Pflege
Eine Lehrausbildung zur Fachkraft als Chance für die Pflege

Immer mehr Menschen benötigen Pflege. Doch es gibt nicht genügend Personal.  | Foto: iStock
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INNSBRUCK. Der Mangel an gut ausgebildetem Pflegepersonal in der Langzeit, Akut- und mobilen Pflege wurde nicht zuletzt aufgrund der Coronapandemie sichtbar. Die Einführung der Pflegelehre wäre eine Lösungsmöglichkeit.

Pflegelehre soll Personalmangel reduzieren

Den Personalmangel in der Pflege hätte es laut ISD-Geschäftsführer Hubert Innerebner schon vor der Coronakrise gegeben und wird es seiner Meinung nach unabhängig von der Umsetzung der Pflegelehre auch noch in den nächsten Jahren geben, wie er gegenüber der BezirksBlätter-Redaktion Innsbruck in einer Stellungnahme ausführt. 
Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck will, dass sich die österreichische Pflegelehre stark am „Schweizer Modell" orientiert. Der Österreichische Gesundheits- und Krankenpflegeverband (ÖGKV) sieht  das kritisch, weil die potentiellen Ausbildner der neuen Pflegefachkräfte aus dem gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflegeberufe kommen sollen. Diese Führungskräfte sind unter anderem zur anleitenden Unterstützung in der praktischen Ausbildung notwendig. Allerdings würden sie dadurch laut ÖGKV in der Patientenversorgung fehlen. Hubert Innerebner widerspricht diesem Befund, gegenüber der BezirksBlätter-Redaktion Innsbruck. Schließlich könnten sich die Lehrlinge durch das „‚Training on the Job" (Training am Beruf) auch aktiv und unterstützend in den Stationsalltag einbringen", so Innerebner.

Schmerzensgeld alleine reicht nicht

In eine ähnliche Kerbe schlägt der Bereichsleiter der mobilen Pflege der ISD, Thomas Strickner, in seinem Statement gegenüber der BezirksBlätter-Redaktion Innsbruck. Für ihn steht und fällt der Pflegebereich mit der Lösung des Personaplroblems. „Wenn dieses Thema nicht umgehend höchste Priorität genießt, können wir uns alle anderen Maßnahmen sparen. Es reicht nicht publicitywirksam (öffentlichkeitswirksam) ‚Schmerzensgeld‘ wie den Corona-Fünfhunderter in Bausch und Bogen zu verteilen oder Werbetafeln aufzustellen. Vielmehr sind jetzt Maßnahmen erforderlich, damit alle Personen, die in die Pflege ohne Einkommensverlust wechseln wollen, dies auch können. Daher muss die Bezahlung im Pflegebereich von den dort Beschäftigten sowie für Interessierte, als attraktiv und angemessen empfunden werden", nimmt sich Strickner kein Blatt vor den Mund.

Pflege als zweitbeliebtester Schweizer Lehrberuf

Trotz beeindruckender 4.500 schweizerischer Pflegelehre-Abschlüsse im Jahr 2020, steht dem nach Ansicht des ÖGKV eine Drop Out-Quote (Ausfallquote) von 50 bis 60 Prozent gegenüber.
ISD-Geschäftsführer Innerebner ist im Gegensatz zum ÖGKV ein Verfechter des Schweizer Modells. Er verweist darauf, dass der Lehrberuf zur „Fachkraft Gesundheit" (FaGe), der von der Qualifikation in etwa unserem Berufsbild des Pflegeassistenten entspricht, seit seiner Einführung vor 20 Jahren mittlerweile die zweitbeliebteste Lehrausbildung in der Schweiz ist. Außerdem betont der 60-jährige Innsbrucker, dass es sich bei den vermeintlichen 50 bis 60 Prozent Aussteigern, in der Regel um Personen handelt, die sich „in einem sehr durchlässigen System" für höherqualifizierte Tätigkeiten empfohlen haben und somit dem „System" sehr wohl erhalten bleiben.

Entlohnung wie bei Polizeischülern gefordert

Statt der Einführung einer Pflegelehre fordert der ÖGKV die bestehenden Ausbildungsmöglichkeiten ähnlich wie bei anderen Berufsgruppen wie beispielsweise der Polizei finanziell zu unterstützen, um so den Pflegeberuf attraktiver zu gestalten und das Personal längerfristig an die Einrichtungen zu binden. Außerdem solle man in Zukunft laut ÖGKV die Zusammenarbeit der Gesundheitsberufe intensivieren, sowie die niederschwellige Versorgung der Bevölkerung durch Angebote wie das der „Community Nurse" (Gemeindekrankenschwester) forcieren.
ISD-Geschäftsführer Hubert Innerebner stimmt in seiner Stellungnahme dem ÖGKV zu, dass es von großer Wichtigkeit sei, für die Auszubildenden eine soziale Absicherung zu gewährleisten. „Beim Lehrling wäre das die Lehrlingsentschädigung. Aber auch für Umsteiger aus anderen Berufen, Wiedereinsteiger im Bereich der Pflegeassistenzberufe und Fachhochschulstudenten, die das Diplom anstreben, muss dringend eine finanzielle und sozialrechtliche Absicherung erfolgen. Hier wäre durchaus eine Entlohnung wie bei Polizeischülern als angemessen anzusehen", so Innerebner weiter. Auch für Thomas Strickner muss die Pflegeausbildung analog zur Ausbildung zum Polizisten voll bezahlt werden.

Ausbildungskooperationen dringend notwendig

Für Thomas Strickner wären überdies Ausbildungskooperationen für den Pflegebereich im EU Raum, aber auch darüber hinaus, dringend notwendig. Vorbild könnte Deutschland sein, bei denen es solche Kooperationsprojekte bereits gibt.
Außerdem kann laut Strickner weder der aktuelle noch der zukünftige Bedarf an Pflegepersonal durch einheimische Arbeitskräfte gedeckt werden. Daher werde man seiner Meinung nach nicht umhinkommen, interessierte Personen im Ausland, gezielt anzuwerben und die Anstellung ausländischer Pflegekräfte in Österreich zu erleichtern. 

Starke Persönlichkeiten sind gefragt

Weiters fordert Thomas Strickner, dass die Ausbildung ein möglichst realistisches Bild von dem zeichnen sollte, wie es sich später im Berufsleben darstellt. „Da die Pflege definitiv zu den herausforderndsten Berufen zählt, sollte auch vermehrt auf die individuelle Entwicklung der Persönlichkeit gelegt werden – vor allem hinsichtlich der Fähigkeit zur Resilienz (Widerstandsfähigkeit)", meint der Bereichsleiter der mobilen Dienste der ISD.

Für ISD ist Pflegelehrausbildung alternativlos

Für den Geschäftsführer der Innsbrucker Sozialen Dienste ist eine Pflegeausbildung nach der Pflichtschule aufgrund der Altersentwicklung in der Gesellschaft alternativlos. „Viele Interessierte für einen Pflegeberuf, müssen derzeit auf eine Pflegeausbildungsmöglichkeit bis zur Vollendung des 17. Lebensjahres warten und absolvieren daher im Regelfall eine andere Ausbildung. Diese jungen Menschen sind zumindest für die nächsten Jahre den Pflegeberuf betreffend, verloren. Bei uns wird die Lehrausbildung (duale Ausbildung) für die Pflegeassistenzberufe diskutiert, aber noch nicht umgesetzt. Nach meinem Dafürhalten können wir es uns in der derzeitigen prekären Situation überhaupt nicht leisten, auf eine solche Ausbildungsschiene, die natürlich ergänzend zum bisherigen Ausbildungsangebot eingeführt werden soll, zu verzichten. Schließlich werden bis zum Jahr 2030 in Tirol 7.000 ausgebildete Pflegekräfte benötigt", betont Innerebner.

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