Bischof Herman Glettler:
"Dem Frieden Raum geben"

Bischof Hermann mit seinem neuesten Werk "hörgott – Gebete in den Klangfarben des Lebens" | Foto: V. Gutleben
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  • Bischof Hermann mit seinem neuesten Werk "hörgott – Gebete in den Klangfarben des Lebens"
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Seit Dezember 2017 steht der gebürtige Steirer Hermann Glettler der Diözese Innsbruck als Bischof vor.

Weihnachten in besonders schwierigen Zeiten. Wie meistert die Kirche in Tirol die schwierigen Zeiten?
Bischof Hermann:
Möglichst aufmerksam für das, was die Menschen bewegt und sie belastet. Weihnachten ist die dringliche Einladung, dem Frieden in uns und in der Welt neuen Raum zu geben. Seelsorge und Unterstützung von Notleidenden sind unsere primären Aufträge.

Kann sich die Kirche an die veränderten Gegebenheiten in der Gesellschaft anpassen?Anpassung finde ich zu oberflächlich. Dennoch ja, wir brauchen etwas mehr Mut zu Veränderungen. Aber nicht um jeden Preis. Viele Menschen fühlen sich durch das brutale Tempo gesellschaftlicher Veränderungen längst schon abgehängt. Weihnachten bedeutet: Runter vom Gas!

Immer weniger Priester für die gleichen Aufgaben. Wann kommt endlich die Frau Pfarrer?
Kann ich nicht sagen. Der nächste logische Schritt wäre das Diakonat der Frau. Ich unterstütze alle diesbezüglichen Überlegungen. Und es sind nicht nur die Priester, die in der Seelsorge wirken. Wir haben zum Glück haupt- und ehrenamtlich sehr viele engagierte Frauen und Männer. Vergleichsweise ein sensationell hoher Frauenanteil.

Der interreligiöse Dialog ist in Anbetracht der Lage im Nahen Osten derzeit noch wichtiger. Wie geht die Diözese Innsbruck damit um?
Wir versuchen einiges, was Begegnungen und Zusammenarbeit ermöglicht – ganz selbstverständlich bei Religionsunterricht und Seelsorge, sowohl in Krankenhäusern als auch im Gefängnis. In einigen Orten, etwa in Jenbach oder Telfs, haben sich Freundeskreise gebildet, die den interreligiösen Dialog fördern. Und seit zehn Jahren gibt es in Tirol das Institut für Islamische Religionspädagogik in Zusammenarbeit mit der Theologischen Fakultät. 

Papst Franziskus ist eine starke Stimme in der Klimadebatte. Inwiefern spielen Umweltschutz und Nachhaltigkeit in der Diözese eine Rolle?
Wir machen unsere Hausaufgaben: bei allen Einrichtungen und Gebäuden auf Energieeffizienz achten, sparsame Mobilität, sorgfältiger Einkauf und vieles mehr. Regelmäßige Schulungen gehören dazu. Auch investieren wir für die Pensionsvorsorge der Priester in ethisch-ökologische Veranlagungen. Und wichtig ist die spirituelle Bildung: Die Schöpfung ist nicht unser Beutegut. Weihnachten ist ein Anstoß, von der Maßlosigkeit wegzukommen.

Bischof Hermann vor dem Innsbrucker Dom, wo er am 25.12. um 10 Uhr das Pontifikalamt zelebrieren wird. | Foto: Sigl
  • Bischof Hermann vor dem Innsbrucker Dom, wo er am 25.12. um 10 Uhr das Pontifikalamt zelebrieren wird.
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Sie fordern einen stärkeren Fokus der katholischen Kirche auf die Begleitung von Schwangeren in Krisen sowie auch von jenen, die eine Abtreibung durchführen ließen. Wie ist das gemeint?
Vor 50 Jahren wurde die Fristenregelung eingeführt, nicht jedoch die versprochenen „flankierenden Maßnahmen“. Ich wünsche mir eine größere Sensibilität für das menschliche Leben in seiner verwundbarsten Phase. Keine Frau soll sich durch den Druck von außen oder aufgrund von sozialen Ängsten zu einer Abtreibung gedrängt fühlen. Und ja, es braucht mehr Seelsorge und Therapie für Frauen nach einem Schwangerschaftsabbruch.

Sie besuchen viele Pfarren und Seelsorgeräume in den Bezirken. Welche Erfahrungen bringen Sie davon mit?
Durchaus positive. Es gibt gute Initiativen, berührende Gottesdienste für Familien, Seniorentreffs und viel kirchliches Ehrenamt. Vielerorts Pfarrcaritas und Vinzenz-Gemeinschaften. Aber einige Pfarren haben stark zu kämpfen, der Kirchenbesuch ist rückläufig. Gerade deshalb sind wir dabei, mit neuen Formaten ein Basiswissen des Glaubens zu vermitteln.

Welche Bedeutung messen Sie der Jugendarbeit bei und welche kirchlichen Angebote gibt es für junge Menschen in Tirol?
Es gibt überall eine gute Firmvorbereitung und Projekte, so z. B. die „Nacht der 1.000 Lichter“ oder die Aktion „72 Stunden ohne Kompromiss“. Auch die Loretto-Gemeinschaft, die junge Leute gut anspricht, möchte ich nennen. Der Auftrag ist klar: Mit jungen Menschen in Tirol besser zu kommunizieren und Vertrauen aufzubauen. Vor allem müssen wir Zukunftsmut vermitteln.

Sie sind ein Bischof mit Visionen. Wie sieht Ihre Vision für die Zukunft der Kirche in Tirol aus?
Die Einteilung der 70 Seelsorgeräume hat sich bewährt. Einige werden bereits von Laien geleitet. Weiters setzen wir weiter auf Bildung. Die Kirchliche Pädagogische Hochschule ist uns wichtig. Und auf der Basis der Frohbotschaft Jesu müssen wir den Menschen gute "geistliche Nahrung" anbieten. Gerade zu Weihnachten ist die Nachfrage danach spürbar. Die neue Gebetssammlung „hörgott“ wird sehr gut aufgenommen. Auch die Gebets-App.

Wie feiert Bischof Hermann heuer den Heiligen Abend?
Zu Mittag bin ich in der Mentlvilla zu Gast, um mit den Suchtkranken eine gute Zeit zu verbringen. Am Nachmittag werde ich im Hospiz in Hall den Gottesdienst feiern. Immer berührend. Abends steht erstmals eine religiös-offene Feier im Caritas-Integrationshaus auf dem Programm.

Ihr persönlicher Wunsch an Tirol zum Jahreswechsel?
Wir sollten uns gegenseitig mit mehr Zuhör-Zeit beschenken. Und weder den Glauben noch die Zuversicht verlieren.

Über das neue Buch "hörgott" von Bischof Glettler lest ihr hier:

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