Schwerer Start für das "Hoamatland"
In eine ungewisse Zukunft gingen die Menschen im Bezirk nach Ende des Ersten Weltkrieges.
BEZIRK (ju). Der Zerfall der Jahrhunderte währenden Monarchie im Jahr 1918 war auch die Geburtsstunde des Landes Oberösterreich. Zum Feiern war den Menschen damals jedoch nicht zumute: Viele Familien hatte im Ersten Weltkrieg Angehörige verloren. Lebensmittelknappheit und Arbeitslosigkeit wurden zu einem immer größeren Problem. "Gegen Ende des Krieges und zu Beginn der Ersten Republik spitzte sich die Situation massiv zu", berichtet die Vöcklabruckerin Gudrun Steiner in ihrem Buch "Vöcklabruck im Ersten Weltkrieg". "Die Lebensmittelknappheit wurde immer schlimmer, der Schleichhandel blühte. Die Gendarmeriechronik des Postens Vöcklabruck berichtet von Kälber- und Schweinediebstählen und davon, dass die Beamten einen erbitterten Kampf gegen die Schleichhändler führten."
Soldatenrat und Bürgerwehr
Ein am 1. November 1918 gegründeter Soldatenrat sollte in der Stadt Vöcklabruck für Ruhe und Ordnung sorgen. "Als Gegenmaßnahme beschloss die Gemeindevertretung am 2. November 1918 die Errichtung einer Bürgerwehr. Sie sollte die Kooperation mit dem Soldatenrat suchen, um Übergriffe zu vermeiden", erzählt Franz Satzinger, ehemaliger Vöcklabrucker Stadtamtsdirektor und promovierter Historiker. Durch das Zurückströmen der Truppen von der italienischen Front seien laufend mit Soldaten vollgestopfte Züge am Bahnhof eingetroffen. "Es kam zu Plünderungen und Raufereien, die unter Kontrolle gebracht werden mussten", so Satzinger.
Papierarbeiter streikten
In vielen Orten kam es wegen der schlechten Versorgungslage zu Demonstrationen gegen die Rationierungen. "Am 17. September 1918 traten 350 Arbeiter der Papierfabriken Lenzing und Pettighofen in den Ausstand. Zuvor hatte die Betriebsleitung abgelehnt, den Grundlohn um 30 Prozent und die bisherige monatliche Teuerungszulage von 15 Kronen sowie die Kinderzulage um 90 Prozent zu erhöhen. Der Streik verlief friedlich", heißt es in Steiners Buch.
Im Zentralraum Linz war auch Brennholz Mangelware. Die Eisenbahnabteilung Oberösterreich führte im Auftrag der Landesregierung die Holzbringung aus dem Salzkammergut für die Stadt Linz durch. "So beabsichtigte die Eisenbahnabteilung Wels im Jahr 1920 eine zehn Kilometer lange Waldbahn vom Saurüssel in der damaligen Gemeinde Pabing – heute Gemeinde Straß im Attergau – bis zum Lokalbahnhof St. Georgen im Attergau der Lokalbahn Vöcklamarkt-Attersee zu errichten", so Franz Hauser, Obmann des Vereines "AtterWiki" (atterwiki.at). Die Waldbahn wurde schließlich 1920 vom Abhang des Saurüssels bis zur Gruber-Mühle in Thalham errichtet. Auf den letzten zwei Kilometern bis zum Lokalbahnhof in St. Georgen erfolgte der Holztransport mit Pferdefuhrwerken.
Lazarett in Schloss Kogl
Um zahlreiche Kriegsversehrte kümmerte sich im Attergau Gräfin Theodora Kottulinsky, die während des Ersten Weltkrieges im St. Georgener Schloss Kogl ein eigenes Lazarett einrichtete.
Zur Sache
Am 11. November 1918 legte Kaiser Karl die Regierungsgeschäfte zurück, am nächsten Tag rief die Nationalversammlung in Wien die Republik Deutschösterreich aus. Im Februar 1919 fanden die ersten Wahlen der jungen Republik statt. Am 15. März 1919 bildete sich eine sozialdemokratisch-christlichsoziale Regierung unter Staatskanzler Karl Renner (Sozialdemokrat).
Der provisorischen Landesversammlung vom 18. November 1918 gehörten insgesamt 101 Mitglieder an. Landeshauptmann war Johann Nepomuk Hauser von der Christlichsozialen Partei.
In Vöcklabruck stand Bürgermeister Josef Zauner (Christlichsoziale Partei) der Gemeindevertreung von 1919 bis 1924 vor. Bis 1930 war er auch Mitglied des Nationalrates.
(Quelle: Gudrun Steiner – "Vöcklabruck im Ersten Weltkrieg", Kilian Verlag)
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