Bräutigam-Abschiebung
Wiener Anwalt wirft Behörde vor, Unwahrheit zu sagen
Jener Bräutigam, der während seiner standesamtlichen Hochzeit von der Fremdenpolizei festgenommen wurde, ist bereits in die Türkei abgeschoben worden. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erklärt, dass der Mann sich absichtlich einer Festnahme entziehen wollte. Sein Anwalt jedoch kontert - die Behörde behaupte die Unwahrheit.
WIEN. Am Samstag noch in Vösendorf bei der eigenen standesamtlichen Hochzeit, am Dienstag bereits in der Türkei. So könnte man die Geschichte des jungen, kurdischstämmigen Türken Hamza U. zusammenfassen, welcher mit seiner deutschen Verlobten in Wien bis zuletzt wohnhaft war.
Eigentlich wollten die beiden heiraten. Doch kurz vor dem „Ja“-Wort und der dazugehörigen Unterschrift auf dem Heiratsdokument schritten Beamte ein und nahmen den 27-Jährigen quasi während der Zeremonie mit. Dies sei ein unverhältnismäßiger und vor allem unrechtmäßiger Zugriff, wie der Anwalt des Paares, Gregor Klammer, bereits interpretierte. Es gäbe einen ähnlichen Fall, in dem das Höchstgericht genau so einem Vorgehen, quasi kurz vor Änderung der privaten Verhältnisse, widersprach. MeinBezirk.at berichtete:
Noch am Dienstag überschlugen sich die Ereignisse. Der Bräutigam wurde mit einem Abendflieger in die Türkei abgeschoben, wie Klammer bestätigt. Beim zuständigen Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) rechtfertigt man die Vorgehensweise jedoch. Bereits im Vorfeld hieß es, dass der Entscheid zur Abschiebung rechtskräftig sei und es auch keine rechtlichen Bedenken gebe, dass U. genau während der Trauung festgenommen wurde.
Eingreifen bei Hochzeit geplant
Vielmehr hätte es keine andere Möglichkeit gegeben, dem Türken handhabe zu werden: "Herr U. ist, trotz der Durchführbarkeit der asylrechtlichen Entscheidung bzw. auch nach rechtskräftig negativem Abschluss des Asylverfahrens im Bundesgebiet verblieben, hat bereits dreizehn Festnahmeversuche durch Untertauchen vereitelt und ist seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen. An seiner behördlichen Meldeadresse konnte er nie angetroffen werden", erklärt die österreichische Behörde." Dem BFA war der Eheschließungstermin des Genannten bekannt und daher wurde als einzige Möglichkeit, die Vollziehung der Festnahme im Rahmen der Eheschließung im Jänner 2024 gewählt."
Dem ganzen Prozedere zuvor gegangen waren zahlreiche rechtliche Maßnahmen. So stellte der Bräutigam laut BFA bereits im März 2022 einen Asylantrag, welcher abgelehnt wurde. Man hatte dabei festgestellt, dass "im Falle der Rückkehr in sein Heimatland keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention droht", im März 2023 erhielt U. einen vollinhaltlich negativen Bescheid, so das BFA. Eine Beschwerde gegen den Bescheid wurde vom Bundesverwaltungsgericht in weiterer Folge abgelehnt, die Entscheidung zur Abschiebung wurde damit rechtskräftig.
Fest stehe auch, dass unrechtmäßig aufhältigen Personen "ihr unsicherer Aufenthalt in Österreich klar sein muss und auch, dass eine reine Eheschließung an dem unsicheren Aufenthaltsstatus mit all seinen Konsequenzen nichts ändert", erklärt das BFA.
"Behörde behauptet Unwahrheit"
Für den Rechtsvertreter von Hamza U., Anwalt Klammer, sind diese Aussagen nur sehr schwer nachvollziehbar: "Das BFA behauptet nun, dass man dreizehnmal versucht habe, Hamza festzunehmen. Ebenfalls wird behauptet, dass die Eheschließung nicht am Aufenthaltsstatus geändert hätte. Das stimmt nicht", erklärt er am Mittwochmorgen. Seinen Informationen nach hätte die Polizei etwa Mitte November 2023 versucht, U. anzutreffen. Sein Onkel habe daraufhin eine Mitteilung erhalten, dass sich U. melden solle.
"Hamza ging zur Polizeistation und holte sich ein Schriftstück zur Rückkehrberatung ab. Ein Mitarbeiter der Kanzlei Klammer telefonierte mit dem BFA und dieses sagte zu, das Ergebnis der Revision abzuwarten. Die Revision wurde am 3. Jänner 2024 negativ erledigt (Zustellung), zehn Tage vor der Eheschließung. Es erfolgte kein Kontakt mehr seitens des BFA", schildert Klammer.
Der Anwalt stößt sich auch daran, dass das BFA erklärt, dass eine Ehe mit der Deutschen wohl wenig geändert hätte: "Unwahr sind auch die rechtlichen Ausführungen: Spätestens seit dem EuGH Fall aus dem Jahr 2007 Sahin vs. BMI muss dem BFA klar sein, dass auch ein abgelehnter Asylwerber bei Heirat mit einer EWR Bürgerin ein sofortiges Aufenthaltsrecht hat."
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