Psychologie / Psychotherapie
Anorexia Nervosa (Magersucht)

Magersucht ist eine lebensbedrohliche Störung

Bei der Magersucht handelt es sich um eine schwere psychische Erkrankung, die mit einem hohen Leidensdruck für die Betroffenen, ihre Familien und Angehörigen einhergeht.

Diagnose und Erscheinungsbild der Magersucht

Nach DSM-5 (der fünften Auflage des "Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders“) bedarf es folgender Symptome, damit eine Magersucht diagnostiziert werden kann:

  • die Weigerung, das Minimum des für das Alter und der Körpergröße normalen Körpergewichtes zu halten (weniger als 85 %, BMI ≤17,5) und eine Restriktion der Nahrungsaufnahme,
  • eine ausgeprägte Angst vor einer Gewichtszunahme oder davor, dick zu werden, obwohl Untergewicht besteht,
  • eine Störung in der Wahrnehmung der eigenen Figur und des Gewichtes sowie eine übermäßige Abhängigkeit der Selbstbewertung von Figur und Gewicht oder Leugnen des Schweregrades des geringen Körpergewichts.

In der ICD-10 (der „Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme“ in ihrer zehnten Revision) werden zwei Subtypen von Magersucht unterschieden:

  • F 50.0 Anorexia nervosa
  • F 50.01 Anorexie mit aktiven Maßnahmen zur Gewichtsabnahme (selbstherbeigeführtes Erbrechen, oder Missbrauch von Laxanzien, Diuretika, Klistieren)

Typische Verhaltensweisen bei der Magersucht sind, dass die betroffenen Menschen absichtlich Nahrungsmittel verweigern, um an Gewicht zu verlieren. Auch machen viele der davon Betroffenen übertrieben viel Sport, missbrauchen Appetitzügler, kontrollieren viele Male am Tag ihr Gewicht, täuschen vor, zu essen, zeigen immenses Interesse an Essen, Ernährung und Kochen und vermeiden oft sexuelle Aktivitäten. Den Mitmenschen erscheinen Personen, die unter Magersucht leiden, ruhelos, getrieben, manchmal auch stark und stolz, verbissen und verachtend (narzisstisch) gegenüber Menschen, die weniger diszipliniert sind, leistungsorientiert, leer, reizbar und deprimiert.

Filmtipp: "Magersucht: So überwindet Tim die Essstörung"

Magersucht ist unter Männern selten zu finden, sie tritt gehäuft bei jungen, schwulen Männern auf.

Anamnese und Gründe in der Lebensgeschichte / Homosexualität

In der Biographie der Betroffenen finden sich gehäuft folgende Einflüsse aus der Familie oder von anderen Bezugspersonen:

  • Menschen, die eine Magersucht entwickeln, haben oft schon früh zu viel Verantwortung übernommen, u.a. auch für die eigenen Eltern. Oft haben sie sich mit der Mutter verbündet oder wurden von den Eltern emotional und psychisch missbraucht, u.a. auch als Partner*innenersatz, als Vorzeigekind oder zum Kitten einer unglücklichen Ehe der Eltern. Sie mussten schon früh dem Bild der Eltern entsprechen und eigene Bedürfnisse und Gefühle unterdrücken. Somit ist ihr Identitätsgefühl schwach ausgeprägt, und sie wissen nicht, wer sie sind. Die Betroffenen haben Angst vor der weiten Welt und dem selbständigen Leben außerhalb der Familie.
  • Unter homosexuellen und bisexuellen Männern tritt Magersucht wesentlich häufiger auf als unter heterosexuellen Männern. Eine von vielen Ursachen kann die Ablehnung der eigenen Homosexualität/Bisexualität sein (verinnerlichte Homonegativität/Homophobie), die mit Selbsthass, Selbstabwertung, einem geringen Selbstwert, Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper und innerer Leere einhergeht. Die betroffenen Männer versuchen ihre psychischen Probleme durch die Magersucht zu kompensieren.

Psychodynamik der Magersucht - Narzissmus und Sexualität

Menschen, die unter Magersucht leiden, neigen zu Perfektionismus und rigidem Denken. Sie haben Angst vor Kontrollverlust, ein niedriges Selbstwertgefühl und schränken Ihr Leben auf die Themen von Ernährung und Gewicht ein. Mitunter leben sie sozial zurückgezogen, und ihre Stimmung kann schnell wechseln. Zwanghafte, depressive, histrionische und narzisstische Züge sind nicht selten. So könnte das unbewusste Muster einer Person, die unter Anorexia Nervosa leidet, sein: „Nur wenn ich großartig in der Nahrungsverweigerung bin, bin ich etwas wert und stärker und disziplinierter als die anderen. Dadurch kann ich mich selbst aufwerten“.

Der Magersucht liegen fast immer schwere Bindungsstörungen und tiefgehende Entwicklungskonflikte zugrunde. Es geht hierbei um die mangelnde weibliche (oder männliche) Geschlechtsidentität, aber auch um Kontrolle, weshalb der Magersucht etwas Narzisstisches anhaftet. Denn es geht um Macht und Kontrolle über den Hungertrieb und den eigenen Leib, aber auch um Macht über die Eltern, die sich nun Sorgen wegen der lebensbedrohlichen Erkrankung machen.

Auch unbewusster Hass auf die Mutter und die vorbewusste Haltung, als Frau keinesfalls wie die eigene Mutter werden zu wollen, finden sich bei vielen magersüchtigen Mädchen und Frauen. Deshalb beginnt die Magersucht meist schon in der Pubertät, also dann, wenn sich das Mädchen körperlich und psychosexuell zur Frau entwickeln sollte.

Des Weiteren kann ein gestörtes Verhältnis zum Vater eine Ursache der weiblichen Magersucht sein, vor allem dann, wenn der Vater eine narzisstische Persönlichkeit ist und ein sexistisch-patriarchalisches Frauenbild hat.

Schädliches Verhalten des Vaters als Ursache

Folgende vergiftende Verhaltensweisen können Mädchen in die Magersucht treiben:
Wenn der Vater

  • die Entwicklung seiner Tochter zur Frau abwertet
  • seine Tochter sexualisiert
  • sich psychisch oder sexuell übergriffig verhält
  • sexuelle oder schlüpfrige Anspielungen macht

Auf diese Weise entwickeln Mädchen einen langfristig schädlichen Selbstschutz gegen die erwachsene Identität als Frau, gegen die erwachsene weibliche Sexualität und eine Abgrenzung gegenüber den Eltern: die Magersucht und das Verweigern jeglicher Nahrung.

Film: "Magersucht (Anorexia Nervosa) - Das Wichtigste über Symptome, Ursachen und Therapie"

Körperliche Symptome der Magersucht zeigen sich u.a. in:

  • einer niedrigeren Körpertemperatur und raschem Frieren
  • Veränderungen im Herz- und Kreislaufsystem
  • einem verlangsamten Metabolismus
  • Veränderungen der Haare, der Haut, vermehrtem Wollhaar (Lanugo Behaarung) oder Haarausfall
  • Störungen des Hormonhaushaltes
  • einem geschwächten Immunsystem, d.h. einem höheren Risiko für Infektionskrankheiten
  • Störungen der Konzentration und des Schlafes
  • vermehrter Müdigkeit
  • Elektrolytstörungen
  • Verstopfungen und Problemen beim Stuhlgang
  • Eiweißmangel und niederen Gesamteiweißwerten und damit einhergehenden Ödemen
  • einem BMI (Body-Mass-Index) unter 17,5
  • Veränderungen beim EKG (Elektrokardiogramm)
  • Störungen der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrindenachse und der Schilddrüsenachse
  • erhöhten Werten des Wachstumshormons
  • Osteoporose

Der harte Weg aus der Magersucht – Essstörungen bei jungen Frauen

Diese Dokumentation begleitet zwei junge Frauen auf ihrem Weg aus der Magersucht.

Autor: Florian Friedrich
Psychotherapeut in Salzburg / Hamburg
(Existenzanalyse)

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