Gottfried Helnwein
Wiener Künstler mit Hang zur Provokation feiert 75er
Gottfried Helnwein, der Rockstar unter den Künstlern des Hyperrealismus mit dem Hang zur Provokation, feiert am Sonntag seinen 75. Geburtstag. Erst vor Kurzem wurde mit der aktuellen Ringturmverhüllung wieder eines seiner polarisierenden Kunstwerke in Wien gezeigt.
WIEN. Blut, Waffen, Schmerz, Kinder und Bandagen: Das sind die Komponenten, die der gebürtige Wiener Künstler Gottfried Helnwein zeit seines Lebens in seinen Werken verwendet, um öffentlich für Furore zu sorgen. Am Sonntag, 8. Oktober, feiert der Meister des Hyperrealismus mit dem Hang zur Provokation seinen 75. Geburtstag.
Der sich stets mit Bandana, Sonnenbrille und rabenschwarzem Outfit zeigende Rockstar der hyperrealistischen Strömung gibt sich – ganz nach Rocker-Manier – dabei als Freigeist. "Kunst braucht keine Aufgaben und keine Regeln, das Einzige, was sie braucht, ist absolute Freiheit", beschrieb Helnwein einmal in einem "Standard"-Interview seine Arbeit.
Geboren im "tristen" Nachkriegswien
Doch wie wurde Helnwein zu Helnwein? Als ältester Sohn einer sechsköpfigen Familie im Bezirk Favoriten zur Welt gekommen, der damals in der Nachkriegszeit in der sowjetischen Besatzungszone lag, bezeichnete er später aufgrund der von ihm empfundenen geistigen Enge im tristen Nachkriegswien als "Hölle".
Der Enge entfloh Helnwein dann in den 40er- und 50er-Jahren, indem er viel Zeit bei seinen Großeltern verbrachte, die einen Bauernhof in Kautendorf im Weinviertel betrieben. Die Zeit dort beschrieb er im Nachhinein als "Himmel". Schon als Jugendlicher folgte Helnwein seinem zentralen Lebensthema – Kampf für die Freiheit und Protest gegen Unterdrückung, Konformismus und Autoritäten – und brach die Schule ab. 1965 bis 1969 besuchte er die Höhere Graphische Lehr- und Versuchsanstalt in Wien.
Donald Duck als "Erlöser"
In Berührung mit der US-amerikanischen Popkultur kam Helnwein, als er einmal von den US-Besatzern seine ersten Donald-Duck-Ausgaben bekam. Diese wurden für sein Weltbild und damit für seine Arbeiten prägend. Das Wesen der Disney-Zeichentrickfigur Donald Duck erschien ihm menschlicher als das der Menschen um ihn herum. Bis heute gibt er sich, wenn man ihn nach seiner religiösen Zugehörigkeit fragt, als "Donaldist" zu erkennen und bezeichnet die Kunstfigur Donald Duck als seinen Erlöser.
Von 1969 bis 1973 studierte Helnwein dann an der Akademie der bildenden Künste Wien Malerei in der Meisterklasse des Vertreters des Phantastischen Realismus, Rudolf Hausner. Inspiriert von der amerikanischen Pop Art, startete Gottfried Helnwein Anfang der 1970er-Jahre mit performativer Kunst auf der Straße sowie mit fotografischen Aktionen in seinem Atelier und im öffentlichen Raum.
Kind als Metapher für Menschlichkeit
Viele dieser Fotografien flossen später in seine Malerei ein. Im Sinne der Pop Art ging Helnwein sogar noch einen Schritt weiter. Er arbeitete mit Filmen und Werbung, entwarf provokante Covers für internationale Zeitungen sowie Zeitschriften und löste so weltweite Diskussionen aus. Seine ersten Arbeiten mit Wasserfarben, die verletzte, gequälte und bandagierte Kinder mit chirurgischen Instrumenten zeigen, erregten Anfang der 1970er-Jahre große Empörung. Die Kunstwerke schockierten und lösten Proteststürme aus, mehrere Ausstellungen wurden geschlossen und die Bilder von der Polizei beschlagnahmt.
Das Kind, vor allem das Elfenleiche Mädchen, stand für Helnwein dabei als Metapher für die Menschlichkeit. Es existieren aber auch zahllose Selbstbildnisse, die ebenfalls Entstellungen, Verletzungen und Bandagierungen zeigen. Seit 1997 lebt er in Südirland (Kilsheelan, Grafschaft Tipperary, Gurteen Castle) und in Los Angeles.
Neue 3.000 Quadratmeter-Installation
Mit einer neuen Sonderverhüllung des Wiener Ringturms am Donaukanal – es ist seine bereits zweite Verhüllung nach der Installation "I saw this", auf dem ein leicht bekleidetes, blondes Mädchen mit Maschinengewehr bewaffnet ist – machte der Wahlire zuletzt wieder auf sich aufmerksam.
Sein überdimensionales Kunstwerk "My Sister", auf der ein blutverschmiertes Mädchen zu sehen ist, ziert aktuell die Fassade 71 Meter hohen Ringturms und ist ein Appell gegen Gewalt. Für den Zeitraum vom 5. Oktober bis zum 28. Jänner 2024 ist in der Albertina Wien außerdem die Ausstellung "Gottfried Helnwein – Solo Exhibition" geplant.
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