3 Funktionen ergibt 3 Gehälter: Bezügebegrenzungsgesetz trifft LA Kraft
Vor knapp zwei Monaten wurde LA Günter Kraft als zweiter Vizebürgermeister im Tullner Gemeinderat angelobt. Jetzt wurde bekannt, dass er somit drei Gehälter bezieht, was nach dem Bezügebegrenzungsgesetz nicht sein darf.
TULLN (kaze). Nach dem Gesetz darf man nur zwei Bezüge von staatlichen Einrichtungen annehmen – eine Grenze, die im Fall von LA Vizebürgermeister Günter Kraft (SPÖ) überschritten wurde. „Nachdem ich Kenntnisnahme erlangte, habe ich sofort gehandelt“, erzählt er und verweist auf einen Brief an die Gemeinde.
Der Vizebürgermeister, der vor knapp zwei Monaten im Gemeinderat angelobt wude, bezog ab seiner Funktionsübernahme drei Gehälter.
„Im Club niemals besprochen“
Er bekleidet das Amt des Abgeordneten zum Landtag, des Weiteren ist er in der Arbeiterkammer Niederösterreich teilkarenziert. „Dass mir diese Sache sehr unangenehm ist, will ich erwähnt haben“, sagt Kraft. „Es ist auch schockierend, dass dies im Club niemals besprochen wurde. Noch bevor jemand aus dem Gemeinderat an mich herangetreten ist, habe ich bereits einen Brief aufgesetzt, in welchem ich darauf verweise, dass meine Aufwandsentschädigung für das Amt des Vizebürgermeisters ruhend gestellt werden muss“, infomiert er. „Da ich immer darum bemüht bin, rechtliche Grundlagen einzuhalten, war es mir ein Anliegen, so schnell wie möglich zu handeln.“
Aufwandsentschädigung und Fraktionsbeiträge überwiesen
„Und ich habe natürlich nicht nur die Aufwandsentschädigung zurücküberwiesen, auch die daraus entstehenden Fraktionsbeiträge wurden an die Gemeinde rückverrechnet“, behauptet der Vize.
„Aus rechtlicher Sicht“, informiert Rechtsanwalt Johannes Sykora, „kann ein Mandatar auf die ihm gesetzlich zustehenden Bezüge und Entschädigungen nicht verzichten. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass der Mandatar das Mandat mit entsprechendem Aufwand betreibt und auch nicht gerade aus politischen Motiven auf Bezüge verzichten kann, weil er ohnehin aus anderer Tätigkeit ausreichend Einkünfte hat. Bei einer solchen Vorgangsweise könnte der politische Mitbewerber unsachlich unter Druck kommen, was dazu führen könnte, dass sich Mandatare in wirtschaftliche Notlagen und damit Abhängigkeiten begeben. Ein Verzicht ist nur dann zulässig, wenn er nachweist, dass ihm durch die Annahme der Entschädigung ein übersteigender Schaden erwachsen würde“, so Sykora.
Ausführliche Informationen zur Regelung zum NÖ Bezügegesetz und zum NÖ Gemeinde-Bezügegesetz von Stadtrat Mag. Johannes Sykora:
Ersteres gilt für Mitglieder des NÖ Landtages und der NÖ Landesregierung, letzteres unter anderem für Mitglieder der Gemeinderäte in NÖ. In Tulln ist VBgm Günter Kraft der einzige Mandatar, der beide Gesetze beachten muss.
Als Landtagsmandatar hat LA Kraft Anspruch auf einen Bezug in Höhe von 70 % des jeweiligen Gehaltes eines Landesbeamten. Auf diese Bezüge kann nicht verzichtet werden.
Als VBgm. der Stadt Tulln hat er Anspruch auf eine Entschädigung als Mitglied des Gemeinderates, womit der mit der Ausübung des Mandates verbundene Aufwand als ersetzt gilt. Auch auf diese Entschädigung darf grundsätzlich nicht verzichtet werden. Ein Verzicht (ganz oder teilweise) ist nur dann zulässig, wenn er nachweist, daß ihm durch die Annahme der Entschädigung unter Berücksichtigung seiner sonstigen Einkünfte und Ansprüche von Gesetzes wegen ein die Entschädigung nach diesem Gesetz übersteigender Schaden erwachsen würde.
Der Anspruch auf eine derartige Entschädigung ruht, wenn der Anspruchsberechtigte länger als drei Monate, im Falle einer Erkrankung länger als sechs Monate, sein Amt nicht ausübt. Sonstige Ruhendstellungen sieht das Gesetz nicht vor.
Zusammengefasst kann man daher sagen, dass ein Mandatar auf die ihm gesetzlich zustehenden Bezüge (Landtag) und Entschädigungen (Gemeinderat) nicht verzichten kann. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass der Mandatar das Mandat mit entsprechendem Aufwand betreibt, und auch gerade nicht aus politischen Motiven auf Bezüge verzichten kann, weil er ohenhin aus anderer Tätigkeit ausreichend Einkünfte hat. Bei einer solchen Vorgangsweise könnte der politische Mitbewerber unsachlich unter Druck kommen. Dieser Druck könnte dazu führen, dass sich Mandatare in wirtschaftliche Notlagen und damit Abhängigkeiten begeben, was dem politischen System massiv abträglich wäre.
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