Sternenkinder
Fotos als Teil der Therapie
Alle 16 Sekunden kommt es laut den Vereinten Nationen (UN) weltweit zu einer Totgeburt. Diese Babys, die vor, während oder kurz nach der Geburt sterben, nennt man Sternenkinder. Simone Badegruber aus Ort im Innkreis fotografiert solche Sternenkinder.
ORT IM INNKREIS. In der Öffentlichkeit nimmt man solche Schicksale kaum wahr. Fehlgeburten, stille Geburten und Sternenkinder sind keine Themen über die man gerne spricht. Fotos von diesen Babys zu machen, ist eher ein Tabuthema. Allerdings genau das kann für die betroffenen Familien, Teil der Therapie sein. Egal, ob die Eltern schon vor der Geburt wussten, dass ihr Kind nach der Geburt sterben wird, oder ob das Baby plötzlich im Mutterleib verstirbt - alle Träume und Hoffnungen in Bezug auf das Baby werden plötzlich zerstört. „Umso wichtiger ist es, in dieser Zeit Erinnerungen an ihr geliebtes Baby zu schaffen. Diese müssen den Rest ihres Lebens halten“, sagt Simone Badegruber (42). In Berührung mit diesem Thema, kam die Fotografin, als sie sich mit der Geburtsfotografie beschäftigte, denn auch hier gehören Sternenkinder dazu. Auf der Plattform „Dein Sternenkind“ können sich Fotografen ehrenamtlich listen lassen – Die Eltern selbst, oder die Hebamme stellt, wenn gewünscht, in Form eines Alarms den Kontakt her.Bei Recherche Tränen vergossen
„Ich habe monatelang Berichte gelesen, habe mir Bilder angesehen, habe recherchiert und dabei viele Tränen vergossen. Dennoch wusste ich, dass ich das machen möchte. Mitte 2021 habe ich mich dann beworben und der erste Alarm kam zu meiner Überraschung sehr rasch“, sagt die zweifache Mutter und fügt nachdenklich hinzu: „Mein Sohn ist erst drei Jahre alt, den Schritt, solche emotionalen Bilder zu machen, habe ich mir sehr gut überlegt. Intensive Recherche war hier wichtig.“ Viele Menschen können es nicht nachvollziehen, warum man sterbende oder bereits verstorbene Kinder fotografiert. Doch für Sternenkindereltern seien genau diese Bilder sehr wichtig. Zu groß sei die Angst, dass die Erinnerungen an ihr geliebtes Kind verblassen könnte, so die 42-Jährige weiter. Auf die Frage, wie so ein Shooting abläuft, antwortet Badegruber: „Manchmal bleibt man einfach ruhig bei den Eltern stehen, man hört ihnen zu, spendet Trost oder spricht mit ihnen über ihr Kind und ihre Familie. Daher ist es viel mehr, als nur Fotos zu machen. Die Dankbarkeit, die du von den Eltern erfährst, wäre mit keinem Geld der Welt zu bezahlen. Das ist, trotz des traurigen Anlasses, dennoch ein sehr wertvoller Lohn.“
„Beim ersten Alarm kamen mir Zweifel." Simone Badegruber.
Shootings als Grenzerfahrung
Ihren ersten Einsatz hatte Badegruber mit einem Jungen, der in der 41. Schwangerschaftswoche verstarb. „Beim ersten Alarm kamen mir Zweifel, genauso wie bei der Fahrt ins Krankenhaus. Du fragst dich, was soll ich in diesem Moment zu den Eltern sagen? Doch dann stehst du vor dem Zimmer, vor einem toten Kind und spürst Liebe und Trauer gleichzeitig. Nach dem Gespräch mit den Eltern, beginnt die Arbeit. Ich bezeichne es mit Absicht als Arbeit, weil man es in diesem Moment so sehen muss, ansonsten würde es einem selbst zu Nahe gehen“, sagt die Orterin, die bei solchen Shootings an ihre Grenzen geht. Sie sei stolz darauf, den Sternenkindereltern helfen zu können und sie habe es noch keinen einzigen Tag bereut, sich beworben zu haben, so Badegruber, die hauptberuflich in der Assistenz der technischen Abteilung im Krankenhaus Ried beschäftigt ist. Zur Sache:
Über ein Formular auf der Homepage "dein-sternenkind.eu", oder über eine Notruf-Hotline können betroffene Eltern die Fotografen kontaktieren. In den meisten Fällen allerdings übernimmt das eine Hebamme.
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