Roland Mader im Interview
Wenn die virtuelle Welt krank macht

Roland Mader, Vorstand der Abteilung III
Koordinator des Schwerpunktsbereichs Alkohol,- und Medikamentenabhängigkeit
Leiter der Sektion Sucht der ÖGPP | Foto: KK/Privat
  • Roland Mader, Vorstand der Abteilung III
    Koordinator des Schwerpunktsbereichs Alkohol,- und Medikamentenabhängigkeit
    Leiter der Sektion Sucht der ÖGPP
  • Foto: KK/Privat
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Milliarden Menschen nutzen sie täglich, ein Leben ohne, für immer mehr Menschen kaum mehr vorstellbar. Neue Medien. Über die Gefahren und Verführungen des Cyber-Space sprach Roland Mader gestern in Villach. Die WOCHE bat vorab zum Interview. 

VILLACH. Erst letzte Woche schockierte der Vorfall an einer Kärntner Schule. Ein Mädchen wurde an einen Stuhl gefesselt, gefilmt, das Video über Soziale Netzwerke geteilt. Die Verlockung Sozialer Netzwerke wird besonders für Jugendliche immer öfter zur Gradwanderung. Sind wir Cyberkrank?
Zu diesem Thema, der Verführung und Gefahren neuer Medien, sprach gestern Primarius Roland Mader, Leiter der Sektion Sucht der Österreichischen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik in Villach. Die WOCHE hat ihn im Vorfeld zum Interview  gebeten.

WOCHE: Sie verwenden den Begriff "Cyberkrank". Wann ist die Grenze zwischen normal und krank überschritten?
Roland Mader: Gefährlich wird es, wenn man mehr Zeit online verbringt als einem „gut tut“, wenn reale Dinge zunehmend vernachlässigt werden, wenn sich Freunde zurückziehen, wenn man in der Früh müde ist, weil man die halbe Nacht online war und dadurch seine Leistungen nicht so abliefern kann. Trotz dieser negativen Konsequenzen schafft man es aber trotzdem nicht die Nutzung einzuschränken.

WOCHE: Wie definiert sich eine normale Nutzung des Cyberspace?
Mader: Digitale Medien sind selbstverständlich in vielen Lebensbereichen hilfreich. Online Zeiten von fünf Stunden am Tag gelten heute als normal (inkl. E-Mail und andere berufliche Nutzung). Normal ist, wenn man jederzeit !ausschalten“ kann, wenn reale Tätigkeiten dies erfordern.

WOCHE: Welche Gefahren birgt das Netz in Bezug auf die Gesundheit?

Mader: Im psychischen ist die Gefahr soziale Kompetenzen zu verlernen, z.B. wenn man zu viel in Social Media ist und seine Sozialkontakte primär dort pflegt. Dann werden soziale Fähigkeiten im realen Leben immer mehr verlernt. Ängstliche, schüchterne Menschen ziehen sich gerne in virtuelle Welten zurück, wodurch diese Sozialängste jedoch dann noch ausgeprägter werden.
Im körperlichen gibt es schon Probleme mit Nackenverspannungen und Haltungsschäden durch die gebückte Haltung bei der Smartphone-Nutzung, Kurzsichtigkeit nimmt zu und Schlafstörungen treten vermehrt auf wenn das Handy am Nachtkästchen liegt.

WOCHE: Gibt es Studien zu der Häufigkeit von "Cyber-Mobbing“? Wie viele Menschen waren bereits einmal im Leben davon betroffen?
Mader: Mindestens jeder fünfte Schüler wurde im Netz bereits bedroht oder beleidigt. Eine relativ neue deutsche Studie geht hier von sogar 30 Prozent aus.

Wieso ist die Cyber-Welt so „verführerisch“?
Mader: Das Internet befriedigt (scheinbar) alle menschlichen Gefühle. Nähe und Geborgenheit kann bei der Nutzung von Social Media oder auch bei Online Rollenspielen erfüllt werden, der Spieltrieb kann befriedigt werden, die Sexualität kann in allen Facetten erlebt werden und man kann in andere Identitäten schlüpfen, sich einen Avatar basteln und dort so sein wie man gerne wäre und im wirklichen Leben vielleicht nicht ist. Dadurch werden positive Gefühle und eine Selbstwerterhöhung erlebt und dies verführt natürlich zu einer weiteren immer intensiveren Nutzung.

WOCHE: Ohne Smartphone sind wir in manchen Situationen hilflos. Was kann der einzelne tun, um sich weniger davon abhängig zu machen?
Mader: Bewusst sein Smartphone einmal ausschalten oder auch zu Hause lassen, zum Beispiel beim gemeinsamen Familienausflug. Wenn man dann abends nach Hause kommt wird man bemerken, dass man wahrscheinlich gar nicht so viel versäumt hat.

WOCHE: Welche Strategien kennen Sie, sich vor den „Cyber-Verführung“ zu schützen?
Mader: Wichtig ist es reale Aktivitäten bewusst zu pflegen. Das heisst Freunde treffen, Spielen am Tisch und nicht am Computer, und eben auch bereit sein zu bestimmten Zeiten oder an bestimmten Orten wie beim gemeinsamen Essen, auf das Handy zu verzichten.

WOCHE: Was kann man tun, wenn man Opfer von Cyber-Mobbing wird?
Mader: Dies sofort melden! Seinen Eltern, seinen Lehrern oder auch der Polizei. Auf jeden Fall die Nummer sperren oder überhaupt das App löschen.

WOCHE: Was sollte man im Umgang mit Sozialen Medien in Bezug auf seinen höchstpersönlichen Lebensraum beachten ?
Mader: Nicht zu offen sein, nicht zu viel von sich preisgeben. Die wirklich privaten oder intimen Erlebnisse sollten den engsten Freunden vorbehalten sein.

WOCHE: Welchen Rat kann man Kindern und Jugendlichen geben?
Mader
: Das Internet nicht überzubewerten, es wird auch langweilig. Die wirklich erfüllenden Erlebnisse hat man im wirklichen Leben. Die Nutzung sollte auf jeden Fall zeitlich begrenzt sein.

WOCHE: Ab wann sollten Kinder unbeschränkten Zugang zu Internet haben, sprich ein eigenes Smartphone etwa besitzen?
Mader: Wahrscheinlich ab der 5. oder 6. Schulstufe, das heißt ab der 1. oder 2. Klasse Mittelschule beziehungsweise Gymnasium, aber auch noch zeitlich begrenzt und nicht rund um die Uhr verfügbar.

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