschule oder bei Lehrabschlussprüfungen, ein Problem.

Lehre nach der Matura als Option

Im Juni kamen den AMS-Statistiken zufolge auf 224 offene Lehrstellen im Pongau nur 13 Suchende. Auch wenn Ausbildungsplätze oft durch persönliche Kontakte vermittelt werden und damit nicht in der Statistik aufscheinen, besteht hier eine klare Lücke. Das AMS werde daher verstärkt versuchen, Menschen für eine Lehre als zweiten Bildungsweg zu begeistern.

Vor allem am Lehrstellenmarkt gibt es viel mehr offene Stellen als Ausbildungsplatz-Suchende. | Foto: Wildbild
  • Vor allem am Lehrstellenmarkt gibt es viel mehr offene Stellen als Ausbildungsplatz-Suchende.
  • Foto: Wildbild
  • hochgeladen von Felix Hallinger

"Dafür werden wir auch in den Höheren Schulen Berufsinformationen anbieten", erklärt Burgstaller. Während sich die Lehre mit Matura bereits etabliert habe, werde die Lehre nach der Matura noch selten in Erwägung gezogen. "Dabei hätte man mit dieser Kombination extrem gute Aussichten am Arbeitsmarkt", betont Burgstaller.

Das könnte dich auch interessieren:

Schloss Lerchen widmet Erwin Exner eine Sonderausstellung
"Betriebliche Kinderbetreuung kann ein Gegenmittel sein"
Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Anzeige
Foto: Stefan Schubert

Traumjob gefällig?
Wir suchen Physios mit Herz und Hirn für unser Team!

Ein inspirierendes Arbeitsumfeld? Check. Ein innovatives Arbeitsklima? Check. Spannende Fortbildungsmöglichkeiten? Check. Attraktive Benefits? Check. Viele nette Kolleginnen und Kollegen? Doppelcheck. Das Alpentherme Gastein Gesundheitszentrum liegt in der Mitte des Gasteinertals – genau gesagt im malerischen Bad Hofgastein. Wir arbeiten als private Krankenanstalt in Form eines selbständigen Ambulatoriums für Kur, Rehabilitation und Sportmedizin. Mit einem vielfältigen Therapie- und...

  • Salzburg
  • Pongau
  • Magazin RegionalMedien Salzburg

UP TO DATE BLEIBEN


Aktuelle Nachrichten aus Salzburg auf MeinBezirk.at/Salzburg

Neuigkeiten aus dem Bezirk als Push-Nachricht direkt aufs Handy

Newsletter abonnieren und wöchentlich lokale Infos bekommen

MeinBezirk auf Facebook: Salzburg.MeinBezirk.at

MeinBezirk auf Instagram: @salzburg.meinbezirk.at

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.