Kindergartenpersonal streikt
Tausende marschieren bei Großdemo in Wien
Am Dienstag ging das Personal der städtischen und privaten Kindergärten in Wien für bessere Arbeitsbedingungen auf die Straße. Mehr als 12.000 Teilnehmende marschierten entlang des Rings. MeinBezirk.at hörte sich bei einigen Protestierenden um, was ihre Anliegen sind.
von Kevin Chi und Anna-Sophie Teischl
WIEN/INNERE STADT. Mit Trillerpfeifen, Fahnen und Transparenten, auf denen Slogans wie "Es reicht! Wir brauchen mehr!" und "Wo bleibt das Personal, Herr Minister?!" standen, versammelten sich am Dienstag, 24. Oktober, vormittags tausende Pädagoginnen und Pädagogen beim Votivpark. Nach einer Betriebsversammlung marschierten diese dann lautstark entlang der Ringstraße und äußerten ihren Unmut über die derzeit herrschenden Verhältnisse im Elementarbereich.
Es sollen allein in den städtischen Kindergärten 600 Pädagoginnen und Pädagogen fehlen, in allen Wiener Einrichtungen seien es 1.200. In Wien gibt es insgesamt rund 17.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Kindergärten und Horten. Auch die Freizeitpädagoginnen und -pädagogen von „Bildung im Mittelpunkt“, die an 142 öffentlichen Volksschulen für 35.000 Kinder den Freizeitteil gestalten, beteiligten sich an den Protestmärschen.
Laut dem Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) sollen insgesamt mehr als 12.000 unzufriedene Elementarpädagoginnen und -pädagogen bei der Demo mitmarschiert sein. Doch worum geht es ihnen dabei? MeinBezirk.at hat sich umgehört und Teilnehmerinnen gefragt.
Was die Pädagogen einfordern
"Den meisten geht es um mehr Gehalt und mehr Entlohnung. Mir geht es primär darum, dass ich besser auf die individuellen Bedürfnisse der Kinder eingehen kann. Wir haben aber aktuell 21 Kinder pro Gruppe, daher ist uns das nicht möglich. Wir bräuchten einen besseren Betreuungsschlüssel, um besser auf die Kinder eingehen zu können", so eine 37-jährige Kindergartenpädagogin aus Liesing, die an der Demo teilnahm, gegenüber MeinBezirk.at. Auch müsse die Gruppenanzahl der Kinder deutlich reduziert werden. "Wir bräuchten auch viel mehr Unterstützung von Kinderpsychologen", betont sie.
Eine weitere Pädagogin sagt: "Der Besuch einer elementaren Einrichtung legt den Grundstein für den weiteren Bildungsweg eines Kindes. Es ist höchste Zeit den Kindern und den MitarbeiterInnen die Rahmenbedingungen zu bieten, die sie verdienen". Auch sie fordert einen besseren Personal-Kind-Schlüssel. "Dazu mehr Vorbereitungszeit, um individuelle Förderung zu ermöglichen und ein angemessenes Gehalt für diesen verantwortungsvollen Beruf, der endlich mehr wertgeschätzt gehört", so die 33-Jährige, die als Kindergartenpädagogin in Ottakring arbeitet.
Stimmen der Gewerkschaften
Es geht also einmal mehr um klassische Forderungen für bessere Rahmenbedingungen wie mehr Geld, mehr Personal und kleinere Gruppen. Was sonst noch alles geliefert werden muss, hielten auch die teilnehmenden Gewerkschaften bei der Versammlung fest.
"Die von Bundeskanzler Nehammer angekündigten 4,5 Milliarden bis 2030 können nur ein Anfang sein. Es braucht ein Prozent des BIP, mindestens jedoch eine Milliarde Euro jährlich an Investitionen in die Elementarpädagogik, um die Versäumnisse der letzten Jahre aufzuholen. Das Bildungsministerium muss ein einheitliches Bundesrahmengesetz für ganz Österreich schaffen, Schluss mit den unterschiedlichen Bedingungen", wird etwa seitens der Gewerkschaft GPA gefordert.
Manfred Obermüller von der younion _ Die Daseinsgewerkschaft schlägt in die selbe Kerbe: "Der Bundeskanzler hat im Fernsehen – auch auf Druck aus der Wirtschaft - 4,5 Milliarden Euro für die Elementarpädagogik versprochen. Aber wo bleibt das Geld? Wo sind die konkreten Pläne? Die Bundesregierung hat Jahre lang geschlafen, jetzt muss es ruckzuck gehen!"
100.000 Kinder und Familien von Demo betroffen
Auch Yvonne Rychly von der Gewerkschaft vida nimmt die Bundesregierung in die Pflicht, bezüglich eines österreichweiten Rahmengesetzes endlich in die Gänge zu kommen. Für Korinna Schumann, Vizepräsidentin und Bundesfrauenvorsitzende des ÖGB, ist es zwar gut, dass diese für die Elementarpädagogik Geld in die Hand nehmen will. Bisher seien es aber nur Lippenbekenntnisse gewesen. Jetzt müsse auf Worte endlich Taten folgen. "Einen Marketingschmäh auf Kosten der Eltern und der Beschäftigten werden wir nicht akzeptieren", so Schumann.
Von der Betriebsversammlung und der darauffolgenden Protestmärsche sind am Dienstag rund 100.000 Kinder und deren Familien betroffen. Die Einrichtungen sind entweder geschlossen oder bieten nur reduzierten Betrieb. Auch der öffentliche Verkehr ist im Zeitraum der Großdemo stark eingeschränkt – welche Straßenbahnen und Busse betroffen sind, findest du unten.
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