#MeToo
Bericht erhebt schwere Vorwürfe gegen Wiener Universitätslehrer
"Spürst du das?" soll ein Kunstlehrer der Universität für Musik und darstellende Kunst (MDW) einen Studenten gefragt haben, als er ihn beim Unterricht in den Schritt gefasst hat. Diese und ähnliche Berichte über Übergriffe, Beleidigungen und Sexismus wurden von einer Zeitung veröffentlicht.
WIEN. Die Universität für Musik und darstellende Kunst (MDW) in Wien genießt vor allem in der musikalischen Ausbildung Weltruf. Doch hinter den Kulissen erzählen sich die Studierenden ein anderes, teils verstörendes Bild. Am Freitag veröffentlichte der "Standard" Geschichten mehrerer Studierenden über Übergriffe, Beleidigungen und Sexismus an der MDW, die sich aus 25 Instituten zusammensetzt.
Darunter ist auch die Geschichte von Elias Rauchenberger. Der bereits ehemalige Student der Komposition an der MDW soll spätnachts Chatnachrichten von seinem damaligen Klavierlehrer bekommen haben, der mittlerweile verstorben ist. Es folgten auch Einladungen zum gemeinsamen Musizieren, Weintrinken und für Übernachtungen. Die Chatnachrichten habe er einer Vertrauensperson übergeben und stellte klar, dass er diese Nachrichten für eine Grenzüberschreitung hielt. Einmal habe der Lehrer ihn beim Unterricht in den Schritt gefasst und soll gefragt haben: "Spürst du das?". Rauchenberger meldete es jedoch nicht - "aus Scham".
Körperarbeit beim Unterricht
Die Berichte, die der Zeitung vorliegen, stammen aus den vergangenen vier Jahren. "Wenn man sich auf den MDW-Campus stellt und fragt, wird man Tonnen solcher Geschichte zu hören bekommen", so Rauchenberger. Die Berichte betreffen unterschiedliche MDW-Institute, unter anderem die Filmakademie, das Max-Reinhardt-Seminar, das Institut für Gesang und Musiktheater sowie das Institut für Komposition, Elektroakustik und Ausbildung zur Tonmeisterin oder zum Tonmeister.
Beim Unterricht spielt in den meisten Disziplinen Körperarbeit eine große Rolle. Alle Studierenden, die eine Lehrverpflichtung an der MDW annehmen, müssen eine Klausel unterschreiben, die vorschreibt, dass sie jeglichem Körperkontakt im Einzelfall ausdrücklich zustimmen müssen. Mehr als ein Dutzend Studierende sagen jedoch, dass die wenigsten Lehrenden vor einer Berührung fragen.
"Küsse auf den Körper gegeben"
Auch ein jüngster Fall am Institut für Gesang und Musiktheater wurde genannt. Dort soll ein externer Opernregisseur bei einer Produktion "mehrere Sänger auf den Arsch geschlagen, einigen Gesangsstudierenden Küsse auf den Körper gegeben" haben, erzählte eine Studentin. Sein Verhalten soll der Regisseur gerechtfertigt haben und sagte, er sei eben ein "körperlicher Mensch". Nach einer Beschwerde dürfte der Mann Unterrichtsverbot bekommen haben.
Unsittlich berührt wurde auch eine Schauspielstudentin des Reinhardts-Seminars. Bei einer Probe im Herbst 2021 kam eine Rollenlehrerin zu ihr und soll ihr, ohne zu fragen, mit der Hand "von oben an mir hinunter in meinen Schritt geglitten" sein und "blieb dort für einige Zeit".
Auch frauenfeindliche Sprüche werden gemeldet. Vier Studentinnen erzählten, dass solche Sprüche von einem Professor an der Filmakademie "ganz normal" seien. Der Professor sagte gegenüber der Zeitung, dass die Aussagen "aus dem Kontext" gerissen seien.
Misstrauen gegenüber der Beschwerdestelle
Wenn man sich diskriminiert oder sexuell belästigt fühlt, kann man sich innerhalb der MDW an den Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen wenden. Die Mitglieder der Universität arbeiten dort ehrenamtlich und sie sollen den Vorwürfen nachgehen. In der Studentenschaft herrscht trotz fristloser Entlassungen einiger Professoren ein gewisses Misstrauen gegenüber der Stelle.
Die MDW-Rektorin Ulrike Sych antwortete dem "Standard", dass sie von den meisten Fällen wisse, aber nicht konkret darauf eingehen könne. Grund: "Datenschutz und Verletzung von Persönlichkeitsrechten". Sie betonte, dass sie eine "Null-Toleranz-Politik" lebe und die Universitätsangehörigen sollen ohne Diskriminierung "lehren, forschen, studieren und arbeiten" können.
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