Starke Frauen
Starke Frauen in der Chefetage

Der Spaß kam während dem Arbeiten nicht zu kurz.  | Foto: HAK Voitsberg/Zotter
  • Der Spaß kam während dem Arbeiten nicht zu kurz.
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1. Frage: An welchen Faktoren liegt es, dass so wenig Frauen in Führungspositionen sitzen?
2. Frage: Warum sollte das geändert werden? Welche Stärken haben Frauen, um in Führungspositionen erfolgreich zu sein?
3. Frage: Welche Netzwerke können Frauen nutzen?
4. Frage: Welche Tipps würden Sie jungen Unternehmerinnen geben?

Teilnehmerinnen

Rosemarie Popp und Franziska Kren-Leitgeb: Märchenerzählerinnen der Lipizzanerheimat
Ute Meisenbichler: Betreibt seit 3,5 Jahren das Wohlfühlparadies für alle Damen in Köflach und verkauft Damen-Unterwäsche, Bademode, Nachtwäsche uvm.
Emanuela Vadlau: Inhaberin der Firmen "Deko Design - Werbegestaltung" und "Lieb van boch - Wohnaccessoires und Geschenke".
Susanne Rudres: Inhaberin von einem Kosmetikstudio in Köflach

1. Rosemarie Popp/Franziska Kren-Leitgeb: An der langen Historie der patriarchal geprägten Gesellschaft in Österreich. Daran, dass mehr Männer parteipolitisch tätig sind. Das Bild weiblicher Führungskräfte ist nicht allgegenwärtig. Somit haben Frauen diese Position nicht selbstverständlich im Blickfeld und nicht in ihrem Bewusstsein verankert. Der Wunsch vieler Frauen, Familie und Beruf zu vereinbaren. Viele Frauen sehen sich in der Hauptsache für die Familie verantwortlich. Führungspositionen werden in dem Zusammenhang als zu zeitintensiv angesehen. Wenn der Weg zur Führungsposition von Machtstrukturen und Machtkämpfen geprägt ist, widerstrebt das manch Frauen. Frauen stellen sich mitunter auch die Frage, bin ich dann wirklich glücklicher?
Ute Meisenbichler: Prinzipiell liegt es daran, dass Frauen weniger Zeit zur Verfügung haben durch Doppelbelastung Familie und Beruf - Kinder, Haushalt und dies ist in Führungspositionen sehr schwer zu vereinbaren. In einer Führungsposition sollte man ganztägig arbeiten und nicht Teilzeit. Weiters gibt es nach wie vor Bereiche, wo es Frauen schwerer als Männer haben überhaupt in Führungspositionen zu kommen bzw. sind diese von Männern dominiert. Frauen müssen immer noch zwischen Beruf und Familie wählen um in einer Führungsposition erfolgreich zu sein.
Emanuela Vadlau: Ich finde eigentlich gar nicht, dass es wenig Frauen in Führungspositionen gibt. Es begeistert mich sogar in welchen Berufen jetzt Frauen erfolgreich sein können. Auch in reinen Männerberufen gibt es öfter Frauen in der Chefetage. 
Rudres: Dafür gibt es wohl mannigfaltige Gründe. In erster Linie liegt es wohl daran, dass die meisten Menschen, egal welchen Geschlechts, überhaupt keine Spitzenpositionen anstreben. Nicht jeder ist ein Alphatier und fühlt sich berufen, andere Menschen zu führen. Möglicherweise ist diese Eigenschaft aber evolutionär bei Männern stärker ausgeprägt als bei Frauen. Im traditionellen und tradierten Gesellschafts- und Geschlechterbild gehen Männer auf die Jagd, während Frauen das Heim und die Kinder versorgen. So wird von Männern erwartet, dass sie „ihren Mann stehen“ und Führungsfunktionen übernehmen, und daher gibt es wohl mehr Männer, die eine derartige Karriere anstreben. Das soll nicht bedeuten, dass Frauen nicht imstande wären, eine Führungsfunktion zu bekleiden, doch viele trauen sich einfach nicht darüber beziehungsweise haben andere Prioritäten. Familie, Nachwuchs und Kindererziehung sind freilich für eine Karriere auch nicht gerade förderlich, und trotz politischer Bemühungen obliegen diese Themen wohl eher den Frauen. Das soll kein Wehklagen sein, den meisten ist das sogar sehr recht, aber es erklärt vermutlich, warum für uns Karriere nicht das Wichtigste im Leben ist, und warum wir nicht mehr Führungspositionen bekleiden. Ich kann hier freilich nur für meine Generation sprechen, die Generation Y und Z hat, wenn man Berichten glauben darf, ganz andere Interessen und Prioritäten. Der Akademikeranteil ist hoch, und das Kennenlernen der Welt hat traditionellen Werten wie Eigenheim oder Familiengründung den Rang abgelaufen. Inwieweit sich diese Ideale verschieben, wenn die Herrschaften einmal älter werden, vermag ich nicht zu beurteilen.

2. Popp/Kren-Leitgeb: Führungspositionen sollten für mehr Frauen offen stehen, weil es Frauen gibt, die eine Führungsposition anstreben und die weibliche Führungskultur sich positiv auf unsere Gesellschaft und Umwelt auswirkt. Frauen wollen in erster Linie zur Bereicherung des Lebens beitragen. Frieden, Sinn, Harmonie und Schönheit sind uns Frauen besonders wichtig. Frauen sind gewohnt, Umsicht walten zu lassen, Situationen, Gegebenheiten umfassend unter verschiedensten Aspekten zu betrachten und dementsprechend zu handeln. Das gewährleistet, dass sie Verantwortung tragen und darauf achten, dass es allen Beteiligten samt unserer Umwelt und Natur gut geht.  Frauen platzieren und gestalten Arbeitsräume derart, dass ihre Atmosphäre beim Arbeiten inspiriert und die Mitarbeiter gesund bleiben können. Frauen fällt es leichter empathisch zu sein. Frauen können leichter Gefühle wahrnehmen, benennen und zeigen und sie können ihrer Intuition vertrauen.  All dies führt zu einer besonders guten Kommunikations- und Beziehungsfähigkeit und zu hoher Resilienz.
Meisenbichler: Frauen sind meistens mehr gefühlsbetont bzw. emotionaler dabei und können daher diese Aspekte einbringen - Frauen sind in Führungspositionen oft zielstrebiger und resoluter und erreichen daher ihre Ziele schneller. Frauen sind meistens auch sozialer und denken mehr ökologisch.
Vadlau: Ich finde, dass Frauen hauptsächlich in ihrem Privatleben Unterstützung brauchen würden. Das heißt, wenn eine Frau sich für ein Leben mit Kindern entscheidet, kann sich die ganz große Karriere rein zeitlich nicht immer ausgehen. Denn wenn es nicht möglich ist, die Kinder in der Familie zu betreuen und es zu wenig Kinderbetreuungsplätze gibt, wird es für eine Frau schwierig die Karriere voranzutreiben.
Rudres: Vor mehr als 2.000 Jahren vertrat Aristoteles bereits die These, Männer seien mutiger, Frauen weicher. Das Rollenbild des „rationalen Mannes“ und der „emotionalen Frau“ hat sich vielfach bis heute gehalten und ist weithin gesellschaftlich (und auch politisch) akzeptiert. Frauen müssen nicht zum Bundesheer und dürfen – trotz höherer Lebenserwartung – noch immer früher in Pension gehen. Wenn Frauen in Führungspositionen streben, haben sie es gewiss schwerer als ihre männlichen Pendents. Häufig wird ihnen nicht zugetraut, mit der Rolle fertigzuwerden und ihren „Mann zu stehen“. Dabei ist das Imitieren des maskulinen Habitus nur eine Möglichkeit, andere zu führen, Frauen sollten sich vielmehr auf ihre eigenen Vorzüge verlassen. Während bei Männern viele Entscheidungen häufig auf nüchternen Überlegungen fußen, gehören Einfühlungsvermögen, soziale und kommunikative Kompetenz und Wertschätzung eher zu den femininen Stärken. Frauen sind in vielen Belangen oft auch gründlicher und gehen Dingen auf den Grund, darüber hinaus sind sie heutzutage auch gut ausgebildet und ehrgeizig. Was ihnen allerdings oft fehlt, sind entsprechende Netzwerke, wie sie Männer über Jahrzehnte aufgebaut haben. Wo Frauen in Führungspositionen sind, beweisen sie meist auch, dass sie führen können, also sollte man ihnen, wenn sie es denn wollen, auch die Chance dazu geben, von gesetzlich erzwungenen Quoten halte ich allerdings nichts.

3. Popp/Kren-Leitgeb: Ihre persönlichen Beziehungsnetze, öffentliche Angebote, etwa Frau in der Wirtschaft, BPW Club Steiermark (Business & professional women), soziale Plattformen wie Xing, Facebook usw.
Meisenbichler: Netzwerke nutze ich ausschließlich beruflich also für mein Geschäft für Werbung z.B. Facebook, E-Mail, WhatsApp. Frauen nehmen sich wahrscheinlich auch dafür deutlich weniger Zeit (Haushalt, Kinder etc.). Man kann Kontakte, soziale Medien, Veranstaltungen oder auch Vereine als Netzwerk nutzen. Immer offen bleiben für Neues.
Vadlau: Die Frauen haben eigentlich jetzt viel mehr Möglichkeiten Netzwerke zu nutzen, als es früher möglich war. Aber ich glaube, sie könnten auch in persönlichen Gesprächen mit anderen erfolgreichen Frauen viel erfahren und lernen.
Rudres: Das ist vermutlich das größte Manko, unter dem Frauen noch immer zu leiden haben. Da Karrierefrauen eine relativ junge gesellschaftliche Erscheinung sind, finden sie in traditionellen Netzwerken kaum Einlass. In vielen Studentenverbindungen, aus deren Mitte nicht wenige politische Entscheidungsträger hervorgehen, sind Frauen ausgeschlossen oder bestenfalls geduldet. Auch in anderen Organisationen – von den Rotariern bis zur katholischen Kirche – spielen Frauen nur eine untergeordnete Rolle, und selbst am Stammtisch, wo durchaus Entscheidungen getroffen werden, sitzen meist ausschließlich Männer. Nur langsam sickert etwas Feminismus in diese verkrusteten Strukturen ein, manche Studentenverbindungen erlauben mittlerweile auch weibliche Mitglieder, ebenso manche Service-Clubs. Wenn Frauen also Netzwerke nützen wollen, wird es nicht ausreichen, die tradierten, bestehenden Strukturen langsam aufzuweichen, es spricht ja überhaupt nichts dagegen, parallele Gemeinschaften zu gründen, anstatt sich, wie beispielsweise bei den Rotaries, in bestehende Clubs heineinzuklagen. Freilich erfordert das Engagement, Zeitaufwand und auch ein Minimum an finanzieller Unterstützung, aber gemeinsam sind wir nicht nur redensartlich stärker als einsam. Und in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten sollten gerade Unternehmerinnen über ihren Schatten springen, denn der Mitbewerb – gerade außerhalb großer Städte – sitzt nicht zwei Straßen weiter sondern in Einkaufszentren, im Internet oder in Fernost.

4. Popp/Kren-Leitgeb: Sich über die eigene Vision und Berufung klar zu werden und wozu meine Unternehmertätigkeit, mein Unternehmen mich, meine Mitmenschen, Mitarbeiter, Kunden, Klienten etc. inspiriert.
Sich mit anderen Frauen, insbesondere aus unterschiedlichen Berufen, gut zu vernetzen und auszutauschen. Coaching und Unterstützung anzunehmen und Kooperationen zu forcieren. Sich klar zu werden, welche Bedürfnisse ich mir mit meiner Unternehmertätigkeit erfüllen möchte und wie ich mich mit meinem Unternehmen fühlen möchte. Sich die Freiheit zu nehmen, Unternehmen und Führungsposition anders als bislang üblich zu gestalte - etwa vom Zeitaufwand her, um auch persönliche Beziehungen und Familienleben erfüllt leben zu können.
Meisenbichler: Wichtig ist es, dass es ein gut durchdachtes Konzept gibt und dieses auch verwirklicht werden kann und man auch etwas Eigenkapital hat. Überlegt nicht lange, seid mutig und geht in die Selbstständigkeit. Versucht euren Traum zu leben, wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Wenn man mit viel Liebe und Herzblut dabei ist, wird sich sicher der Erfolg einstellen. Nicht auf sich selbst vergessen und sich zwischendurch Gutes tun und dadurch immer wieder Energie tanken.
Vadlau: Den einzigen Tipp, den ich jungen Frauen geben kann, ist nur sich selbst im Klaren zu sein, was sie wirklich wollen. Sie sollen sich nicht beirren lassen und sich selbst treu bleiben, wie auch immer sie sich entscheiden.
Rudres: Grundsätzlich gelten für Unternehmerinnen die selben Voraussetzungen wie für die männlichen Kollegen. Wer ist meine Zielgruppe? Warum soll sie zu mir kommen? Was macht mein Produkt oder meine Dienstleistung besonders oder einzigartig? Wie sieht ein realistischer Businessplan aus? Wie finanziere ich mein Unternehmen? Welche Zahlungen kommen auf mich zu? Viele Unselbstständige haben nur unzureichende Antworten auf diese Fragen, was auch ihr gutes Recht ist. Wenn sie sich dann aber in die Selbstständigkeit wagen, scheitern viele. Dieses Einmaleins des Wirstschaftslebens gilt gleichermaßen für Unternehmerinnen wie für Unternehmer, es gibt aber Kurse, in denen man sich ein Basiswissen aneignen kann. Was spezielle Tipps für Unternehmerinnen anbelangt: Du musst nicht den Männern nacheifern. Die haben ihre Qualitäten, wie Frauen haben unsere eigenen Vorzüge, nützen wir sie! Wir sind in der Regel einfühlsamer, können uns besser in unsere Kunden hineindenken, besser mit ihnen kommunizieren. Viele Kunden schätzen tiefergehende Beratungen. Die meisten Kaufentscheidungen werden nicht im präfrontalen Cortex, dem „Logikzentrum“ des Gehirns getroffen (weil das anstrengend und unser Gehirn faul ist), sondern beruhen auf einem lebenslangen Erfahrungsschatz – wo wir uns wohlfühlen, gehen wir gerne wieder hin. Und hier haben Frauen im Geschäftsleben neben klassischen Entscheidungsfaktoren wie Angebot und Preis die große Chance, durch positive Gefühle beim Kunden zu punkten. Und wenn diese sich wertgeschätzt fühlen, kommen sie auch gerne wieder. Also: sich drübertrauen, rechtliche und wirtschaftliche Hausaufgaben machen, weibliche Vorzüge ausspielen, durchhalten und bei Gegenwind nicht verzagen! Das wären meine Tipps für Jungunternehmerinnen.


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Bereits zum fünften Mal durften Schülerinnen und Schüler der BHAK Voitsberg Zeitungsluft schnuppern und auch heuer wieder zum großen Sonderthema journalistisch tätig werden. Die Ergebnisse findet ihr hier auf unserer Themenseite.

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