Androsch über Geburtshilfe: "Voruntersuchungen sollen in Waidhofen kostenlos sein"
Gesundheitslandesrat Maurice Androsch im Talk über Geburtshilfe, Notfälle, Proteste und das schrumpfende Waldviertel
Bezirksblätter: Sie sind selbst vor kurzem erst Vater geworden. Können Sie die Aufregung über die Schließung der Geburtshilfe verstehen?
Androsch: Die Zusammenlegung der Geburtshilfe mit Zwettl tut mir genau so weh wie allen anderen. Aber wir haben uns im Land zu Qualitätsstandards bekannt. Und wir wissen, dass es bei unter einer Geburt pro Tag vermehrt zu Komplikationen kommt. Dann kommt in Waidhofen noch dazu, dass viele Kräfte mit großer Erfahrung in Pension gehen und die Nachbesetzung schwierig wird. Es gibt in Österreich neben Waidhofen nur noch vier Kliniken, die unter 300 Geburten haben - und die sind alle nicht in Niederösterreich. Internationale Studien sprechen von 500 Geburten pro Jahr als Notwendigkeit einer qualitativen Geburtenstation, die österreichische Richtlinie von mind. einer Geburt pro Tag. Und die Holding setzt mindestens 300 Geburten als unterste Grenze für eine langfristige Qualitätssicherung bei Geburtenstationen an Wir müssen die Qualität halten, so hart es auch ist.
Bezirksblätter: Im Notfall ist es aber vom Norden der Bezirke Waidhofen und Gmünd ein weiter Weg nach Zwettl. Kann man das den Frauen wirklich zumuten?
Androsch: An jedem Klinikstandort wird Notfallversorgung vorgenommen. Das betrifft nicht nur Geburten. Der Notfallmediziner entscheidet welches Krankenhaus das Geeignetste ist. Das ist aber auch bisher schon so. Mir ist da ganz wichtig, dass wir die Notarzt-Standorte im Waldviertel langfristig absichern. Das wichtigste ist doch, dass wir den Mediziner schnell zum Patienten bringen.
Bezirksblätter: Es müssen ja nicht immer Notfälle sein. Gerade zum Ende einer Schwangerschaft stehen ja dutzende Untersuchungen an. Sollen Frauen da wirklich jedes Mal über eine Stunde im Auto sitzen?
Androsch: Da arbeiten Landesrat Karl Wilfing und ich gerade an einer Lösung. Die Räumlichkeiten für Untersuchungen sind in Waidhofen ja da. In Zusammenarbeit mit dem niedergelassenen Ärzten oder Hebammen können ja Untersuchungen wie die Herztonwehenschreibung weiterhin in Waidhofen gemacht werden. Die Geburt selbst findet dann in Zwettl oder Horn statt.
Bezirksblätter: Und die jungen Eltern müssen diese Untersuchungen selbst bezahlen?
Androsch: Nein, die Patientin zahlt das sicher nicht! Das werden wir auf Landesseite zu lösen haben und da gibt es genug Beispiele wie es gehen kann. Vieles was jetzt als Strapaze empfunden wird, würde wegfallen.
Bezirksblätter: Haben Sie keine Angst, dass das Krankenhaus Waidhofen nicht in Etappen geschlossen wird?
Androsch: Überhaupt nicht! Was ich sicher nicht will, ist dass irgendwann nur ein Tagesambulatorium übrig bleibt. Durch den Schwerpunkt in der Kinder- und Jugendpsychiatrie sichern wir den Standort ja langfristig ab. Und da haben wir in Niederösterreich einen enormen Bedarf.
Bezirksblätter: Haben Sie mit einem derart großen Widerstand gerechnet?
Androsch: Da hat die Info-Politik überhaupt nicht funktioniert. Dass manche ÖVP-Politiker jetzt so tun als hätten sie nichts davon gewusst, ist Populismus pur. Dass die Waldviertler bei dem Thema besonders sensibel reagieren ist überhaupt kein Wunder.
Bezirksblätter: Aber glauben Sie nicht, dass es dadurch noch weniger Geburten geben wird?
Androsch:Nehmen Sie meine Heimatgemeinde Groß Siegharts: Da haben wir seit Jahren einen Bevölkerungsabgang. Aber nicht, weil die Leute nach Wien davonrennen, sondern weil einfach viel zu wenige Kinder auf die Welt kommen. Dass da eine Geburtenstation irgendwann nicht mehr genug Fälle hat um die Qualität aufrecht zu erhalten, ist kein Wunder. Nicht die Zusammenlegung der Geburtenstation sorgt für Abwanderung - sie ist nur die Folge davon. Wir brauchen hochrangige Anbindungen, eine Bildungszukunft und vor allem Jobs. Da hat die Regionalpolitik für das Waldviertel das Ziel verfehlt.
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