Standort Steyr wackelt
"Wollen mit allen Mitteln kämpfen"

2.456 Mitarbeiter sind in Steyr beschäftigt. Der deutsche Vorstand in München plant das Werk bis 2023 zu schließen. | Foto: Mader
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Standort Steyr droht im Zuge von coronabedingt verschärften MAN-Umstrukturierungsplänen das Aus.

MÜNCHEN, STEYR. Der deutsche Lastkraftwagenhersteller MAN will in Deutschland und Österreich bis zu 9.500 Stellen abbauen. Von dieser Maßnahme verspricht sich die Volkswagen-Tochter bis zum Jahr 2030 ein Ergebnisplus von 1,8 Mrd. Euro. Dem Stellenabbau könnten auch mehrere Standorte zum Opfer fallen – darunter Steyr.

Standort auf der Kippe

MAN plant den Stellenabbau schon seit geraumer Zeit, weil bereits vor der Coronavirus-Krise die Kosten zu hoch waren. Noch im März war aber noch von "nur" 6000 Jobs die Rede. Im ersten Halbjahr 2020 hat das Unternehmen im Vergleich zum Vorjahresniveau einen Verlust von 387 Mio. Euro erlitten. Die Umstrukturierungspläne sehen weiterhin die Schließung von MAN-Standorten vor. Schon im März dachte der Konzern an das Ende des österreichischen Betriebs in Steyr, in dem rund 2.400 Menschen beschäftigt sind. "Der Vorstand hat am Freitag informiert, dass das Werk Steyr komplett geschlossen werden soll. Das Ganze soll bis Ende 2023 vollzogen werden", sagt Erich Schwarz, Betriebsratsvorsitzender von MAN Steyr. Laut Schwarz war dies nur eine Information des Unternehmens. Verhandlungen gab es noch keine. "Wir werden das natürlich nicht akzeptieren und schauen jetzt, dass wir das hoffentlich beseitigen können. Wir kämpfen mit allen Mitteln." Den Standortsicherungsvertrag sieht Schwarz als ein kleines Schutzschild. Aber: Der Vertrag enthält auch eine Kündigungsklausel für "besondere wirtschaftliche Erfordernisse". Derzeit wird geprüft, ob der Vertrag kündbar ist.

Keine Lehrwerkstätte

Die Gefühle des Betriebsratsvorsitzenden Schwarz: "Es wird schwierig, aber wir werden das schon schaffen." Er gibt aber auch zu bedenken, dass wenn sich die Politik immer mehr auf E-Mobiliät und Co2-Bestimmungen einschießt, es in der Lkw-Produktion weitere Schließungen geben wird. "Die Politik muss da einsichtiger werden." Wird das MAN-Werk in Steyr zugesperrt, gibt es auch keine Lehrwerkstätte mehr. "Und auch die Zulieferfirmen sind dann davon betroffen. Da reden wir sicher von einer doppelten Anzahl an Leuten, die ihre Arbeit verlieren", so Schwarz. „Eine solche Vorgehensweise ist nicht nur ein Schlag ins Gesicht der Belegschaft, sondern verunsichert die gesamte Region Steyr massiv. Steyr war für MAN immer der Standort für die heiklen und schwierigen Aufgaben- und ist es gegenwärtig immer noch. Natürlich steht die Branche vor einem Umbruch und damit verbunden auch unsere Region. Aber gerade deshalb fordern wir das Unternehmen nachdrücklich auf, hier der gesellschaftlichen Verantwortung gemeinsam mit den Belegschaftsvertretungen und der Politik nachzukommen.“, zeigt sich der Nationalratsabgeordnete und ehemalige Angestelltenbetriebsrat von MAN, Markus Vogl, kämpferisch.
„Jetzt müssen die Ergebnisse der Verhandlungen über die Umstrukturierungen abgewartet werden. Aus unserer Sicht sprechen viele Gründe für einen Erhalt des Standorts Steyr, der mit der Fertigung der gesamten leichten und mittleren MAN-Lkw-Baureihe, von Sonderfahrzeugen und Fahrerhäusern sowie insbesondere auch dem Bau von Lkw mit Elektromotorisierung, eine wichtige Rolle, nicht nur am Wirtschaftsstandort OÖ, sondern insbesondere auch im MAN-Konzern spielt. Gerade in jüngerer Zeit wurde hier viel investiert und der Standort Steyr punktet auch mit seinen hochqualifizierten Mitarbeitern“, so Landeshauptmann Thomas Stelzer und Wirtschafts-Landesrat Markus Achleitner. Sollte es tatsächlich zu einem Personalabbau kommen, dann will das Land OÖ die betroffenen MAN-Beschäftigten unterstützen.

Mit allen Mitteln kämpfen

Auf der Homepage der der Produktionsgewerkschaft zeigt man sich kämpferisch. Die Gewerkschaften fordern statt der angekündigten massiven Arbeitsplatzvernichtung die Ablöse des MAN-Managements und einen Neustart für die künftige Strategieausrichtung des Unternehmens.

Stadt Steyr sagt Unterstützung zu

„Wir werden als Stadt und Standortkommune dem Betriebsrat und der Geschäftsführung bei den Verhandlungen um die Aufrechterhaltung des MAN-Werkes Steyr jede nur denk- und machbare Unterstützung bieten“, betont der Steyrer Bürgermeister Gerald Hackl die ungeteilte Bereitschaft der politischen Parteien, alles zu tun, um das vergangenen Freitag vom Traton-Vorstand für MAN Steyr skizzierte Horrorszenario abzuwenden. „Ich habe Erich Schwarz sofort die volle Unterstützung der Stadt beim Kampf gegen die angekündigte Werksschließung zugesagt und ihm versichert, dass wir – falls gewünscht und erforderlich – uns natürlich auch in die Gespräche einbringen und aktiv an möglichen Lösungen mitarbeiten. Die Verhandlungen zwischen Vorstand, Betriebsrat und Gewerkschaft stehen erst am Anfang. Die mehr als zweitausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Steyrer MAN-Werkes sollen aber wissen, dass auch die Steyrer Stadtpolitik geschlossen alle ihre Möglichkeiten ausschöpfen wird“, so Gerald Hackl. Diese Bereitschaft sowie das Angebot der aktiven Mithilfe der Stadt zur Standortsicherung hat Hackl im Übrigen auch gegenüber dem Vorsitzenden des Vorstandes MAN SE/MAN Truck & Bus, Andreas Tostmann, zum Ausdruck gebracht, dem er auf seinen Brief vom Freitag geantwortet hat.

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