Schließung Lagerhaus Stallhofen
Stallhofen kämpft um eine zweite Chance

- Franz Feirer appellierte am Anfang und am Ende des Abends an die Lagerhaus-Verantwortlichen.
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Mehr als 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen zur Kunden- und Mitgliederveranstaltung ins Freizeitzentrum Stallhofen, um Aufsichtsratsvorsitzenden Christian Konrad und Vorstandsvorsitzenden Johann Dorner davon zu überzeugen, dass die Schließung des Lagerhaus-Standortes in Stallhofen mit Ende Juli ein "Eigentor" sei.
STALLHOFEN. Die beiden Bürgermeister Johann Feirer (Stallhofen) und Klaudia Stroißnig (Geistthal-Södingberg) hatten zu dieser Protestversammlung eingeladen. Aufsichtsratsvorsitzender Christian Konrad und Vorstandsvorsitzender Johann Dorner vom Lagerhaus Graz Land hatten sich bereiterklärt, den zum Teil sehr aufgebrachten Mitgliedern und Kundinnen bzw. Kunden Rede und Antwort zu stehen.
Die Kraft am Land
Schon der Parkplatz des Freizeitzentrums war mit Dutzenden Traktoren bestückt - beim Eintreffen gab es ein lautstarkes Hupkonzert - und einige Gäste hatten Protestplakate mitgebracht. Feirer und Stroißnig betonten in ihren Statements für den Stallhofener Standort kämpfen zu wollen, weil er ein wichtiger Teil der Nahversorgung ist, außerdem ist dort auch die Postpartnerstelle angesiedelt. "Wir sind mit der Schließung nicht einverstanden und fordern eine Rücknahme dieses Beschlusses", brachte es Feirer auf den Punkt. Stroißnig beschwor "die Kraft am Land" und stellte fest, dass der ländliche Raum durch diese Maßnahme arg geschwächt werde. Beide betonten, dass die Vorgangsweise und die sehr kurzfristige und mangelhafte Kommunikation sehr enttäuschend waren.

- Ein Zeichen des Protets: Viele Bäuerinnen und Bauern kamen mit dem Traktor.
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Konrad und Dorner, die immer wieder durch laute Zwischenrufe von verärgerten Gästen unterbrochen wurden, legten ihre Beweggründe für die Schließung des Lagerhauses Stallhofen mit dem langjährigen Leiter Hannes Strommer dar. Gründe sind die hohe Zinsbelastungen innerhalb kürzester Zeit, eine durchschnittliche Inflation von 9,2 Prozent im Jahr 2023, hohe Energiekosten, der Einbruch der Bau- und Handelsbranchen, ein massiver Rückgang im Einfamilienwohnhausbau und der zunehmende Wettbewerb durch den Online-Handel. Außerdem ging die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe von 1995 bis 20004 von 9.451 MFA-Anträgen auf 5.088 Anträge zurück, während die Betriebe immer größer werden.

- Rund 500 Gäste wollten die Beweggründe der Lagerhaus-Schließung hören und mitdiskutieren.
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3.138 Mitglieder, 290 Mitarbeiter
Konrad und Dorner sprachen an alle treuen Kundinnen und Kunden den tiefsten Dank aus und attestierten Filialleiter Johannes Strommer und seinem Team hervorragende Arbeit. Trotzdem seien die Erlöse nicht mehr zufriedenstellend, sodass kein Weg an Strukturanpassungen und Kostenreduktionen vorbeiführe. Dorner gab an, dass die Lagerhaus-Standorte St. Bartholomä (6,7 km entfernt), Krottendorf (8 km entfernt) und Voitsberg (11 km) entfernt alle Lagerhaus-Kundinnen und Kunden aus dem Södingtal gerne und gut betreuen werden. "Wir haben die Gesamtverantwortung von 3.138 Mitgliedern und 290 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Lagerhaus Graz Land", so Konrad. "Es hilft nichts, wenn wir in zwei bis drei Jahren das ganze Werk an die Wand fahren, weil wir jetzt nicht auf die neuen Herausforderungen reagieren." Mit der letzten Leinwand-Folie "Willkommen im Lagerhaus Voitsberg" taten sich die beiden Lagerhaus-Verantwortlichen aber keinen Gefallen.

- Franz Feirer und Klaudia Stroißnig hatten zur Protestversammlung geladen.
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Wütende Proteste waren die Folge. Feirer wehrte sich gegen die Vorwürfe, dass die Gemeinde eine mögliche Erweiterung in früheren Jahre nicht unterstützt habe und brachte den Einwand, dass die Raiffeisenbank Stallhofen als kleinste eigenständige Bank im Bezirk sehr erfolgreich sei. "Geben Sie dem Lagerhaus Stallhofen eine zweite Chance", appellierte Feirer unter tosendem Applaus.

- Die Grünen kämpfen für den Erhalt und hatten auch ein Plakat mit.
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Emotionaler Protest
Sätze wie "So geht man mit den Kunden und Mitarbeitern nicht um", "Zerstören Sie nicht durch Unvermögen langjährige und beliebte Standorte" und "Diese Rechnung geht nicht auf" und "Den nächsten Traktor kaufe ich bestimmt nicht im Lagerhaus" spiegelten die aufgeheizte Stimmung wider. Stallhofens Gemeindekassier Herbert Rothschedl fühlte sich wie ein Schwein, das zur Schlachtbank geführt wird, sprach die Satzungen des Lagerhauses an und forderte eine Neupositionierung des Lagerhauses Stallhofen. Bauernbund-Obmann Günter Jantscher, der sein Aufsichtsratsmandat im Lagerhaus aus Protest zurücklegte, beschwörte das Lagerhaus-Duo: "Lasst den Hannes Strommer wirtschaften, er kann das!" Aufsichtsrat Franziska Schilcher versuchte dem Publikum noch einmal, die Gründe für die Schließung darzulegen, kam aber nicht durch. Die Stallhofener Oppostionsparteien FPÖ (Bernd Rößl), SPÖ (Stefan Jud) und Grüne (Markus Amreich, der Bezirkssprecher Christian Zach zur Unterstützung mitbrachte) kämpfen ebenfalls für den Erhalt des Lagerhauses. Die SPÖ übergab 1.067 Unterschriften an Dorner, weitere Unterschriftenlisten liegen auf.
Ich fühle mich wie ein Schwein, das zur Schlachtbank geführt wird. Aber es ist offenbar eh alles egal, weil ich bin bald als Wurst verarbeitet.
Herbert Rothschedl, Gemeindekassier von Stallhofen
Zum Abschluss der zweieinhalbstündigen Diskussion appellierten Feirer und Stroißnig noch einmal an Konrad und Dorner, ihre Entscheidung zu überdenken. Eine Wortmeldung aus dem Publikum: "Gebt dem Lagerhaus Stallhofen noch ein Jahr Zeit, wir beweisen euch, dass es läuft." Feirer wird die Verantwortlichen nächste Woche wieder kontaktieren. "Sollte die Entscheidung nicht rückgängig gemacht werden, überlegen wir uns weitere Protestmaßnahmen." Zählt man alle Unterstützerinnen und Unterstützer zusammen, hat er wohl knapp 2.000 Menschen an seiner Seite.

- Auch die Landjugend meldete sich in Stallhofen zu Wort.
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Am kommenden Mittwoch wird es in Edelschrott eine ähnliche Versammlung geben, denn auch das Lagerhaus Edelschrott steht vor der Schließung.
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