Die Waidhofner stürmen die Ambulanz

Lieber zum Hausarzt statt in die Ambulanz: das raten nicht nur die niedergelassenen Ärzte, sondern das Krankenhaus selbst. Rund 60 Prozent der Selbstzuweiser wären laut Ambulanzärzten nämlich dort besser aufgehoben. | Foto: Darko Stojanovich
  • Lieber zum Hausarzt statt in die Ambulanz: das raten nicht nur die niedergelassenen Ärzte, sondern das Krankenhaus selbst. Rund 60 Prozent der Selbstzuweiser wären laut Ambulanzärzten nämlich dort besser aufgehoben.
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WAIDHOFEN. Die Grippe wütet seit Wochen im Bezirk, die Arztpraxen sind voll. Viele kranke Waidhofner sparen sich den Weg zum Doktor. Sie stürmen die Spitalsambulanzen. Die Patientenzahlen im Waidhofner Spital sind zuletzt auf 16.055 Patienten gestiegen. Als Gründe geben die Kranken oft die raren Öffnungszeiten der Allgemeinmediziner an. Wir haben Spitäler und Praxen im Bezirk besucht und sind den Ursachen genau auf den Grund gegangen.

Kein Arzt ab Freitag 13 Uhr? Stimmt nicht!

Unter der Woche einen Allgemeinmediziner im Bezirk Waidhofen zu finden ist nicht schwer - zumindest am Vormittag. Zwar sprechen sich die Mediziner bei den Nachmittagsdiensten im Bezirk ab, wie den Bezirksblättern versichert wird - aber die Auswahl zu "seinem" Doktor zu gehen ist schon geringer. Da liegt für viele der Weg direkt in die Krankenhausambulanz näher.

Auch das Gerücht am Freitagnachmittag hätte überhaupt kein Arzt Dienst, hält sich hartnäckig. Was viele nicht wissen: der am Wochenende diensthabende Mediziner steht im Bezirk seit 2007 auch am Freitagnachmittag von 15 bis 18 Uhr bereit. Und zwar freiwillig, wie die Ärzte betonen. Dennoch zieht es anscheinend viele Patienten eher ins Spital.

Eine Beobachtung, die der praktische Arzt Wolfgang Höpfl aus Waidhofen seit Jahren kennt. Die Ursachen verortet der Mediziner in der Bequemlichkeit: Patienten müssten sich eben nicht über die Ordinationszeiten ihres Hausarztes informieren. "In Österreich gehört es einfach zu Mentalität, dass eine Spitalsambulanz 24 Stunden am Tag erreichbar ist". Dazu käme noch der Geborgenheits-Faktor: Mit kleinen Verletzungen geht man eher ins Spital. Das Rundum-Paket von Röntgen über Gips bis zu Blutbefunden steht scheinbar grenzenlos zur Verfügung. "Aber auch viele niedergelassene verfügen über ein Labor", gibt Höpfl zu bedenken.

Patienten sind weniger krank, als man erwarten würde

Ähnlich sieht man die Lage im Krankenhaus Waidhofen: Bequemlichkeit und eine Rundum-Versorgung sind die Hauptgründe für den Ansturm. "Einige Patienten schätzen ihre Erkrankung oder Verletzung so schwerwiegend ein, dass diese gar nicht daran denken, eine Ordination aufzusuchen. Ein großer Teil jener Patienten, die die Spitalsambulanz aufsuchen, scheint viel weniger schwer erkrankt zu sein, als zu erwarten wäre", heißt es aus der Ambulanz des Landesklinikums. Spitalsärzte schätzen, dass rund 60 Prozent der Selbsteinweiser vom Hausarzt behandelt werden könnten.

Der Faktor Bequemlichkeit

Darüber hinaus geben viele Patienten an, dass es im Krankenhaus schneller, einfacher und organisatorisch besser funktioniere. Frei nach dem Motto: „Dort ist alles, was man braucht auf einem Fleck“. Und: Rund 80 Prozent der Selbstzuweiser kommen zu Zeiten, in denen die Ordinationen von niedergelassenen Ärzten prinzipiell geöffnet sind. Also an Wochentagen von 7 bis 19 Uhr.

16 zusätzliche Ordinationstage

Dabei haben die praktischen Ärzte in der Bezirkshauptstadt schon eigene Maßnahmen getroffen, damit Patienten nicht die Ambulanzen stürmen. So gibt es vier Mal im Quartal einen Wochenddienst im Pflegeheim - macht 16 zusätzliche Ordinationstage. Ein Allgemeinmediziner aus Waidhofen behandelt dort Patienten, damit diese nicht nach Kautzen oder Dobersberg fahren müssen. Im Vorjahr wurden so 249 Patienten behandelt. Ein kleiner Erfolg: "Einmal wurde sogar eine Patientin mit einer Hautkrankheit von der Ambulanz zu mir geschickt, weil man sie dort nicht behandeln konnte", berichtet Höpfl.

Bei Grippe ist nur in Einzelfällen eine Einweisung nötig

Damit kann man im Landesklinikum gut leben und rät Patienten zuerst zum Hausarzt zu gehen: "Im Falle einer echten Grippe ist der Hausarzt die erste Anlaufstelle für Betroffene, um den Krankheitsverlauf zu überwachen und erforderliche Medikamente zu verschreiben. Bestehen zusätzlich Grundkrankheiten wie Lungen- oder Herz-Kreislauferkrankungen oder eine Immunschwäche, kann im Einzelfall die Einweisung ins Klinikum notwendig sein."

Bei allem Bemühen: So schnell dürfte der Ansturm auf die Ambulanz auch nicht abebben, denn die anstehenden Pensionierung von vielen Allgemeinmedizinern verschärft das Problem zusätzlich. So warnte Gerald Matzinger, der Bürgermeister von Groß Siegharts, schon im Herbst vor einem drohenden Ärztemangel in der Bandlkramerstadt. Schon jetzt gibt es vor Ort nur noch zwei Mediziner, die aber ebenfalls in wenigen Jahren ihren Ruhestand antreten werden. Nachfolger sind - trotz einer intensiven Werbekampagne der Stadt - nicht in Sicht.

Zur Sache - Patientenzahlen
Im Jahr 2015 besuchten 16.055 Menschen die Ambulanz im Krankenhaus Waidhofen - eine Steigerung von rund 3,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Zahl der Besucher in der Ambulanz schwanken stark - von 15.503 bis zu 21.212 Patienten im Jahr. Landesweit stürmen die Niederösterreicher die Ambulanzen. Von 2006 bis 2015 sind die Besuche in den Ambulanzen um 30,6 Prozent gestiegen. Die Ambulanzärzte gehen davon aus, dass 60 Prozent der Selbsteinweiser ohne weiteres vom Hausarzt behandelt werden könnten.

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