Fachkräftemangel im Bezirk Ried
Arbeitgeber klagen: "Da gibt es sowieso niemanden mehr"

Klaus Jagereder leitet das Arbeitsmarktservice in Ried. | Foto: BRS
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Stichwort Fachkräftemangel. Seit Jahren ein Thema – auch im Bezirk Ried. Der Grund? Dem stetigen Streben der Unternehmen nach Erfolg – "mehr, größer, schneller" – steht ein in Zukunft sinkendes Arbeitskräftepotential gegenüber. Klaus Jagereder, Leiter des Arbeitsmarktservice (AMS) Ried, und Christoph Wiesner, Chef der Rieder Wirtschaftskammer (WK), erklären das Phänomen. 

BEZIRK RIED. "Der jetzt schon sehr spürbare Fachkräftemangel ist erst der Beginn", sagt Wiesner von der WK dazu. "In den nächsten Jahren gehen viele Personen in die Pension. Es sind dies all jene, die in den 1960er Jahren geboren wurden, die sogenannte Babyboomer-Generation." Der demografische Wandel sorge für ein Arbeitskräftepotential, das derzeit stagniere und in den nächsten Jahren sogar sinken werde, wie Jagereder vom AMS berichtet. Im Gegensatz dazu "suchen alle aufstrebenden Regionen ihren Erfolg im Wachstum – mehr, größer, schneller. Solange sich diese Entwicklungen in unterschiedliche Richtungen bewegen, ist eine Stabilisierung sehr schwierig", erklärt er.

Fachkräftemonitor: 2030 Engpass von 23.000 Fachkräften im Innviertel

Der Fachkräftemonitor der oberösterreichischen Standortagentur Business Upper Austria macht diese Entwicklung deutlich. Mithilfe von aktuellen Daten von AMS, WK und der statistischen Abteilung des Landes OÖ kann für das Jahr 2030 folgendes Szenario prognostiziert werden: Alleine im Innviertel könnte einem Fachkräfteangebot von 97.000 eine Nachfrage von 120.000 gegenüber stehen. Das ist ein Engpass von 23.000 Fachkräften

Aber zurück zur Gegenwart. Es sind nicht nur Fachkräfte, die aktuell Mangelware sind, sondern generell Arbeitskräfte über alle Branchen hinweg. Am besten lasse sich das durch die Zahlen aus dem Vorjahr erklären, sagt Jagereder: "Im Bezirk Ried waren 2021 durchschnittlich rund 1000 Personen zur Jobsuche im AMS vorgemerkt. Dem gegenüber stehen fast 1600 Stellenangebote, die im Schnitt laufend im AMS Ried ausgeschrieben waren." Auch Wiesner berichtet: Es sind nicht nur Unternehmen aus der Wirtschaft, die auf der Suche nach Arbeitskräften sind. Sondern alle Bereiche, wo Menschen beschäftigt sind – Gesundheitsbereich, Verwaltung, Schuldienst." 

Arbeitssuchende haben die Qual der Wahl

Das deutliche Mehr an Jobangeboten treffe aber vor allem jene Unternehmen, die sich schwer tun, bei gestiegenen oder verbesserten Rahmenbedingungen mitzuhalten, ergänzt Jagereder. "Und das betrifft nicht nur Lohnzahlungen, sondern etwa auch Erreichbarkeit, Sozialleistungen, 'Ruf' des Unternehmens, und und und", zählt der AMS-Leiter auf. Denn wenn viele Unternehmen auf der Suche sind, heißt das für die Arbeitssuchenden, die Qual der Wahl zu haben. "Potentielle Mitarbeiter haben eine Auswahl, deshalb heißt das für die Betriebe, als Arbeitgeber attraktiv zu sein", bringt es Wiesner auf den Punkt. Stichwort Employer Branding: Heutzutage sollen Unternehmen nicht mehr nur gut entlohnen – für die Arbeitnehmer zählen ein gutes Betriebs- und Arbeitsklima, Flexibilität in der Arbeitszeit und mehr. 

"Da gibt es sowieso niemanden mehr"

Im Angesicht dieser gegenwärtigen Situation sollen aber Arbeitgeber keinesfalls resignieren. "In vielen Fällen beginnt eine Diskussion über Suche nach Arbeitskräften mit 'Da gibt es sowieso niemanden mehr'. Aber das ist einfach nicht richtig", versucht Jagereder klar zu machen. "Wenn von über 7000 im Jahr 2021 beim AMS Ried ausgeschriebenen Stellen über 5000 besetzt werden können, dann muss es auch Kriterien bei der Jobsuche geben, die zum Erfolg führen", macht er deutlich. "Wenn Ausbildungen fehlen oder mal ein Arbeitsversuch gemacht werden soll, dann es gibt es die finanziellen Mittel, das umzusetzen." Zudem berät das AMS Unternehmen, welche Rahmenbedingungen verändert werden sollen, wenn die Suche bisher nicht zum Erfolg führte. "Dazu ein einfaches Beispiel: Wer den nächsten Lehrling nur bei den Schulabgängerinnen und Schulabgängern sucht, hat oft das Nachsehen. Erfolgreicher sind viele Unternehmen, weil sie auch Personen eine Chance geben, die eine Ausbildung auf dem zweiten Bildungsweg machen." 

Auch Wiesner von der Wirtschaftskammer nennt einige Maßnahmen, die dem Fachkräftemangel entgegenwirken sollen: Etwa die Lange Nacht der Lehre. Oder die Job Week, die heuer von 28. März bis 2. April stattfindet mit dem Motto "Arbeitnehmer trifft Arbeitgeber". Hier Infos zur Job Week im Bezirk Ried 

Zusammengefasst gibt es also derzeit wenige Menschen ohne Arbeit, die aus einem großen Angebot an offenen Stellen wählen können. Das weise, wie Christoph Wiesner erklärt, auf einen sehr kleinen Arbeitsmarkt hin. Was wiederum eine sehr niedrige Arbeitslosenquote mit sich bringt – und das auch in den Wintermonaten trotz Krankheitswellen aufgrund der Pandemie. 

Hier mehr Infos zum Fachkräftemonitor OÖ

Klaus Jagereder leitet das Arbeitsmarktservice in Ried. | Foto: BRS
Christoph Wiesner, Bezirksstellenleiter WKO Ried | Foto: Wiesner
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