Interview
Martin Hörtnagl – Ein Tiroler Multitalent

Martin Hörtnagl lebt, liebt und wirkt in Innsbruck. | Foto: Privat
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  • Martin Hörtnagl lebt, liebt und wirkt in Innsbruck.
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Als gelernter Tischler und Interior-Designer entwickelte Hörtnagl früh ein Verständnis für Raum, Form, Licht und Farbe. Ab den frühen 2010er Jahren begann er sich intensiver mit seiner künstlerischen Seite zu beschäftigen und entwickelte eine eigene Bildsprache, vorwiegend in Öl gemalt. Es folgten Ausstellungen, Land-Art-Projekte und Installationen. Besonders bewegen ihn die aktuellen sozialen und ökologischen Herausforderungen sowie die Transformationsprozesse des Lebens. Neben seiner künstlerischen Arbeit ist er auch als selbstständiger Berater für Nachhaltige Entwicklung und Organisationsentwicklung tätig.

BEZIRKSBLÄTTER: Du hast ja schon einiges gemacht in deinem Leben, wie kam es zur Kunst?
MARTIN HÖRTNAGL: In meinem Leben habe ich verschiedene Dinge ausprobiert, das stimmt, doch es scheint, dass sich eine Konstante herauskristallisiert – meine Affinität sowohl zum Handwerk als auch zur Gestaltung. Früher war ich Mitinhaber der Firma "Parkettagentur", und davor arbeitete ich 10 Jahre lang als Einrichter und Innenarchitekt. Zu einem Zeitpunkt lief das Geschäft so gut, dass ich mehr in die Unternehmensführung als in die kreative Gestaltung eingebunden war. Obwohl ich noch immer kreativ im Bereich Marketing tätig war, hat mir das nicht genügt. Deshalb begann ich vor etwa 15 Jahren zu malen. Durch meine Erfahrung als Innenarchitekt habe ich mich bereits intensiv mit Form, Licht und Farbe auseinandergesetzt, was eine natürliche Brücke zur Kunst bildete. Ein klassisches Kunststudium habe ich jedoch nie absolviert.

Jetzt also Full-Time Künstler?
Ich hatte eigentlich nie die Absicht, mich selbst als "Künstler" zu bezeichnen oder gar eine Karriere als solcher anzustreben. Anfangs war die Malerei lediglich ein persönlicher Ausdruck für mich. Doch relativ schnell begann ich meine Kunst dann doch auch öffentlich zu präsentieren. Ich war ja auch Mitbegründer des Vereins "ARS Cultus" in Leutasch da es mir ein persönliches Anliegen war, gemeinsam mit anderen Kunst zu schaffen und zu fördern. Diese Erfahrung brachte mir große Freude, besonders weil ich aus Leutasch stamme. Dadurch wurde es auch leicht, meine eigenen Werke zu präsentieren. So entwickelte sich meine künstlerische Tätigkeit nebenbei weiter, bis sie schließlich mehr als nur ein Hobby wurde.

"Blau ist die Farbe des Vertrauens und der Verlässlichkeit. Als Farbe des Himmels, drückt das Blau Ferne, Weite und Unendlichkeit aus." Aus dem Zyklus „perfect blue“  Die (scheinbar) perfekte Welt?  | Foto: Privat
  • "Blau ist die Farbe des Vertrauens und der Verlässlichkeit. Als Farbe des Himmels, drückt das Blau Ferne, Weite und Unendlichkeit aus." Aus dem Zyklus „perfect blue“ Die (scheinbar) perfekte Welt?
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Das heißt dass dir in deiner Vielfältigkeit, Kunst alleine gar nicht reicht?
Na ja, auch wenn ich nicht ausschließlich von meiner Kunst leben kann, empfinde ich sie zweifellos als meine Berufung. Vor etwa sechs Jahren habe ich meine Anteile an der Firma (Parkettagentur) verkauft. Damals hatte ich etwas Kapital angespart und beschloss, ein Jahr lang ausschließlich von meiner Kunst zu leben. Und ja, ich stellte bald fest, dass mir das allein nicht ausreichte. Mir wurde bewusst, dass meine beruflichen Aktivitäten ein ausgewogenes Geben und Nehmen erfordern müssen. Ich entschied mich dann dazu, eine neue Ausbildung zum systemischen Coach und Teamcoach zu beginnen. Trotzdem konnte ich der Kunst nicht den Rücken kehren, da sie mein bevorzugter Ausdrucksweg ist. Dinge, die mich beschäftigen, müssen in dieser Form verarbeitet oder auf die Leinwand gebracht werden. Dadurch gewinne ich Klarheit, und es fasziniert mich, wie Gedanken im Kopf entstehen und plötzlich vor mir auf der Leinwand erscheinen.

"Das rote Band, steht symbolisch für die Zusammenhänge von Beziehungen im Spannungsfeld unterschiedlicher Kräfte." Martin vor einem Werk aus dem Zyklus „Das rote Band“ . | Foto: Privat
  • "Das rote Band, steht symbolisch für die Zusammenhänge von Beziehungen im Spannungsfeld unterschiedlicher Kräfte." Martin vor einem Werk aus dem Zyklus „Das rote Band“ .
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Laut deiner Homepage befindest du dich künstlerisch gerade im "Holzzyklus". Wie kommts?
Durch meine Auseinandersetzung mit Kunst und den Themen, die mich bewegen, bin ich auf das Thema Nachhaltigkeit gestoßen. Als ehemaliges Gründungsmitglied des Impact Hub Tirol, einer globalen Organisation, die sich unter anderem mit sozialökologischer Entwicklung für Unternehmen beschäftigt, übernahm ich eine maßgebliche Rolle. In diesem Zusammenhang habe ich viel über planetare Grenzen, soziales Unternehmertum und verwandte Themen gelernt. Diese Erfahrungen haben wiederum meine künstlerische Arbeit inspiriert. Holz hat einen großen Teil meines beruflichen Lebens begleitet – sei es als Tischler, Innenarchitekt oder natürlich durch meine Arbeit mit der Parkettagentur. Daher habe ich eine starke Bindung zu diesem Material. Allerdings ist dies nicht der einzige Grund, warum ich mich jetzt auf künstlerischer Ebene mit Holz beschäftige, wie man weiter unten dann auch noch lesen kann.

"Als Krone der Schöpfung bestimmen wir das Maß aller Dinge,  jedoch langsam schimmert uns, dass wir als Ganzes zu groß geraten sind und dabei zerstören, was uns nährt und am Leben erhält." aus dem Zyklus „Downsizing“ Das Maß aller Dinge. | Foto: Privat
  • "Als Krone der Schöpfung bestimmen wir das Maß aller Dinge, jedoch langsam schimmert uns, dass wir als Ganzes zu groß geraten sind und dabei zerstören, was uns nährt und am Leben erhält." aus dem Zyklus „Downsizing“ Das Maß aller Dinge.
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Erzähle ein bisschen mehr über deine künstlerische Arbeit in Zyklen.
In meinem kreativen Prozess widme ich mich einem Thema in der Regel über einen Zeitraum von etwa 1-2 Jahren intensiv. In dieser Zeit setze ich mich eingehend mit dem jeweiligen Thema auseinander, wie es momentan eben bei Holz der Fall ist. Vor Holz beschäftigte ich mich beispielsweise mit "Downsizing-das Maß aller Dinge" – der Fokus lag also darauf, die Essenz der Dinge zu erfassen. Ich vertiefe mich in ein Thema, bis ich das Gefühl habe, genug darüber gelernt und gearbeitet zu haben, und dann gehe ich zum nächsten über. Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass mich das vorherige Thema nicht mehr interessiert oder dass ich es nicht später wieder aufgreifen würde. Letzten Herbst hatte ich das Thema "Downsizing" für mich abgeschlossen, nachdem ich bereits einige Ausstellungen mit diesen Werken hatte. Dann kam das Thema "Holz".

"Holz, der gute Stoff, im ewigen Kreislauf des Lebendigen im Toten und dem Toten im Lebendigen. In meinen Gemälden versuche ich, die Verbindung zwischen dem Lebensstoff „Wald“ und dem Rohstoff „Holz“ zu erforschen. Dabei interessiert mich, wie wir als Menschheit mit uns und mit unseren Ressourcen umgehen? Wie schaffen wir es in einer mechanistisch ausgerichteten Gesellschaft, die natürlichen Grenzen der lebendigen Welt und den ewigen Zyklus von Leben und Sterben zu akzeptieren? Dabei suche ich die Verbindung zwischen dem „Wald“ als Symbol des Lebens und der Rolle des „Holzes“ als die unerschöpfliche Ressource, die im Gegensatz zu so manch anderen Rohstoffen, wie Erdöl oder Kohle, als der bessere, der natürlichere, der nachhaltigere Rohstoff gesehen wird. So könnte man meinen, wir leben in einer Welt von unendlichem Wachstum, gespeist von unendlichen Rohstoffen in einem unendlichen Universum. Einzig, das letztere ist wohl wahr!"

"Holz, der gute Stoff, der nachhaltige Stoff, der nachwachsende Stoff, der heilige Rohstoff. Amen!" | Foto: Privat
  • "Holz, der gute Stoff, der nachhaltige Stoff, der nachwachsende Stoff, der heilige Rohstoff. Amen!"
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Der obige Text stammt von deiner Homepage zum Holzzyklus. Das heißt neben dem Bild ist dir auch das Wort und die Erklärung wichtig?
Ich beginne immer mit den Bildern und füge dann nach und nach Texte hinzu. Der Text über Holz ist auch noch nicht vollständig. Je mehr ich mich mit dem Thema beschäftige, desto besser kann ich es in Worte fassen. Wie bereits erwähnt, stehe ich noch am Anfang meiner Auseinandersetzung mit Holz, und dieser Prozess wird sich weiterentwickeln, ähnlich wie das Material selbst. Ich werde mich mit verschiedenen Aspekten dieses faszinierenden Materials auseinandersetzen. Als nächstes werde ich mich beispielsweise mit der Rinde beschäftigen und wie sie den Baum schützt, was auch Parallelen zu unserem eigenen Schutzorgan, der Haut, aufweist.

Danke fürs Gespräch!

Wenn Sie mehr über den Künstler, den Menschen Martin Hörtnagl und seine Arbeit erfahren wollen:  www.hoertnagl-kunst.com

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