Hunde in Sport/ Exekutive
Was hat es mit Gebrauchshundesport auf sich?

Tamara Leitner ist Hundetrainerin, Züchterin und im Sportschutzbereich tätig. | Foto: Tamara Leitner
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Es ist ein Thema, das seit dem Vorfall in Oberösterreich, bei der eine Frau von einem Hund zu Tode gebissen wurde, polarisiert. Die BezirksBlätter haben bei einer Hundetrainerin, einer Tierschutzqualifizierten Trainerin und einem Polizisten, der seit 1985 Diensthundeführer ist, nachgefragt: Was ist der Unterschied zwischen einem Sport-Schutzhund und einem Schutzhund? Alle drei sind ebenfalls Züchter von Hunden. Wird der Sport-Schutzdienst verboten, sei dies das Ende der Diensthunde so, wie wir es kennen. Auch der ÖKV, die Rettungshunde NÖ und der Tierschutzverein St. Pölten melden sich zu Wort.

Wie stehst du zu dem Thema?

ST. PÖLTEN. Eines ist schnell erklärt: Die Schutzhundeausbildung ist in Österreich verboten. Was ein Sport-Schutzhund/Gebrauchshund ist, wie er zu diesem wird und noch viel mehr lesen Sie in diesem Artikel.

Tamara Leitner ist Hundetrainerin, Züchterin und im Sportschutzbereich tätig. | Foto: Tamara Leitner
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Der Sport-Schutzhund erklärt


"Beim Sport-Schutzhund geht es um strukturierte Ausbildung des Hundes",

weiß Tamara Leitner, Trainerin, Züchterin und Obfrau des Hundevereins in St. Pölten-Hart.
"Wir gehen ja nicht spazieren und hetzen unsere Hunde auf Leute", betont sie. Die Mehrheit der Leute hätte ein komplett falsches Bild im Kopf, wenn man von Sport-Schutzhunden bzw. Gebrauchshunden spricht. Beim Gebrauchshundesport sei nicht der Mensch, sondern immer der Gegenstand das Angriffsobjekt, beispielsweise der Jutearm, den der Hund herunterzieht und apportiert.

Manuela Gruber-Mayer, Tierschutzqualifizierte Trainerin und Züchterin | Foto: Mayer
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"Der Sport-Schutzhund schützt nicht, aber er nützt"

"Es heißt Sport-Schutzhund, ist aber der älteste Hundesport, den es gibt. Die Hunde wurden später selektiert und dann für die Polizei im Schutzdienst (Menschen-Hundeteams legen Prüfungen in Fährte und Unterordnung ab) eingesetzt", erklärt Martin Mayer, Diensthundeführer bei der Polizei. Auch heißt es eigentlich „Gebrauchshund", da „Sport-Schutzhund" irreführend sei.
Ein Gebrauchshund, der im Sport und bei der Exekutive (Polizei, Hunderettung, Zoll etc.) eingesetzt wird, wird nur bei privaten Züchtern als Welpe gekauft.

"Eine eigene Zucht haben wir in Österreich nicht. Wir suchen uns private Züchter, die wesensfeste Tiere züchten",

weiß Mayer.

"Niemals würden Gebrauchshundeführer ihre Tiere verletzen oder misshandeln, oder "scharf" machen, oder die Gesundheit ihres Hundes riskieren. Wir suchen uns bestimmte Welpen aus, denn sie müssen mental und körperlich ihrer Aufgabe gewachsen sein",

weiß auch Manuela Gruber-Mayer, Tierschutzqualifizierte Trainerin und Züchterin, "und als Züchter lebt man von guter Mundpropaganda. Das heißt, ein guter Züchter sucht sich die Leute aus und gibt nicht jedem einfach einen Hund mit, nur weil er diesen haben möchte." Das Hauptproblem seien jene Menschen, die gegen Gesetze verstoßen, "aber deshalb kann man den Gebrauchshundesport nicht verbieten.“

Martin Mayer ist seit 1985 Diensthundeführer bei der Polizei und züchtet Schäferhunde. | Foto: Mayer
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So wird der Hund zum Gebrauchshund (Sport-Schutzhund)

Beim Züchter beginnt bereits das Wichtigste: Der Welpe lernt alles kennen – vom Autofahren bis hin zu Alltagsgeräuschen und Menschen. Wenn er dann zu seinem Diensthundeführer/-sportler zieht, beginnen bereits die Erziehung und das Training. Bereits mit neun Monaten muss sich der Junghund Wesenstests unterziehen und ab dem zwölften Lebensmonat stellt er sich einem Verhaltenstest und der Begleithundeprüfung mit Verkehrsteil (BH/VT), außerdem wird am Gehorsam gearbeitet. Gebrauchshunde werden zum Beispiel bei der Vermissten-, Sprengstoff- und Rauschgiftsuche eingesetzt.

"Diese Hunde müssen robust sein, sie müssen warten können, mit Menschenmengen dürfen sie keine Probleme haben und müssen trotz aller Ablenkungen auf ihre Arbeit fokussiert bleiben können",

weiß der Polizist. Außerdem wird viel an der Frustrationstoleranz gearbeitet. "Solche Hunde neigen viel weniger zu Aggressionsverhalten, denn sie lernen, trotz Frust fokussiert weiterzuarbeiten." Hunde, die in dem Bereich trainiert sind, können mit Stresssituationen umgehen.

Tamara Leitner, Obfrau des Hundevereins in St. Pölten-Hart. | Foto: Tamara Leitner
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"Unsere Gebrauchshunde sind unsere Familienhunde"

"Jeder Hund sollte Erziehung genießen, das heißt, Alltagserziehung, Orientierung am Menschen. Und im Sport und in der Ausbildung werden Kommandos nach einer fixen Prüfungsordnung gelernt", so Manuel Gruber-Mayer.

"Unsere Hunde sind normale Familienhunde, die bei uns leben und auch auf die Couch dürfen",

sind sich Gruber-Mayer und Leitner einig. "Wir stehen ja nicht 24 Stunden am Hundeplatz.“

Man hat aus der Erfahrung gelernt

"Das heutige Know-how in den Hundesportarten kommt aus dem Gebrauchshundesport. Und ja, da ist in der Vergangenheit bestimmt einiges passiert, das nicht richtig war. Aber daraus ergibt sich das heutige Wissen um Sport und Erziehung", so der Polizist.

Statement seitens ÖKV (Österr. Kynologenverband)

"Die richtige Bezeichnung ist Gebrauchshundesport, der sich aus drei Teilen zusammensetzt, nämlich der Fährtensuche, den Gehorsams- und Gewandtheitsübungen und dem sogenannten Sportschutz", erklärt Robert Markschläge, Leistungsreferent des ÖKV.

"Dabei wird der Hund nicht, wie vielfach falsch interpretiert, auf einen Menschen gehetzt, sondern der Hund kann sein angeborenes Jagd- und Beutefangverhalten unter Kontrolle ausüben. Das Ziel des Hundes ist nicht, einen Menschen zu beißen, sondern die vom Menschen gehaltene Ersatzbeute (einen Jutearm) zu erreichen",

so Markschläger weiter. Demnach werden Hunde dabei nicht auf ein Schutzverhalten hin trainiert und nicht gegen Menschen gehetzt. Diese Prüfung und Überprüfung ist für die mittel- und langfristige Sicherung von Gebrauchshundeeigenschaften erforderlich. "Nur Hunde, die ein ausgeprägtes Beuteverhalten in Verbindung mit Kontrollierbarkeit haben, sind auch für die Verwendung als Rettungshund, Drogenspürhund, Leichenspürhund, Diensthund etc. einsetzbar", weiß er.

Tamara Leitner, Obfrau des Hundevereins in St. Pölten-Hart. | Foto: Tamara Leitner
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Was ein "Aus" bedeuten würde

Der Gebrauchshundesport ist die traditionellste Hundesportart und wird weltweit betrieben. Ein Verbot in Österreich würde bedeuten, dass Österreich an internationalen Wettbewerben, wie Weltmeisterschaften, nicht mehr teilnehmen könnte.

"Für viele Gebrauchshunderassen ist die Absolvierung einer solchen Prüfung auch eine Voraussetzung für die Zuchtzulassung. Österreichische Hunde wären damit vom internationalen Zuchtgeschehen ausgeschlossen – oder müssten ihre Prüfungen im benachbarten Ausland ablegen. Die Gebrauchshundesportler haben in Niederösterreich die meisten Ausbildungsvereine gegründet und aufgebaut und beschäftigen sich auch intensiv mit modernen Ausbildungsmethoden, die in der Ausbildung von Haus- und Familienhunden zur Anwendung kommen",

versichert Markschläger. Würden diese Sportler ihren über Jahrzehnte ausgeübten Sport nicht mehr ausüben dürfen, würden sich viele zurückziehen, was auch einen Qualitätsverlust in der Ausbildung von Familienhunden bedeuten würde. Durch ein „Aus“ würde lediglich eine für Hunde artgerechte Beschäftigung, bei der sie ihr angeborenes Verhalten ausleben können, verboten, und vielen Hundeliebhabern die Ausübung eines langjährigen Hobbys untersagt.

Der Wirtschaftsaspekt

Nicht zu vernachlässigen sei laut ÖKV der wirtschaftliche Faktor dieser Sportart. Speziell in Niederösterreich werden jährlich große Veranstaltungen durchgeführt, die für den Tourismus von Bedeutung seien. Die größte Veranstaltung dieser Art fand 2019 in Schwechat statt, an der mehr als 150 Teilnehmer aus 25 Nationen am Start waren und im Stadion über fünf Tage hindurch jeweils einige tausend Besucher aus dem In- und Ausland begrüßt werden konnten. Daneben gibt es zahlreiche Firmen, die für diesen Sport Zubehör erzeugen oder verkaufen. Es wird sehr viel Verbrauchsmaterial benötigt, wodurch auch ständig Umsätze erzielt werden.

"Der ÖKV lehnt jede Form eines aggressionsfördernden Trainings entschieden ab und distanziert sich von derartigen Ausbildungsmethoden. Mit einem Aus für diese Hundesportart würde nichts erreicht, was der Sicherheit der Gesellschaft dient. Leute, die ihre Hunde „scharf“ machen, machen das schon jetzt nicht auf Hundesportplätzen, sondern irgendwo im Wald oder Hinterhof und würden dies auch weiterhin machen“,

ist er sich sicher.

Die kritisch gesehene Seite

„Unserer Meinung nach lassen sich Hunde, die im Sport-Schutz- oder Mondioringbereich ausgebildet bzw. tätig sind oder waren, nicht mit der Rettungshundearbeit im Einsatzbereich vereinbaren“, so Geschäftsführerin der Rettungshunde NÖ, Karin Kuhn. Dies ist auch in den Vereinsstatuten so vermerkt. (Anmerkung der Redaktion: Mondioring besteht aus den Disziplinen Unterordnung, Sprünge und Schutzdienst)

„Die Ausbildung ist zu ähnlich. Das erleichtert einerseits zwar die Rettungshundeausbildung, auf der anderen Seite, da es sich so ähnlich ist, kann es passieren, dass manche Hunde den Unterschied am Ende nicht erkennen.“

Hier ist die Anzeigeform „Verbellen von gefundenen Personen“ gemeint. „Ich habe oft erlebt, dass solche Hunde dann sehr erpicht ihre Belohnung einfordern". Da im Einsatzfall die Reaktionen eines aufgefundenen Menschen nie vorhersehbar sind, und eine eventuelle Fehlverknüpfung des Hundes zu haarig ist, gehören ihrer Meinung nach Sport-Schutzhunde weder in Einsatz-, Rettungshunde- noch in den Therapiehundebereich.

Statement zum Thema vom Tierschutzverein St. Pölten

"Der Hundesport hat auch in unserer Region eine lange Tradition, mit vielen Vereinen waren bzw. sind wir auch in Kontakt. Die Vereine sind seit Jahrzehnten fester Bestandteil unserer Gemeinschaft und übernehmen eine wesentliche gesellschaftliche Aufgabe",

heißt es auf BezirksBlätter-Anfrage. "Von Welpenkursen bis hin zu den Hundeführerscheinen und auch zum Hundesport ist ein breites Angebot verfügbar. Im Tierschutz ist es wichtig, nicht auf der Stelle zu verharren, laufend zu hinterfragen und neue Wege einzuschlagen. Daher begrüßen wir als Tierschutzverein eine sachliche Diskussion rund um das Thema ‚Hundesport‘ und hoffen hier auf ein Ergebnis im Sinne der Tiere."

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Zahlen

In Niederösterreich gibt es mehr als 130 dem ÖKV angehörende Ausbildungsvereine, die flächendeckend über das gesamte Bundesland verteilt sind und einen wesentlichen Beitrag für die Beratung von Hundehaltern und die Erziehung und Ausbildung von Hunden leisten. "Eine exakte Aufzeichnung auf Bundesländer verteilt haben wir derzeit nicht", so Markschläger.

Aber innerhalb der letzten 14 Jahre wurden österreichweit rund 31.000 Gebrauchshundeprüfungen abgelegt. Das bedeutet, dass davon in Niederösterreich ca. 8.000 abgelegt wurden. Im gleichen Zeitraum kam es zu ca. 56.000 Hundebissen in Österreich, wovon schätzungsweise auf Niederösterreich 8.000 bis 10.000 entfallen könnten 

"Es gibt leider hierüber keine aussagekräftige Statistik. Es ist aber kein einziger Fall bekannt, in den ein im Gebrauchshundesport geführter Hund verwickelt gewesen wäre. Dies trifft ebenfalls für ganz Österreich zu."

, so Robert Markschläge (ÖKV). Dies sei einerseits darauf zurückzuführen, dass in dieser Sportart nur charakterfeste, wesensstarke Hunde geführt werden, die keinen Anlass haben, ein unerwünschtes Aggressionsverhalten zu zeigen und andererseits sich auch die Hundesportler der Verantwortung der Hundehaltung bewusst seien. (Quelle: ÖKV)

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