"Im Stich gelassen"
Wiener nach Freitod seines Freundes verurteilt
Der 24-Jährige holte keine Hilfe. Wegen Imstichlassens eines Verletzten wurde er am Dienstag in Wien rechtskräftig zu 15 Monaten verurteilt.
WIEN. Weil er seinem 19-jährigen Mitbewohner im Sommer 2020 geholfen bzw. zugesehen haben soll, wie dieser seinem Leben ein Ende setzte, ist am Dienstag ein 24-jähriger Wiener vor Gericht gestanden. Er war wegen Mitwirkung an der Selbsttötung angeklagt. Der 24-Jährige hatte dem 19-Jährigen Heroin überlassen, nach dessen Konsum er starb.
Ein zweiter Freund war bereits im vergangenen Jahr im gleichen Fall wegen Mitwirkung am Selbstmord (Paragraf 78 StGB) rechtskräftig zu acht Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Dieser sagte am Dienstag auch als Zeuge aus.
Geänderte Rechtslage
Mittlerweile hat sich jedoch die Rechtslage geändert. Der Verfassungsgerichtshof hat auf Antrag mehrerer Betroffener jene Bestimmung aufgehoben, die die Hilfeleistung zum Selbstmord unter Strafe stellt. Der angeklagte 24-Jährige wurde deshalb am Dienstag wegen Imstichlassens eines Verletzten zu 15 Monaten rechtskräftig verurteilt.
Selbstmord mit Heroin
Der 19-jährige Verstorbene feierte am Tag vor seinem Tod mit seinen beiden Freunden einen Geburtstag. Bereits da soll er Selbstmordabsichten geäußert haben. Am nächsten Tag erklärte er erneut seine Absichten. "Und er wollte, dass wir dabei sind", sagte der Zeuge vor Gericht aus.
Der 19-Jährige habe sich gemeinsam mit dem nun Angeklagten Heroin besorgt. Vier Gramm für 100 Euro wurde bei einem Dealer am Handelskai gekauft, von dem der Verstorbene die Hälfte konsumierte. Die beiden Freunde hätten danach die Hände des 19-Jährigen, der sich in sein Bett gelegt hatte, gehalten, bis er schließlich verstarb.
Urteil rechtskräftig
Die Leiche wurde später von einem Betreuer der Einrichtung entdeckt. Laut Gerichtsmediziner hatte das Heroin zu einer Vergiftung mit zentralem Herz-Kreislaufversagen geführt. Neben des Imstichlassens eines Verletzten wurde der 24-Jährige auch wegen Diebstählen, Einbruchsdiebstählen und Entfremdung unbarer Zahlungsmittel verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig. (APA/red)
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