Umfrageergebnis
Sterbehilfe: Fluch oder Segen? – Umfrage der Woche

Umfrage der Woche: Mit 1. Jänner 2022 ist in Österreich die Mitwirkung am Selbstmord erlaubt. Die Politik hat sich dagegen lange gesträubt, während sich der Großteil Bevölkerung schon lange dafür ausgesprochen hat. | Foto: pixabay/truthseeker08 (Symbolbild)
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  • Umfrage der Woche: Mit 1. Jänner 2022 ist in Österreich die Mitwirkung am Selbstmord erlaubt. Die Politik hat sich dagegen lange gesträubt, während sich der Großteil Bevölkerung schon lange dafür ausgesprochen hat.
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TIROL (SKN). Mit 1. Jänner 2022 ist in Österreich die Mitwirkung am Selbstmord erlaubt. Die Politik hat sich dagegen lange gesträubt, während sich der Großteil Bevölkerung schon lange dafür ausgesprochen hat.

Ergebnis unserer Umfrage der Woche zur Sterbehilfe

In unserer Umfrage der Woche wollten wir von euch wissen, was Eure Meinung zur Sterbehilfe ist und was erlaubt sein soll und was nicht.

Hier das Ergebnis unserer Umfrage

  • Insgesamt haben 95 Leserinnen und Leser an unserer Umfrage zur Sterbehilfe teilgenommen
  • 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmer geben an, dass jegliche Art von Sterbehilfe, auch die Aktive, sollte erlaubt sein soll.
  • 27 Personen sind der Meinung, dass nur passive Sterbehilfe oder Beihilfe zum Suizid erlaubt sein soll.
  • 8 Personen lehnen jede Art der Sterbehilfe ab.
Ergebnis der Umfrage der Woche: Wir wollten von euch wissen, was eure Meinung zur Sterbehilfe ist. | Foto: BB Tirol
  • Ergebnis der Umfrage der Woche: Wir wollten von euch wissen, was eure Meinung zur Sterbehilfe ist.
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Bei unserer Umfrage der Woche hat sich die überwiegende Mehrheit für die Sterbehilfe ausgesprochen. Damit entspricht die Meinung der Tirolerinnen und Tiroler auch jener, die die Umfrage Gesellschaft für ein humanes Lebensende ergeben hat. 63,2 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer geben an, dass jegliche Sterbehilfe – auch die Aktive – erlaubt sein soll. 28,4 Prozent wollen dass die passive Sterbehilfe beziehungsweise die Beihilfe zum Selbstmord straffrei möglich sein soll. Nur 8,4 Prozent gaben an, dass jegliche Sterbehilfe verboten sein sollte.

Österreicher sprechen sich für die Sterbehilfe aus

Im Frühjahr 2021 gab die Gesellschaft für ein humanes Lebensende (ÖGHL) den Auftrag für eine Meinungsumfrage über die Sterbehilfe in Österreich. Die Meinungsumfrage wurde durch das Meinungsforschungsinstitut INTEGRAL durchgeführt. Dabei war das Ergebnis eindeutig: Die Mehrheit – nämlich 80 Prozent – befürwortet die VfGH-Entscheidung zum selbstgewählten Sterben bei schwerer Krankheit. Fast jeder zweite gb an, selbst Sterbehilfe in Anspruch nehmen zu wollen. 23 Prozent der Befragten spricht sich auch für eine aktive Sterbehilfe aus. Mehr als die Hälfte (53 Prozent) verlangt von der Bundesregierung ein neues Gesetz, das das Recht auf Sterbehilfe stärkt.

"Diese Umfrage zeigt, dass eine große Mehrheit für Sterbehilfe ist. Es geht jetzt nicht mehr um Pro und Contra, sondern darum, wie die Politik diesem Wunsch schnellstmöglich entspricht. Sterbehilfe muss ab 2022 für alle Betroffenen ohne Hürden und ohne Bevormundung möglich sein.“ (Wolfgang Obermüller, Politiksprecher der ÖGHL)

Was man unter Sterbehilfe versteht

Der Begriff Sterbehilfe umfasst sämtliche Handlungen, die von der Hilfe und Unterstützung im Sterben (Hilfe beim Sterben) bis hin zur aktiven Tötung sterbender oder schwerstkranker Menschen (aktive Lebensverkürzung) reichen. Dabei wird  unterschieden zwischen

  • passive Sterbehilfe: Bei der passiven Sterbehilfe wird auf lebensverlängernde Maßnahmen verzichtet. Die Grundpflege und schmerzlindernder Behandlung wird beibehalten. Darunter fällt unter anderem das Abschalten eines Beatmungsgeräts.
  • indirekte Sterbehilfe: Bei der indirekten Sterbehilfe wird eine Lebenszeitverkürzung beispielsweise durch eine schmerzlindernde Behandlung in Kauf genommen (palliative Behandlung). Dies kann zum Beispiel durch die Gabe von Morphium geschehen.
  • Beihilfe zum Suizid: Unter Beihilfe zum Suizid (Selbstmord) versteht man die Hilfeleistung zur Selbsttötung. Darunter fällt beispielsweise die Beschaffung und Bereitstellung eines tödlichen Mittels. Dieses muss allerdings von der erkrankten Person selbst eingenommen werden. Ansonsten fällt es unter aktive Sterbehilfe (und diese ist in Österreich auch weiterhin verboten)
  • aktive Sterbehilfe: Bei der aktiven Sterbehilfe wird das Leben eines anderen Menschen vorzeitig beendet – also der Todeseintritt beschleunigt oder absichtlich herbeigeführt. Dies kann beispielsweise durch eine Überdosis Medikamente erfolgen.

In einigen anderen europäischen Ländern wie Belgien, den Niederlanden und Luxemburg ist selbst die aktive Sterbehilfe erlaubt. Allerdings gibt es hier einige wenige Vereine die Hilfestellung und Ärzte vermitteln und so bei de Selbsttötung Hilfe zu leisten.

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Sterbehilfe in Österreich

Seit der Zeit des Austrofaschismus (1933/34 bis 1938) war in Österreich die Sterbehilfe verboten. Diese Mitwirkung am Selbstmord stand unter Strafe. Selbst Unterstützungshilfe wie beispielsweise der Kauf für ein Zugticket in die Schweiz, so Sterbehilfe erlaubt ist, war verboten. Selbst für nahe Angehörige war die Sterbehilfe verboten.  Immer wieder kam es in Österreich diesbezüglich zu einer Debatte, wurde aber durch die Bundesregierung immer wieder abgelehnt. So hieß es im Regierungsprogramm 2000 zu diesem Thema:

„Jeder Schritt in Richtung Sterbehilfe wird entschieden abgelehnt. Vielmehr soll ein Plan für den Ausbau des Hospizwesens und der Palliativmedizin (Schmerzmedizin) entwickelt werden.“

Damals lehnte auch die österreichische Ärztekammer Sterbehilfe ab. Auch 2015 war eher der Ausbau des Hospizwesens und der Palliativmedizin Thema.

Vier Antragsteller, darunter zwei Schwerkranke und ein Arzt, hatten im Mai 2019 auf Betreiben der Schweizer Sterbehilfe-Organisation Dignitas eine Verfassungsklage eingebracht. Im Dezember 2019 erteilte der Präsident der Österreichischen Ärztekammer, Thomas Szekeres aktiver Sterbehilfe und der Beihilfe zum Suizid eine klare Absage:

„Aktive Sterbehilfe ist für uns als Ärztekammer nicht akzeptabel.“

Der österreichische Verfassungsgerichtshof (VfGH) hob am 11. Dezember 2020 die Strafbarkeit der "Mitwirkung am Selbstmord" mit Wirksamkeit 1. Jänner 2022 auf. Die Begründung lautete, dass der Strafbestand "Mitwirkung am Selbstmord" gegen das Recht auf Selbstbestimmung verstoße. Allerdings bleibt "Tötung auf Verlangen" (aktive Sterbehilfe) weiterhin strafbar. Der Verfassungsgerichtshof erkennt das

"Recht auf menschenwürdiges Sterben"

an.

Wie es jetzt mit der Sterbehilfe in Österreich weitergeht

Nach dem Urteil des VfGH gibt es bis dato noch keine gesetzliche Grundlage, wie es mit der Sterbehilfe beziehungsweise der Mitwirkung am Selbstmord weitergehen werde. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) spricht sich für eine Verfassungsbestimmung aus. Darin soll nach dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs der Umgang mit der Sterbehilfe in Österreich geregelt werden. Allerdings lässt er dabei offen, wie diese Regelung aussehen soll:

"Gerade die Frage nach der aktiven Sterbehilfe muss mit Sicherheit in die Verfassung aufgenommen werden"

und

"Der Nationalrat muss eine neue Lösung vorlegen, gar keine Frage."

Aktuell erarbeitet das Justizministerium (Grüne) diesbezüglich einen Gesetzesentwurf. Darin soll unter anderem geregelt werden, wer diese Sterbehilfe überhaupt durchführen darf. Wird die Regelung zur Sterbehilfe in den Verfassungsrang gehoben, könnte sie durch den VfGH auch nicht mehr aufgehoben werden. Aus diesem Grund warnt unter anderen die ÖGHL dass auf diese Art, das Recht auf Sterbehilfe unterlaufen und die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes ausgehebelt werden könnte.

Diskussion rund um die Sterbehilfe

Bei der Diskussion um die aktive Sterbehilfe geht es vor allem darum, ob es erlaubt sein soll, schwer kranken Personen das Recht zu geben, ihren eigenen Todeszeitpunkt zu bestimmen, auch wenn sie dazu auf fremde Hilfe angewiesen sind. Was einfach klingt führt zu einer kontrovers geführten Diskussion. Im Mittelpunkt stehen schwierigste ethische Fragen.

Argumente für die Sterbehilfe

  • Menschenwürde: Jeder Mensch sollte die Möglichkeit haben, auch bei schwerer Krankheit seine Würde zu bewahren – auch wenn dies die Entscheidung für den Suizid ist.
  • Selbstbestimmungsrecht: Gerade kranke Menschen fühlen sich oft entmündigt, daher sollte jeder Mensch die Möglichkeit haben, sein Leben selbst zu beenden. Für viele Befürworter der aktiven Sterbehilfe ist das selbstbestimmte Lebensende ein Menschenrecht.
  • Humanität/Ethik: Gerade für Patienten mit unerträglichen Schmerzen stellt der freiwillige Tod eine Erlösung dar. Befürworter betrachten die aktive Sterbehilfe daher als Akt der Menschlichkeit.
  • Verhinderung weiterer Schmerzen: Will ein schwerstkranker Mensch tatsächlich sterben und sucht dann andere Wege, sich das Leben zu nehmen. Dadurch könnten weitere, vermeidbare Schmerzen entstehen.

Argumente gegen die Sterbehilfe
Vor allem Vertreter der christlichen Kirche sprechen sich gegen die Sterbehilfe aus: Hier stehen vor allem religiöse Gründe im Vordergrund. Aber auch sonst gibt es auch Argumente gegen die Sterbehilfe – allen voran die Befürchtung, dass Sterbehilfe auch zu Missbrauch führen könnte.

  • Drängen zum Tode: Es kann immer wieder dazu kommen, dass Alte und Kranke gegen deren Willen zur Sterbehilfe gedrängt werden könnten.
  • Interessenkonflikte: Pflegende Angehörige stehen häufig unter hoher Belastung. Daher muss eine Entscheidung zur Sterbehilfe tatsächlich im Interesse des Patienten und nicht im Interesse der Angehörigen getroffen werden. Kranke könnten aber genau deswegen sich zur Selbsttötung entscheiden um die Angehörigen zu entlasten.
  • Therapierbarkeit: Nicht immer führt eine Krankheit zum Tod, häufig kommen aufgrund einer unheilbaren Krankheit auch Depressionen hinzu. Diese könnten den Wunsch zu sterben beeinflussen. Problematisch wird die Sterbehilfe auch dann, wenn die Kranken nicht mehr ganz zurechnungsfähig sind. Es besteht die Sorge, dass der Wunsch nach dem Tod bei nicht klarem Verstand getroffen wird.
  • Sterbehilfe als Geschäftsmodell: Es besteht die Gefahr, dass Sterbehilfe geschäftsmäßig angeboten wird, um Gewinne zu erzielen.
  • Widerspruch zum Hippokratischen Eid: Dieser besagt, dass das Leben auf jeden Fall geschützt werden müsse. Leben sollte erhalten und nicht beendet werden.
  • Hohe Belastung für Ärzte, Pflegekräfte aber auch Angehörige bei der Hilfe zum Selbstmord.

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