Missbrauch in Schule
Anzeige gegen Wiener Pädagogen nicht mehr auffindbar
Die Anwältin eines Opfers, der von einem mittlerweile verstorbenen Pädagogen sexuell missbraucht sein soll, reichte eine Anzeige wegen einer nicht mehr auffindbaren Anzeige ein. Der Fall mit mindestens 25 mutmaßlichen Missbrauchsopfern hat viele offene Fragen.
WIEN/WIENER NEUSTADT. Ein Wiener Sportlehrer soll mindestens 25 Schüler missbraucht haben. Womöglich handelt es sich um den größten Missbrauchsskandal der vergangenen Jahrzehnten in der Bundeshauptstadt. Ein mittlerweile verstorbener Sportpädagoge soll seit 2004 Schüler im Alter von elf bis 14 Jahren sexuell missbraucht haben. Der Fall hat viele offene Fragen.
Ermittlungen der Polizei ergaben zumindest 25 Opfer, auch wenn einige von mehr als 40 Betroffenen sprechen. Die 25 Opfer wurden auf Fotos und Videos identifiziert, die ersten Missbrauchshandlungen datieren aus dem Jahr 2004.
Anfang Oktober berichteten mehrere Medien, dass es bei einer Hausdurchsuchung bei dem Pädagogen im Frühjahr 2019 zu Ungereimtheiten gekommen sei – die BezirksZeitung berichtete. Kurz vor einer geplanten Einvernahme beging der Tatverdächtige Suizid im Mai 2019. In weiterer Folge wurden die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen sowie Herstellung und Besitzes von kinderpornografischem Material eingestellt.
Übergriff in einem Feriencamp
Die erste Anzeige gegen den Pädagogen wurde bereits 2013 wegen eines sexuellen Übergriffs an einem Jugendlichen eingereicht. Der Vorfall soll sich 2006 in einem Feriencamp im Salzkammergut zugetragen haben, nach einer Therapie soll das Opfer erst Jahre später verstanden haben, was dort passiert sein soll. Der Pädagoge war dort von 1990 bis 2010 auch als Campbetreuer tätig. Vor einigen Wochen bestätigte ein Sprecher der niederösterreichischen Polizei eine Beschuldigteneinvernahme, die in diesem Bundesland durchgeführt wurde, weil dort die Anzeige eingereicht wurde.
Jedoch war der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt keine Anzeige gegen den verstorbenen Pädagogen aus dem Jahr 2013 bekannt. Ebenso konnten eine Anzeige auch ihre Kollegen in Wien, Wels und Salzburg nicht finden. Bis heute gibt es keine Erklärung, wo die Anzeige geblieben ist. Wie der "Standard" berichtet, hat die NÖ-Polizei noch einmal "alle Möglichkeiten ausgeschöpft und intensiv recherchiert", so ein Sprecher. Doch im Aktensystem scheine "kein Akt zu dieser Causa" auf.
Die Polizei geht davon aus, dass es sich um ein Ersuchen einer anderen Dienststelle gehandelt hat: "Aufgrund datenschutzrechtlicher Bestimmungen werden solche Ersuchen fünf Jahre nach Erledigung skartiert – das heißt, die Akten werden vernichtet beziehungsweise automatisch aus dem System gelöscht".
Aus dem Grund hat laut dem Zeitungsbericht die Opferanwältin Herta Bauer eine Sachverhaltsdarstellung bei der zuständigen Staatsanwaltschaft in Wiener Neustadt eingebracht – wegen des Verdachts des Missbrauchs der Amtsgewalt gegen unbekannt.
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