16 Tage gegen Gewalt
Land macht auf strukturelle Gewalt aufmerksam

Mit dem Sujet der Kampagne „Gleiche Chancen für SIE. Gegen strukturelle Gewalt“, v. l.: GFin Andrea Laske (Gewaltschutzzentrum Tirol), LRin Eva Pawlata und GFin Sabine Platzer-Werlberger (AMS Tirol). | Foto: © Land Tirol/Milicevic
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  • Mit dem Sujet der Kampagne „Gleiche Chancen für SIE. Gegen strukturelle Gewalt“, v. l.: GFin Andrea Laske (Gewaltschutzzentrum Tirol), LRin Eva Pawlata und GFin Sabine Platzer-Werlberger (AMS Tirol).
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Im Rahmen der Aktion "16 Tage gegen Gewalt an Frauen" macht das Land mit der Kampagne "Gleiche Chancen für SIE." auf strukturelle Gewalt aufmerksam.

TIROL. Vom 25. November bis 10. Dezember finden die "16 Tage gegen Gewalt an Frauen" statt. Pünktlich zum Start lanciert das Land Tirol die Sensibilisierungskampagne „Gleiche Chancen für SIE. Gegen strukturelle Gewalt“.

Strukturelle Gewalt im Gesellschaftssystem als Problem

Im Fokus der Kampagne steht die strukturelle Gewalt. Diese Form der Gewalt geht nicht von einer bestimmten Person, sondern vielmehr vom gesamten Gesellschaftssystem aus. Sie äußert sich in ungleichen Machtverhältnissen und folglich ungleichen Lebenschancen von Frauen und Männern, jungen und alten Menschen, Menschen mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund oder unterschiedlichen Lebensformen. Sie passiert also vielfach im Alltag, ohne dass es viele Menschen bewusst wahrnehmen. 

„Strukturelle Gewalt bezieht sich auf gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Strukturen, die Menschen benachteiligen oder ausschließen. [...] In patriarchalen Gesellschaften – also in Gesellschaften, in denen Männer traditionell eine dominierende Rolle spielen – sind von struktureller Gewalt vor allem Frauen und Mädchen betroffen. Sie stehen demnach im Zentrum der Kampagne ‚Gleiche Chancen für SIE.‘“,

betont LRin Pawlata

„Strukturelle Gewalt ist die Wurzel von Diskriminierung und anderen Formen von Gewalt", sagt LRin Pawlata. | Foto: © Land Tirol/Milicevic
  • „Strukturelle Gewalt ist die Wurzel von Diskriminierung und anderen Formen von Gewalt", sagt LRin Pawlata.
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Ein Nährboden für Gewalt in Beziehungen

GFin Laske vom Gewaltschutzzentrum Tirol erläutert, warum strukturelle Gewalt mit häuslicher Gewalt zusammenhängt:

„Ungleiche Machtverhältnisse und ungleiche Möglichkeiten von Frauen und Männern schaffen einen Nährboden für Gewalt in Beziehungen. Viele unserer Klientinnen sind finanziell von ihren Partnern abhängig. Sie können es sich daher nicht leisten, sich von diesen zu trennen, da sie die Miete und den Lebensunterhalt nicht alleine finanzieren können. Dies wiederum liegt daran, dass sie in schlecht bezahlten Arbeitsverhältnissen oder in Teilzeit arbeiten. Diese Frauen bleiben dann oft über viele Jahre in gewaltvollen Beziehungen – teilweise mit ihren Kindern, die ebenso die häusliche Gewalt miterleben.“

Andrea Laske, Geschäftsführerin des Gewaltschutzzentrums Tirol, erklärte wie strukturelle Gewalt mit häuslicher Gewalt zusammenhängt. | Foto: © Land Tirol/Milicevic
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Das Gewaltschutzzentrum Tirol ist eine von der Republik Österreich beauftragte Opferschutzeinrichtung. Die Mitarbeiterinnen beraten und unterstützen insbesondere Frauen und deren Kinder, die im häuslichen Bereich von Gewalt bedroht und betroffen sind. Im Jahr 2022 führte das Gewaltschutzzentrum Tirol insgesamt rund 6.300 Beratungsgespräche mit 1.650 Personen – über 80 Prozent davon waren Frauen. In diesem Jahr verzeichnet das Gewaltschutzzentrum Tirol mit Stand November 1.460 beratene Personen. Ein Großteil der Personen wird dem Gewaltschutzzentrum vonseiten der Polizei vermittelt. Im Jahr 2022 wurden der Einrichtung 1.060 Betretungs- bzw. Annährungsverbote in Tirol gemeldet.

Arbeitsmarktsituation ebenfalls von struktureller Gewalt betroffen

Auch das AMS Tirol ist in seiner tagtäglichen Arbeit mit den Auswirkungen von strukturellen Benachteiligungen von Frauen konfrontiert, welche sich auf die gesamte Arbeitsmarktsituation auswirken, berichtet GFin Platzer-Werlberger:

„Die Geschlechtersegregation bildet einen Nährboden für verschiedene Formen von Gewalt, die sich insbesondere in der ungleichen Verteilung von Lohn- uns Sorgearbeit manifestieren. So bleibt das traditionelle Bild des männlichen Ernährers in der Familie hartnäckig bestehen. In Tirol arbeitet jede zweite Frau in Teilzeit – bei den Männern dagegen nur jeder zehnte."

Sabine Platzer-Werlberger, Landesgeschäftsführerin des AMS Tirol, berichtete über die Auswirkungen von struktureller Gewalt auf die gesamte Arbeitsmarktsituation. | Foto: © Land Tirol/Milicevic
  • Sabine Platzer-Werlberger, Landesgeschäftsführerin des AMS Tirol, berichtete über die Auswirkungen von struktureller Gewalt auf die gesamte Arbeitsmarktsituation.
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Frauen erhalten zudem beim AMS Tirol im Durchschnitt 250 Euro weniger Arbeitslosengeld als Männer. 

Um Frauen die (finanzielle) Unabhängigkeit – und damit vielfach auch das Lösen aus Gewaltbeziehungen – zu ermöglichen, müsse daher die partnerschaftliche Aufteilung von Sorgearbeit vorangetrieben werden. Mit der Kampagne „Sorgende Männer“ startete das Land Tirol diesen Sommer bereits eine breit angelegte Offensive, um speziell Männer für Modelle der Freistellung zu sensibilisieren. Außerdem brauche es, so GFin Platzer-Werlberger, ein existenzsicherndes Einkommen sowohl in der Erwerbsarbeit als auch während Phasen der Arbeitslosigkeit, Krankheit oder in Krisensituationen.

Auf besondere Barrieren sowohl beim Eintritt in den Arbeitsmarkt wie auch bei der Berufsausbildung stoßen Frauen mit Migrationshintergrund und Frauen mit Behinderungen. Sie sind vielfach Mehrfachdiskriminierungen ausgesetzt. 

Sensibilisierungskampagne

Die Sensibilisierungskampagne „Gleiche Chancen für SIE.“ will auf strukturelle Gewalt und deren Präsenz im Alltag aufmerksam machen. Radiospots, Plakate und Social Media Content zeigen plakative Beispiele auf. 
Alle Hilfs- und Unterstützungsangebote für Frauen und Mädchen und für Personen, die von Gewalt bedroht oder betroffen sind, sowie deren Umfeld finden sich unter www.gewaltfrei-tirol.at.

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