Seen sind zu warm
Hitzewelle zwingt Villachs Hechte in die Tiefe
Die Seen in Villach Stadt und Land werden immer wärmer. Und das hat nicht nur Auswirkungen auf die Fischpopulation.
VILLACH, VILLACH LAND. Der Sommer 2022 dürfte als einer der heißesten Sommer aller Zeiten in die Geschichte eingehen. Und Höchstwerte zwischen 34 und 38 Grad haben im Juli auch die Seen in Villach Stadt und Land aufgeheizt - mit prekären Auswirkungen auf den Fischbestand. "Wenn das mit der Erwärmung so weitergeht, wird sich die Fischpopulation in den kommenden zehn Jahren stark verändern", betont Herbert Wernegger, Obmann vom Fischereiverein Äsche.
Fische flüchten in die Tiefe
Als alarmierendes Beispiel für eine aktuelle Veränderung nennt der Experte etwa den Ossiacher See: "Fische haben sich immer gleichmäßig auf den See verteilt. Bei aktuellen Wasserwerten um 24, in seichten Bereichen gar 27 Grad fliehen Hechte vom flachen Wasser zwischen Tiebel und Ossiach ins tiefere Gewässer zwischen Stöckelweingarten und Sattendorf." Auch wenn Welse und Zander im Flachwasser (noch) vorhanden sind, nehmen hier vor allem Köderfische überhand. "Wenn sich langfristig nichts ändert, werden Hechte überhaupt verschwinden. Das wäre für uns Fischer eine Katastrophe. Nur Karpfen fühlen sich in so einer Badewanne wohl", führt Wernegger aus.
Stadtgewässer problematisch
Trotzdem können größere Gewässer, wie Ossiacher See und Faaker See, diese Entwicklung etwas abfedern. Kleinere Stadtgewässer hingegen haben gerade hart mit dem Temperaturanstieg zu kämpfen. Wernegger: "Auch am Vassacher See und St. Leonharder See suchen Fische die kühlende Tiefe. Aber die beiden Nachbarn werden spätestens dann nicht mehr tief genug sein, wenn die Temperaturen noch weiter in die Höhe klettern!"
Party für Bakterien
Die konstant zu warmen Seetemperaturen sorgen nicht nur dafür, dass Wasserpflanzen und Algen zum Problem werden (siehe unten), sondern erleichtern auch Bakterien die Vermehrung. "Zerkarien, das sind Larven von Saugwürmern, sterben normalerweise ab, bevor sie sich Menschen als Wirte suchen können. In der heurigen Badesaison bekommen sogar wir Fischer mit, wie viele Schwimmer von juckendem Ausschlag geplagt werden. Zu warme Seen sind ein Problem für uns alle!"
Auch Flüsse betroffen
Die Gail hatte bereits an schönen Tagen Anfang Juli 16 bis 17 Grad. "Das sind Temperaturen, wie wir sie sonst erst Mitte August messen. Forellen, Saiblinge und Äsche brauchen aber kühlere Gewässer. Zwei bis drei Grad zu viel sind bereits ein Problem!" Wie es mit den See- und Flusstemperaturen in den kommenden Jahren weitergeht, sei schwer vorherzusagen: "Wir können nur hoffen!"
Kraut verschlingt Stadtgewässer
Nicht weniger problematisch: Die konstant zu warmen Temperaturen lassen Unterwasserkräuter wuchern.
Als Beispiel nennt Fischereiverein Äsche-Obmann Herbert Wernegger den St. Leonharder See. Im Rahmen unseres Woche-Lokalaugenscheins haben wir uns vor Ort ein Bild von der Seekraut-Invasion gemacht. Als Schwimmer muss man sich erst durch unzählige Wasserpflanzen kämpfen, bevor man in der Seemitte seine Runden drehen kann. An so gut wie allen Uferbereichen wuchert das Kraut massiv. "Wir arbeiten gerade intensiv an einem Projekt. Im Herbst wird ein Mähboot den See ausmähen. So etwas war in den vergangenen zwanzig Jahren nicht notwendig!", sagt Wernegger besorgt.
Einfluss auf Wasserqualität
Würde man die Pflanzen einfach vor sich hinwuchern lassen, hätte dies enorme Auswirkungen auf die Wasserqualität: "Früher oder später verfault das Kraut. Von Trinkwasserqualität wären wir dann wohl weit entfernt!"
Alle Kleinseen betroffen
Der Verein Äsche ist für den Ossiacher See, Vassacher See, St. Leonharder See, die Drau und Gail zuständig. "Aber mit diesem Problem haben momentan so gut wie alle Kleinseen der Region zu kämpfen. Wie sich das Ganze entwickeln wird, ist nicht vorhersehbar", so Wernegger: "Wir können nur hoffen, dass unsere Stadt- und Landgewässer in den kommenden 50 Jahren nicht zu Mooren und Schilfstätten verkommen, denn das wäre schlecht für Fische, Fischer, Wasserratten, Badenixen, vor allem aber für das gesamte Ökosystem!"
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