"An der Seite der Toten": Trauern, so wie man es will

Dr. Martin Prein hilft Menschen, über den Tod zu sprechen. | Foto: Dr. Martin Prein
  • Dr. Martin Prein hilft Menschen, über den Tod zu sprechen.
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BEZIRK (juk). Dr. Martin Prein bringt in seinen Vorträgen sein Publikum gleichermaßen zum Lachen und zum Weinen - und das mit einem Thema, das zunächst schwermütig klingt: dem Tod. Über sein heutiges Forschungsgebiet ist er sozusagen gestolpert, in seiner Zeit beim Roten Kreuz oder später in 10 Jahren als Bestatter war das Ende des Lebens immer präsent. Danach befasste er sich in einem Psychologie-Studium mit den psychischen Aspekten der Begegnung mit dem Tod und hat sich auf diesem Gebiet mit diversen Vorträgen und einem Institut für Thanatologie einen Namen gemacht.

BezirksRundschau: „An der Seite der Toten“ heißt der Titel Ihres Vortrages – was erwartet Ihre Zuhörer?

Dr. Prein: In meinen Vorträgen werden vor allem Geschichten erzählt. In einem ersten Teil geht es um den Leichnam, um die Auseinandersetzung mit dem toten Körper, die sehr wichtig ist, um den Tod begreifen zu können. Der Satz „Behalten Sie ihn so in Erinnerung, wie er war.“ ist zwar gut gemeint. Der Impuls sollte aber nur von den Angehörigen ausgehen. Wenn man das Gefühl hat, den geliebten Verstorbenen noch einmal sehen oder anfassen zu wollen, sollten Angehörige die Möglichkeit bekommen und das nicht nur in den ersten Stunden. Im zweiten Teil geht es um die Frage: Wie geht man mit den Angehörigen eines frisch Verstorbenen um? Hier ist es wichtig, dass man die eigene Sprachlosigkeit oder Hilflosigkeit zulässt. Niemand muss sofort mit Trost oder guten Ratschlägen parat stehen, damit ist keinem geholfen.

Hat sich der Umgang der Gesellschaft mit dem Tod verändert?

Man sagt oft, früher wäre der Umgang mit dem Tod natürlicher gewesen. Dem würde ich teilweise widersprechen. Ängste rund um das Thema Tod oder konkret vor dem Leichnam sind uralt. Es gab zum Beispiel die Vorstellung, der Tote könnte gefährlich werden oder dass eine Schwangere eine Leiche auf keinen Fall angreifen dürfte, weil sie giftig wäre. Was sich schon geändert hat, ist dass die Toten immer schneller dem Blickfeld der Lebenden entzogen werden. Es gibt eine starke Verprofessionalisierung des Umgangs mit todkranken oder verstorbenen Menschen. Das führt jedoch auch oft zu Problemen beim Abschied nehmen.

Wie wollen Sie den Menschen, die in Ihre Vorträge oder Seminare kommen, helfen?

Oft sind die Menschen nach meinen Vorträgen erleichtert, dass sie gekommen sind, auch wenn es sie erst Überwindung gekostet hat. Ich möchte die Menschen vor allem darin bestärken, dass es in Ordnung ist, wie sie fühlen und dass sie ihre Wünsche gegenüber Ärzten oder Bestattern sagen trauen. Die Angehörigen sollen entscheiden, wie sie trauern. Außerdem gibt es heute einen gewissen gesellschaftlichen Druck dahin, dass Trauer so schnell wie möglich erledigt sein müsste. Aber so funktioniert das nicht. Trauer dauert eben so lange wie sie dauert.

Wen sprechen Ihre Vorträge an?

Mit dem Tod kommt jeder Mensch in Berührung. Ich halte viele Seminare für Pflege- oder Rettungskräfte, Menschen die beruflich mit dem Tod zu tun haben. Auch für sie ist letztlich der Eintritt des Todes eine schwierige Situation, auch wenn sie häufiger damit konfrontiert sind. Zu den öffentlichen Vorträgen kommen Privatleute, die das Thema interessiert und zwar unabhängig davon, wie lange der Todesfall her ist, der sie noch beschäftigt. Das kann schon über 10 Jahre her sein oder erst ganz frisch – in meinen Vorträgen sind sie oft gleichermaßen berührt.

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