Kaiserstraße 31
Biedermeierhaus steht trotz Denkmalschutz vor Abriss
Die Initiative Denkmalschutz kritisiert den Wiener Altstadtschutz scharf. Die "wirtschaftliche Abbruchreife" kann den Tod jedes Altstadthauses bedeuten. Diese Bauordnung gehöre dringend reformiert.
WIEN/NEUBAU. Ursprünglich hätte das Biedermeierhaus in der Kaiserstraße 31, im 7. Bezirk, revitalisiert werden sollen, doch plötzlich kam alles anders. Jetzt gibt die "wirtschaftliche Abbruchreife" dem Gebäude den Todesstoß, denn "die Kosten der notwendigen Sanierung dieses Gebäudes können nicht vom Ertrag der Liegenschaft nach Sanierung abgedeckt werden."
So wurde unbemerkt von der Öffentlichkeit, am 27. Oktober 2021, gemäß der Bauordnung § 60, die Abbruchbewilligung erteilt. Die Vorarbeiten zum Abbruch laufen bereits.
Altstadtensemble wird zerstört
Das Biedermeierhaus Kaiserstraße 31 wurde zwischen 1803 und 1804 erbaut und bildet mit den anschließenden Gebäuden Kaiserstraße 25-29 ein geschlossenes Altstadtensemble, das auch deswegen eigens als Schutzzone gewidmet wurde. Und schon 1973 hat das Bundesdenkmalamt zumindest für die "Reliefs der Straßenfassade", Muschelmotive, einen Schutz ausgesprochen.
Neubaus Bezirksvorsteher Markus Reiter (Grüne) fordert ebenfalls den Erhalt des Gebäudes: "Der Abbruch des Gebäudes muss sofort gestoppt werden und es braucht eine transparente Offenlegung aller Akten, Gutachten und sowie sämtlicher weiterer Abmachungen zwischen den Dienststellen der Stadt Wien und dem Bauwerber." Die Stadt Wien hätte im Oktober 2021 zwar eine Abbruchbewilligung erteilt – jedoch ohne gemäß Wiener Stadtverfassung verpflichtende Einbeziehung des Bezirks.
"Wirtschaftliche Abbruchreife" als Geschenk für Spekulanten?
Viele Altbauten, die vor 1945 errichtet und von der Magistratsabteilung 19 Architektur und Stadtgestaltung als erhaltenswert beurteilt, wurden in letzter Zeit Opfer dieser "wirtschaftlichen Abbruchreife".
Hier nur eine kleine Auswahl:
- Kranzgasse 24 (15. Bezirk), Abriss ca. März 2022
- Gudrunstraße120 / Humboldtgasse 42-44 (10. Bezirk), Abriss Aug./Sept. 2021
- Krieglerstraße 12 (3. Bezirk; Schutzzone), Abriss Februar 2021
- Leopoldauer Platz 9 und 11 (Schutzzone), Abriss Aug./Sept. 2020.
Die Berechnungsmethode dieser "wirtschaftlichen Abbruchreife" ist extrem benachteiligend für den Altbau, denn einerseits sind die Mieteinnahmen, im Gegensatz zum Neubau, gedeckelt. Andererseits lassen sich bei Neubauten zumeist deutlich mehr Geschoße errichten und somit mehr Einnahmen (Miete/Verkauf) erwirtschaften. Des Weiteren erspart man sich eine aufwändige Sanierung von Fassadendekor etc.
Auch der dafür zuständige Altstadterhaltungsfonds kann – trotz zum Teil beträchtlicher Förderzusagen (bei Krieglergasse 12 waren es 778.000 Euro) – diese Schieflage immer seltener ausgleichen. Daher fordert die Initiative Denkmalschutz eine Abschaffung der "wirtschaftlichen Abbruchreife" und damit ein Ende einer solchen Förderung von Abriss und Neubau. Es müssen neue Instrumente gefunden werden, um Eigentümer von Altbauten zu entlasten und die Altstadterhaltung zu sichern.
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